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Diese Bürgerbewegung in Klosterneuburg will den Anschluss an Wien

„Lieber Nobelbezirk von Wien als Vorort von Tulln."
Foto: Cha già José | flickr | CC BY-SA 2.0

Derzeit sorgt ein Zugehörigkeitsstreit in der niederösterreichischen Stadtgemeinde Klosterneuburg für großen Wirbel und Slogans wie: „Lieber Nobelbezirk von Wien als Vorort von Tulln". Hintergrund ist eine in der Bevölkerung umstrittene Verwaltungsreform.

Begonnen hat im Grunde alles schon während des Nationalsozialismus. Denn 1938 waren mehrere selbstständige Gemeinden mit der Stadt Wien zu „Groß-Wien" zusammengeschlossen worden. Aufgrund eines Beschlusses von 1946 wurde Wien jedoch Mitte der 50er-Jahre auf seine heutige Größe re-dimensioniert. Dadurch wurden 80 angeschlossenen Gemeinden wieder selbstständig und die meisten davon zum niederösterreichischen Bezirk „Wien-Umgebung" vereinigt.

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Im September 2015 wurde jedoch von Landeshauptmann Erwin Pröll angekündigt, dass der Bezirk Wien-Umgebung mit 1. Jänner 2017 aufgelöst und seine 21 Gemeinden an die angrenzenden niederösterreichischen Bezirke aufgeteilt werden sollen. Das sorgte für Kritik—vor allem aus Klosterneuburg, das an den Bezirk Tulln angeschlossen werden soll.

ÖVP-Bürgermeister Stefan Schmuckenschlager zeigte sich darüber „not amused", wie die NÖN berichteten: „Damit ist Klosterneuburg die einzige Stadt Niederösterreichs, die als größter Teil eines Bezirkes nicht Bezirkshauptstadt ist, geschweige denn der Bezirk nach ihr benannt ist."

Um die „hohe Identifikation" der Bewohner mit der Stadtgemeinde widerzuspiegeln, forderte der Bürgermeister zumindest ein eigenes Kfz-Kennzeichen für Klosterneuburg und startete eine Unterschriftenkampagne. „Klosterneuburg wäre die einzige größere Stadt Österreichs ohne eigene Bezeichnung und das ist nachteilig für den Aufbau eines Stadtmarketings", betont Schmuckenschlager gegenüber VICE.

Mit immerhin 5.043 Unterstützern (bei knapp 27.000 Einwohnern) und eigenen Nummerntaferl-Pickerln, fühlte sich der Bürgermeister siegessicher: „Noch nie wurden in Klosterneuburg mehr Unterschriften gesammelt", heißt es auf der Homepage der VP-Klosterneuburg.

Screenshot via ÖVP-Klosterneuburg

Doch jetzt sorgt eine neue Kampagne mit dem Slogan „Lieber Nobelbezirk von Wien als Vorort von Tulln" für Konkurrenz. Und weil schon die Pickerl vom Rivalen so gut angekommen sind, hat auch diese Initiative ihre eigenen Kfz-Aufkleber. Die Kampagne fordert jedoch kein eigenes Kennzeichen, sondern den Anschluss an Wien: „Klosterneuburg soll 24. Bezirk werden", erklärt einer der Initiatoren der Kampagne, der namentlich nicht in den Medien genannt werden will, gegenüber VICE. Bisher wird diese Forderung allerdings nur von einem der 41 Gemeinderäte unterstützt.

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Auf Bürgermeister Schmuckenschlager ist man bei der „Bürgerbewegung" nicht sonderlich gut zu sprechen. „Der Bürgermeister macht einseitig Werbung für ein eigenes Kennzeichen", heißt es. „Davon haben die Bürger nichts, das hätte keine Vorteile." Wenn Klosterneuburg aber „Nobelbezirk von Wien" werden würde, „wie es ja schon bis 1954 war", hätte das viele Vorteile für die Klosterneuburger. Etwa die Anbindung an das Öffinetz samt Jahreskarte, der Zugang zu Wiens Spitälern, aber auch zum geförderten Wohnungsmarkt.

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„Es ist verrückt", sagt der Initiator. „Es gibt knapp 40 Gemeinderäte in Klosterneuburg und nur ein einziger macht Werbung für die Wien-Sache. Und wissen Sie warum? Denn wenn Klosterneuburg zu Wien käme, würden 14 Gemeinderäte ihren Job verlieren." Problematisch ist laut der Initiative auch, dass für die Eingliederung als Wiener Gemeindebezirk „Verfassungsgesetze geändert werden müssen und dafür quasi der Pröll und der Häupl einen Deal machen" müssten.

Bürgermeister Schmuckenschlager ist von der Idee, Klosterneuburg zum 24. Gemeindebezirk Wiens zu machen, alles andere als begeistert: „Das ist eine absolute Schnapsidee und ungemein naiv. Wir würden unser Vermögen verlieren und wären nicht mehr Herr im eigenen Haus. Jeder, der unbedingt Wiener sein will, kann ja gleich nach Wien übersiedeln."

Dass Wien also bald einen 24. Gemeindebezirk werden könnte, scheint unwahrscheinlich. Vielleicht muss sich Döbling aber bald mit einigen niederösterreichischen Emigranten beschäftigen.

Paul auf Twitter: @gewitterland


Titelfoto: Cha già José | flickr | CC BY-SA 2.0