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Bionische Eselsbeine und Widder auf Rädern – Die Welt der Tierprothesen

Wir haben uns bei mehreren Organisationen umgesehen, die körperlich eingeschränkten Tieren wieder ein glückliches Leben ermöglichen.

Foto: bereitgestellt von Bichos Raros

Wenn ein Haustier aus irgendeinem Grund körperlich eingeschränkt ist, dann versucht man natürlich, dessen Leben trotz der gegebenen Umstände so angenehm wie möglich zu machen. Im Worst-Case-Szenario bleibt einem aber manchmal trotzdem nur noch die Einschläferung. Aufgrund unseres technologischen Fortschritts sind wir inzwischen jedoch auch an einem Punkt angekommen, an dem der Tod von eingeschränkten Tieren nicht mehr zwangsläufig die einzige Option darstellt. Heutzutage helfen viele Menschen und Organisationen solchen Tieren nämlich anderweitig weiter. So haben die Mitarbeiter des spanischen Tierheims Bichos Raros zum Beispiel viele junge und alte Hunde mit Stützrädern ausgestattet, dank derer sie nach Herzenslust herumtollen oder noch einen schönen Lebensabend verbringen können. Die Krankengymnastik, die verschiedenen unterstützenden Gerätschaften und der Pool für die Hydrotherapie-Übungen machen Bichos Raros quasi zum Paradies eines jeden invaliden Hundes.

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Catia Faria, eine Philosophin und Doktorandin an der Universität Pompeu Fabra in Barcelona, hat auch schon eine Studie zur Unterstützung von bedürftigen Tieren durchgeführt. In dieser Arbeit mit dem Titel Animal Ethics Gone Wild: The Problem of Wild Animal Suffering and Human Intervention konzentriert sich Faria vor allem auf die Erklärung, warum wir eine moralische Verpflichtung haben, Tieren zu helfen, die in einer natürlichen Umgebung leben. Und sie schließt hier auch körperlich eingeschränkte Tiere mit ein. Ihr Hauptargument ist dabei, dass sich Natur und Technologie nicht gegenseitig ausschließen.

Ein Beispiel für diese These ist Freddy. Bei Freddy handelt es sich um eine Schildkröte, die bei einem Feuer schwere Verbrennungen erlitt und nun das erste Exemplar ihrer Spezies darstellt, das dank eines 3D-Druckers einen neuen Panzer bekommen hat. Tierärzte, Designer und Künstler sind zusammengekommen, um vier bemalte Biokunststoffteile zu erschaffen, die zusammen Freddys neue und täuschend echt aussehende Hülle ergeben.

Dani, der Esel | Foto: bereitgestellt von El Valle Encantado

Man muss allerdings auch anmerken, dass es bei Tierprothesen keine Universallösung gibt. Esperanza Álvarez ist eine Tierärztin und die Gründerin von El Valle Encantado—eins von zehn spanischen Tierheimen für ehemalige Nutztiere. Sie erklärt, dass ein 3D-Druck bei Dani, einem geretteten Esel, zum Beispiel keine Option darstellt: "Zum einen sind 3D-Drucker gar nicht groß genug und zum anderen ist das dabei verwendete Material nicht robust genug und reibt nur unangenehm an der Haut des Tieres."

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Außerdem benötigen Esel und zum Beispiel Hunde komplett unterschiedliche Prothesen. "Ein Esel schwitzt wie wir Menschen. Hunde schwitzen hingegen nicht und haben auch eine ganz andere Haut. Sie ziehen sich leichter Wunden zu und das Entzündungsrisiko ist bei ihnen höher." Die Pfleger von Valle Encantado haben bei Dani schon mehrere Ersatzbeine ausprobiert, die Ideallösung hat man dabei aber leider noch nicht gefunden.

Foto: bereitgestellt von El Valle Encantado

Es gibt noch nicht viele Unternehmen, die sich auf orthopädisches Material für Tiere spezialisiert haben. Die Nachfrage steigt jedoch stetig. So arbeitet der Tierrettungshof El Hogar ProVegan auch mit der US-amerikanischen Firma Animal Orthocare zusammen, die Prothesen für alle Tierarten herstellt und universell passendes Zubehör (zum Beispiel Knieschoner) für Hunde entwickelt. Dabei kommen meistens Thermoplaste zum Einsatz, weil man die Teile so am einfachsten formen kann. Individuelle Tierprothesen kosten dann um die 1250 Dollar—"außer die Anfrage kommt von einer gemeinnützige Organisation."

Felix, der Widder | Foto: bereitgestellt von El Hogar ProVegan

Bei Animal Orthocare ist man besonders stolz auf die neue Prothese für Felix, einen von El Hogar ProVegan geretteten Widder. Die Gründerin Elena Tova erklärt, dass man Felix jeden Morgen auf eine spezielle Vorrichtung hebt, die "seine Knie massiert und nach dem Aufwachen auf Touren bringt. Dabei sehen wir auch direkt, ob er sich irgendwo wundgelaufen hat, und können seine Prothesen anbringen. Dank dieser Prothesen kann Felix zusammen mit seiner Familie herumtollen." Der Widder kann sich also wirklich glücklich schätzen.

Dank der Technologie aus anderen Bereichen wie etwa der Luftfahrt, der Automobilindustrie oder der Medizin entwickelt sich das Feld der Tierorthopädie laut Animal Orthocare schnell weiter. Beim 3D-Druck ist zwar noch viel Luft nach oben, aber dafür wird die Osseointegration im Laufe der kommenden Jahre den körperlich eingeschränkten Tieren immens weiterhelfen.