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Popkultur

Handelt es sich bei diesem Klinikmitarbeiter wirklich um „OxyWhite“?

Ein 29-jähriger Bonner soll verschreibungspflichtige Medikamente im Internet verkauft haben. Seine Festnahme wirft Fragen auf.
Foto: imago | Science Photo Library

Wer bisher glaubte, dass es beim Substanzenhandel im Darknet vor allem darum geht, illegale Drogen unters Volk zu bringen, der irrt. Auch ganz legale Medikamente, die in Deutschland mit Rezept in jeder Apotheke zu erwerben sind, erfreuen sich großer Beliebtheit. Einer von denen, die es in diesem Berufsfeld zu recht großer Bekanntheit gebracht haben, ist OxyWhite. Seit Jahren vertreibt der Deutsche in Dark- und Clearweb verschreibungspflichtige Medikamente—darunter auch morphinhaltige Schmerzmittel und Antidepressiva. Damit könnte es jetzt allerdings vorbei sein.

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Wie unter anderem Der Westen berichtet, soll es sich bei dem selbsternannten „Lifestyle-Apotheker" um einen Mitarbeiter der Bonner Uni-Klinik handeln. Bei einer großangelegten Razzia wurden Räumlichkeiten der Klinik sowie die Wohnung des 29-Jährigen durchsucht—wobei in den Privaträumen 2,65 Kilogramm Amphetamine sowie Vertriebsutensilien beschlagnahmt wurden. Eine Paketstation direkt an der Uni-Klinik soll beim illegalen Nebenerwerb des Klinikmitarbeiters eine erhebliche Rolle gespielt haben. Der Verdächtige wurde noch am Wochenende festgenommen.

Im April dieses Jahres sprach der Medikamenten-Dealer noch mit unseren Kollegen von Motherboard über seinen lukrativen Nebenerwerb und betonte: „Ich bin weder ein Arzt, noch habe ich Pharmazie studiert. Ich verkaufe nur." Außerdem sagte OxyWhite im Interview, nicht mehr mit MDMA oder Amphetamin zu handeln—da in diesem Bereich der Konkurrenzkampf „zu groß" sei. Umso verwunderlicher erscheint daher, welche Amphetamin-Mengen in der Wohnung des mutmaßlichen Dealers sichergestellt wurden.

Ebenfalls interessant ist, dass OxyWhite betonte, selbst „keinen direkten Kontakt mit der Ware" zu haben. „Alle Bestellungen werden von meinen Mitarbeitern aus einem anderen Bundesland versendet", erklärte er im April weiter. „Sollte mal Kommissar Zufall zuschlagen und einer der Versender verhaftet werden, so könnte mir niemand etwas anhaben, da niemand mich persönlich kennt." Die von ihm vertriebenen Arzneimittel würden „deutschlandweit aus diversen Krankenhäusern, Arztpraxen und Apotheken entwendet" werden. Ob es sich bei dem festgenommen Klinikmitarbeiter also tatsächlich um den Medikamenten-Dealer selbst, oder nur einen seiner Mittelsmänner handelt, bleibt abzuwarten.

Motherboard: Die graueste Zone des Darknets—Medikamentenhandel in der „Lifestyle-Apotheke".

Ebenfalls unklar ist, ob der mutmaßliche Medikamenten-Dealer auch an illegalen Waffendeals beteiligt war. Die bisherigen Ermittlungen konnten allerdings keinen Zusammenhang zwischen dem Klinikmitarbeiter und terroristischen Aktivitäten feststellen. Der Verdacht kam auf, nachdem bei einem Mann, der nach den Anschlägen in Paris festgenommen wurde, weil er vier Sturmgewehre in die französische Hauptstadt geschickt haben soll, eine weitere geplante Lieferung sichergestellt werden konnte. Eine halbautomatische Waffe sollte an eine Packstation in Bonn geliefert werden, das Pseudonym des Kunden lautete ebenfalls „OxyWhite".


Titelbild: imago | Science Photo Library