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Cop Watch

Wegen systematischen Mobbings: Köln löst ein SEK komplett auf

Tabasco-Eis aus dem Schritt der Kollegen essen, Gasmaskentrinken. Die bizarren Bräuche der Kölner Elite-Polizisten sorgen für immer mehr Probleme.

Foto: imago/Stefan Zeitz

Der Kölner Polizeipräsident hat seine Entscheidung verkündet, ein Spezialeinsatzkommando (das SEK 3) der Stadt komplett aufzulösen—weil Mitglieder der Einheit jüngere Kollegen gequält haben sollen.

Die Vorwürfe, die die beiden Mobbing-Opfer gegen ganze zehn Beamte erhoben haben, lesen sich wie die Aufnahmerituale einer besonders dämlichen Fraternity von irgendeiner amerikanischen Provinz-Uni. In einem (sehr lesenswerten) Bericht, den das Innenministerium von Nordrhein-Westfalen verfasst hat, heißt es unter anderem:

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Die Zeugen sollten jeweils auf dem Boden vor einem sitzenden Kommandomitglied kniend ein aus einer Tsatsiki-Knoblauch-Chili-Mischung hergestelltes Eis essen, welche ekelerregend schmeckte und das sich zwischen den Oberschenkeln eines der Kommandomitglieder befand (wobei nicht geklärt werden konnte, ob das Eis im Bereich der Knie gehalten [so der zweite Zeuge] oder des Schritts geklemmt [so der Betroffene] war. Der zweite Zeuge übergab sich bei dem Versuch, Eis zu essen.

Und weiter:

Den Zeugen wurde nacheinander eine das gesamte Gesicht bedeckende Tauchermaske übergezogen und durch einen Luftschlauch Alkohol eingefüllt, im Fall des zweiten Zeugen ca. ein halber Liter Bier, im Fall des Betroffenen ein Bier-Schnaps-Gemisch. Der zweite Zeuge trank das Bier. Der Betroffene hob die Maske an, woraufhin eine der anwesenden Personen zunächst die Maske zurückdrückte, dann nahm der Betroffene sie kurzfristig wieder ab, ohne größere Mengen des Bier-Schnaps-Gemischs getrunken zu haben.

Das ganze spielte sich während einer Art „Betriebsausflug" in Südtirol im Mai 2014 ab. Das Ziel dieser (und vieler anderer) urkomischer Übungen (Bommerlunder spielt eine Rolle) war die inoffizielle Aufnahme der beiden Junior-Mitglieder in das Kommando. Wenn sie diese polizeilich wohl eher irrelevanten „Prüfungen" nicht mitgemacht hätten, hätten die älteren Mitglieder des SEK ihnen im Einsatz nicht vertraut, folgert der Bericht.

Weil beide Beamten das Spiel deshalb zumindest theoretisch freiwillig mitmachten, werden die Vorfälle auch kein rechtliches Nachspiel haben. Interessantes Detail aus dem Bericht: „Während der zweite Zeuge die Teilnahme an der Veranstaltung … als den Höhepunkt seiner Karriere und ehrenhaftesten Moment bezeichnete, empfand der Betroffene die Veranstaltung als Schikane und ,menschenverachtend'." Das heißt wohl, dass nur einer der beiden die Vorwürfe erhoben hat.

Dem Polizeipräsidenten war die ganze Sache dann wohl trotzdem zu dämlich, weshalb er das SEK 3 jetzt aufgelöst hat, um „frühestmöglich die Weichen für einen Neuaufbau zu stellen und das SEK in vollem Umfang wieder handlungsfähig zu machen", wie Spiegel Online berichtet. Die Konsequenz: Vier der Beschuldigten wurden aus dem SEK geworfen und sind jetzt bei der normalen Polizei in Köln. Fünf weitere dürfen SEK-Mitglieder bleiben—allerdings nicht in Köln. Die Tsatsiki-Knoblauch-Mischung hat am Ende also bei allen Beteiligten einen schlechten Geschmack hinterlassen.