Foto von Henry Langston
"Nach dem Fall der Sowjetunion expandierte die Demokratie in bisher unübertroffenem Maße", schreibt er im Vorwort des Buchs. "Heute ist die weltweite Demokratie seit 2006 Jahr für Jahr ein wenig zurückgegangen. In anderen Worten: Es hat im letzten Jahrzehnt keinen demokratischen Fortschritt gegeben."In seinem Buch argumentiert Klaas, der Westen diene demokratiefeindlichen und regressiven Mächten als williger Komplize. "Westliche Regierungen in London, Paris, Brüssel und vor allem in Washington haben beim globalen Rückgang der Demokratie aktive Beihilfe geleistet", sagt er.Während des Kalten Kriegs gehörten dazu Dinge wie der Sturz demokratisch gewählter Regierungen. Die CIA soll an der Ermordung des kongolesischen Unabhängigkeitspolitikers Patrice Lumumba und des demokratisch gewählten chilenischen Präsidenten Salvador Allende beteiligt gewesen sein. Heute arbeiten nicht nur die USA, sondern auch andere westliche Mächte mit menschenrechtsfeindlichen Regimes wie dem saudischen Königshaus oder autoritären Figuren wie dem ägyptischen Präsidenten Abd al-Fattah as-Sisi.Was können wir dagegen unternehmen? Wie kann der Westen Demokratie verbreiten, ohne Bomben fallen zu lassen? Ich habe Klaas angerufen und ihn gefragt.VICE: Hallo, Dr. Klaas. Das Kernthema Ihres Buchs ist, dass die Demokratie global zurückgeht. Warum ist das Ihrer Meinung nach so?
Dr. Brian Klaas: Es gibt ein paar Dinge, die man als Ursache dafür sehen kann. Die Kriege im Irak und Afghanistan wurden fälschlich als Bemühungen zur Demokratisierung dieser Länder präsentiert. Letzten Endes dienen sie jetzt autoritären Regimen als Schutzschild: Sie können behaupten, jegliche Bemühung des Westens, die Demokratie zu fördern, ziele in Wahrheit auf einen Regierungswechsel ab.
Anzeige
Sie sagen, der Westen unterstütze oft Diktaturen, um seine eigenen Interessen zu verfolgen. Können Sie mir ein paar Beispiele dafür nennen?Ich unterhalte mich oft mit Leuten in Thailand, und sie sagen: "Wenn Donald Trump Demokratie ist, dann wollen wir keine Demokratie."
Es gibt zwei, die ich im Buch hervorhebe. Einmal gibt es den Saudi-Arabien-Effekt: Westliche Regierungen sehen sich schwierigen Entscheidungen gegenüber, wenn sie gleichzeitig wirtschaftliche und sicherheitspolitische Interessen sowie Demokratie verfolgen.Das Ergebnis ist, dass sie mit Regimes wie dem saudi-arabischen gut Freund werden, aber keines der genannten Ziele erreichen. Die saudi-arabische Regierung ist brutal und gnadenlos und wird eines Tages fallen. Die Frage ist: Wollen wir die Macht sein, die diesen Moment hinausgezögert hat? Wir haben ja im Iran gesehen, wohin das führt. Viele Iraner geben den USA heute noch die Schuld daran, dass in den 1950ern ein demokratisch gewählter Anführer gestürzt wurde. Je mehr der Westen sich mit Despoten abgibt, desto mehr muss er auf lange Sicht dafür büßen.
Anzeige
Manchmal müssen Regierungen schwere Entscheidungen treffen, und ich halte die Situation, welche die USA nach 9/11 mit Pakistan hatten, für ein gutes Beispiel. Als Pervez Musharraf 1999 durch einen Putsch an die Macht kam, waren die USA kritisch. Doch sobald wir Pakistan brauchten, um die Terroristen des 11. September zu jagen, zwang die öffentliche Meinung Politiker dazu, die Frage nach der Demokratie in Pakistan zu ignorieren, um das zu tun, was alle verlangten: Die Verantwortlichen zur Strecke bringen. Das Paradoxe an der Demokratie ist, dass die Wähler im Westen manchmal für die Verfolgung von Zielen sind, die der Demokratie in anderen Ländern entgegenwirken.Sie sagen, die westliche Demokratie sei ein Modell, das es anzustreben gilt, doch viele sind der Meinung, dass Globalisierung, Privatisierung und die aufweichende Trennung zwischen Firmen und Staaten zu einem Zustand geführt hat, den man als "postdemokratisch" bezeichnen könnte. Warum ist das erstrebenswert?
Ich bin der erste, der einräumt, dass der Westen in seiner Handhabung der Demokratie extrem problematisch ist. Die Frage ist aber, welche anderen Modelle wir haben. Westliche Demokratien befinden sich zwar in der Krise und es wäre falsch, sie in jeder Hinsicht zu imitieren, aber es gibt viele Wege, wie wir die westliche Demokratie wieder stärken können—zum Beispiel, indem wir uns der Ungleichheit annehmen und richtige Lösungen für alle von der Globalisierung Zurückgelassenen finden, anstatt polarisierende Phrasen abzuspulen.Wenn man sich Trumps Aufstieg in den USA, den Brexit der Briten und den autoritären Populismus anderswo ansieht, wird es da nicht zunehmend schwierig für den Westen, seine liberale Demokratie als legitimes Ziel zu präsentieren?
Ich denke, dass das Beispiel, mit dem der Westen zur Zeit vorangeht, Staatsoberhäupter in aller Welt dazu inspiriert, despotischer zu werden. Ich unterhalte mich oft mit Leuten in Thailand, und sie sagen: "Wenn Donald Trump Demokratie ist, dann wollen wir keine Demokratie." Je mehr unsere Demokratien zu kämpfen haben, desto attraktiver sehen Konkurrenzmodelle wie das chinesische oder russische aus, und desto mehr haben Despoten einen Schutzschild. Man kann schlecht Anderen Vorträge halten, ohne erst einmal vor der eigenen Tür zu kehren.Wenn die Leute Donald Trump als Beweis dafür hernehmen, dass Demokratie schlecht sei, muss man aber auch fragen: Hättest du lieber, dass ein Präsident Trump durch demokratische Wahlen an die Macht kommt, oder dass er das mit einem Putsch erreicht? Die Antwort lautet "durch Wahlen", weil es hier wenigstens eine Chance gibt, sich zu wehren. Wenn die USA den riesigen Fehler begehen sollten, Donald Trump zu wählen, dann gibt es Methoden, wie man ihn bei vielen innenpolitischen Entscheidungen mithilfe des demokratischen Prozesses blockieren kann. Er kann auch gefeuert werden. In nicht-demokratischen Systemen gibt es weder das eine noch das andere.Danke, Dr. Klaas.The Despot's Accomplice: How the West is Aiding and Abetting the Decline of Democracy ist jetzt auf Englisch im Buchhandel erhältlich.