FYI.

This story is over 5 years old.

Vice Blog

Die Lunte brennt

Diesen Samstag könnt ihr euch eine Klatsche von Mani Matters Bärenpranke abholen.

Foto: Andreas Feuerstein

Zugegeben. Als kleiner Junge stand ich immer ein bisschen bescheuert daneben, wenn meine Mitschüler irgendetwas von "Zundhölzi", einem "Sidi Abdel Assar vo el hama" oder einem "Ferdinand" trällerten. Ich hatte keine Ahnung was das sollte und wollte es auch gar nicht wissen, denn ich war jedes Mal kurz davor mich zu übergeben. Schweizer Musik und Schweizer Texte fand ich einfach nur scheisse. Daher orientierte ich mich lieber an der Musik aus den ach so viel cooleren Charts und tat meine Mitschüler als unwissende Bauern ab. David Bowie auf dem Walkman. Bis der Duracell Hase nicht mehr klatschte. Dann wurde ich älter, sagen wir um fünfzehn Jahre und die Leute um mich herum sangen immer noch von "Hemmige", "Zundhölzli" und "em Eskimo". Es machte mich ziemlich perplex, dass man mir immer noch mit Schweizer Mundart auf den Sack ging. Und wie man anfängt, irgendwann Fisch und Oliven zu essen, sah ich mich also gezwungen diesem Mani Matter mal ein wenig auf die Finger zu schauen. Der hat vielleicht wirklich mehr zu sagen, als diese Haddaways, Piff Paff Puffys und Bon Jovis, vermutete ich. Also zog ich mich in die hinterste und einsamste Ecke zurück und hörte mir die Musik, vor allem aber die Texte an. Eine Welt brach auf. Mani Matters Geschichten berührten mich sofort und waren eine Klatsche mit der Berner Bärenpranke. Bamm! Mitten aus dem Leben- direkt ins Gesicht. Nie hatte ich ehrlichere und intelligentere Musik aus dem Munde eines Schweizers gehört. Was wäre die Schweizer Musiklandschaft bloss ohne ihn geworden, denk ich mir heute. Eine postapokalyptische Kultur-Wüste, eine von Langeweile und Normativität verstrahlte und ausgetrocknete Musiködnis, in der wir Hundefutter aus Dosen und lauwarme Plüschmusik futtern, umgeben von einer nach "ewiger Liäbi" lechzenden Wohlstandsgesellschaft. Matter jedoch gab und gibt uns Orientierung in einer immer verklebteren Schweiz.

Anzeige

Foto: Jan Zuppinger

Heute ist Mani Matter eine Schweizer Legende, ein Mythos, ein Mann, der uns schon seit Jahrzehnten ganz ohne erhobenen Zeigefinger und auf seine eigene lakonische Art und Weise ins Gewissen redet. Ein singender Spiegel, ein charmanter Mahner. Einer, den es heute so leider nicht mehr gibt. Ein Kompass, den die verängstigte und mittlerweile komplett eingeschüchterte Schweiz gerade heute wieder sehr gut gebrauchen könnte. Weltverbesserer können manchmal ganz schön nerven. Mani Matter jedoch nervte nie.

Endo Anaconda. Foto: Michael Schär

Das Landesmuseum in Zürich hat dem beliebten Chansonnier eine ganze Ausstellung gewidmet. Diese sehr erfolgreiche Hommage geht nun zu Ende. Ein Grund also diese beim Publikum äusserst beliebte Ausstellung und ihren Protagonisten noch einmal gebührend abzufeiern. "Landesmusik" heisst die Feier und Schweizer Musikgrössen wie Endo Anaconda & Schifer Schafer, Kellerkind und Kutti MC werden das Landesmuseum in eine Berner Insel mitten in Zürich verwandeln. Letzterer, Kutti MC, hat sich Mani Matter noch einmal auf eine ganz spezielle Art gewidmet. Er hat ihn neu interpretiert. Mit seinem Gitarristen Luk Zimmermann wird Kutti MC die matterschen Figuren, Texte und Lieder ins Hier und Jetzt versetzen und neu aufleben lassen.

Aber hört und seht selbst. Geht vorbei. Am 7. September geht die Party anlässlich der Langen Nacht der Museen im und ums Landesmuseum über die Bühne. Drinnen spielen Kutti MC und Kellerkind. Endo Anaconda & Schifer Schafer huldigen Mani Matter unter freiem Himmel. Der Eintritt an die Party ist gratis, fürs Konzert braucht ihr ein Museumsticket, was ja wohl eh mal wieder an der Zeit wäre. Umrahmt werden diese Schweizer Musikgrössen von den DJ's Rollo Tomasi, Pablo Einzig und Go Ape. Also, "ke Hemmige" bitte und ab zum Landesmuseum.

Was dich auch noch interessieren könnte:

Knall ist ein Unikat

Vielleicht sollten wir einfach mal wieder die Fresse halten und tanzen.