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Rassismus bei JD Sports: Es reicht nicht, dem Rassisten zu kündigen

"Ich bin für die Leute jetzt gebrandmarkt als ein Risikofaktor, weil ich für meine Grundrechte einstehe", sagt Landu João.
Landu Joao und der Whatsapp-Verlauf eines Mitarbeiters von JD Sports
Collage: imago images | ZUMA Press | Screenshot und Foto von Landu João: privat

Dieser Artikel ist Teil unserer Kolumne 'I said what I said'. Ein Mann ist auf der Suche nach einem Job. Über einen Freund erfährt er von einer offenen Stelle als Verkäufer in einer Filiale von JD Sports in Köln und sagt, er würde gerne zum Probearbeiten vorbeikommen. Doch als der stellvertretende Filialleiter von der Bewerbung erfährt, schreibt er dem Vermittler: "Keine Schwarzen". Dazu ein Hitler-Emoji. Der Bewerber, Landu João, ist afrikanischer Herkunft.

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Als Begründung soll der Filialleiter unter anderem angegeben haben, dass Schwarze nur klauen und Grüppchen bilden würden. Er wolle ohnehin alle Schwarzen raushaben. Das soll der Filialleiter dem Bekannten von João mitgeteilt haben, der ihm den Job vermitteln wollte.


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Landu João erzählt, dass er seit 25 Jahren in Deutschland lebt und ihm noch nie so etwas passiert sei. In einem Live-Video auf Instagram berichtete er am Sonntag davon, dass er anfangs nicht sicher war, wie er damit umgehen sollte. Landu ist tief getroffen, verletzt. In seinem Statement fließen Tränen. Er wagt einen mutigen, aber auch riskanten Schritt und postet den Screenshot und die rassistischen Sprachnachrichten, die er am Freitag erhielt, in der Nacht zum Sonntag auf seinem Facebook-Account.

Unter anderem teilt er seine Geschichte mit einer Facebook-Gruppe, die zum Schutz der Mitglieder hier nur in abgekürzter Form "DBASS" genannt wird, in der überwiegend Schwarze Mitglieder sind. In der Gruppe findet er nicht nur moralische Unterstützung und Rückhalt. Es melden sich auch einzelne Mitglieder, die berichten, im selben Unternehmen mit Rassismus konfrontiert gewesen zu sein. Die Schwarze Community ist in diesem Moment zusammengerückt. Für sie alle ist das, was João passiert ist, auch ihnen passiert. Sie teilen alle das gleiche Schicksal.

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Joãos Post ging viral, Politik und Medien schalteten sich ein. Gemeinsam mit der Antidiskriminierungsstelle des Vereins "Öffentlichkeit gegen Gewalt" will Landu João nun gerichtlich gegen den rassistischen Vorfall vorgehen. Er hat die Verantwortlichen angezeigt.

JD Sports hat den Vorfall mittlerweile über Facebook bestätigt, dem entsprechenden Mitarbeiter sei gekündigt worden. Dennoch bleibt bei Landu João die Angst, diffamiert zu werden. Zur ursprünglichen Diskriminierung kommen sogenannte Mikroaggressionen und lahme Erklärungsversuche. JD Sports sagt, stolz darauf zu sein, ein multikulturelles Unternehmen zu sein. Bei Landu João persönlich hat sich bisher niemand entschuldigt.

Es ist gut, dass JD Sports den Fehler eingestanden hat. Doch für den Store Manager ist das Ganze genauso gelaufen, wie es in so einem Fall sein sollte: Am Freitag will er einen Mann aufgrund seiner Hautfarbe nicht zum Probearbeiten vorbeikommen lassen. Am Montag hat er selbst keinen Job mehr und kann sich möglicherweise auf ein Gerichtsverfahren gefasst machen.

Doch für Landu João geht der Kampf jetzt in die zweite Runde: "Ich bin für die Leute jetzt gebrandmarkt als ein Risikofaktor, weil ich für meine Grundrechte einstehe, auch wenn es unbequem wird. Vorher habe ich den Job nicht bekommen, weil ich Schwarz bin. Jetzt bekomme ich den Job nicht, weil ich Schwarz und ein Risikofaktor bin", sagt er.

"Ich werde angefeindet, mittlerweile sogar von Weiß und Schwarz."

Warum braucht es einen tobenden virtuellen Mob, um rassistische Vorfälle ordentlich und rechtsgemäß aufzuklären? Warum muss man mit seinem Gesicht und Namen in der Öffentlichkeit um Unterstützung bitten, um zu seinem im Grundgesetz verankerten Recht zu kommen?

Der Hass im Netz, die neue Aufmerksamkeit und der Stress setzen João zu. Im Gespräch mit VICE erzählt er: "Ich werde angefeindet, mittlerweile sogar von Weiß und Schwarz." Von allen Seiten wird mir gesagt, ich solle mir einen Anwalt suchen. Meine Antwort: Findet mal einen Anwalt, der sich wegen Rassismus mit so einem riesen Unternehmen anlegen will." In einem weiteren Live-Stream auf Instagram berichtet er, dass er jetzt nicht mehr rausgehen will, weil ihn alle anstarren oder ansprechen. Er bleibt mit seiner Familie zu Hause.

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Aber für Landu João ist das der einzig richtige Weg. Und er will ihn bis zum Ende gehen. João berichtet, dass die Behörden ihn gewarnt hätten, dass sein Fall Wut, eventuell Ausschreitungen hervorrufen könnten. João selbst distanziert sich aber davon. Er besteht darauf, dass er Gewalt in dieser Sache absolut nicht richtig findet. Landu João vertraut auf den Rechtsstaat. Er erwartet allerdings eine Entschuldigung.

Landu João wird damit nicht nur für die Schwarze Community zu einem Helden. Er kämpft damit nicht nur für seine, sondern für die Gerechtigkeit aller, die von Diskriminierung am Arbeitsplatz betroffen sind. Und darum geht es ihm auch persönlich. Denn nicht jeder Fall ist so klar wie seiner. Nicht jeder Rassist ist so unvorsichtig und verschickt Hitler-Emojis. "Wie soll man sich da fühlen als Schwarzer Mensch in Deutschland, wenn so etwas keine echten Folgen hat?"

Joãos Fall ist kein Einzelfall, es ist "nur" ein Fall von vielen, der nun stellvertretend für viele andere in der Öffentlichkeit steht. Der Fall Landu João gegen JD Sports ist für jede Minderheit in Deutschland von Bedeutung. Diskriminierung, und das nicht nur am Arbeitsplatz, ist für viele Menschen ein Thema. Und unter Landu Joãos Post melden sich andere Betroffene zu Wort und erzählen ihre Geschichten.

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