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Ich habe einen Privatdetektiv bei der Arbeit begleitet und viel über Langeweile gelernt

Du denkst bestimmt, dass es total cool ist, als Privatdetektiv zu arbeiten—ist es auch, abgesehen von der Sache mit der Pissflasche.

Dave hat einen Großteil des Abends damit verbracht, eine Videokamera auf eine Wohnung zu halten. Fotos vom Autor.

Raymond Chandler, Sir Arthur Conan Doyle und vielen Reality-TV-Sendungen zufolge, ist es ziemlich cool, ein Privatdetektiv zu sein. Dieser Meinung war ich auch, bis ich einen Typen, den ich der Einfachheit halber Dave nennen werde, bei einer Observation begleitete.

Dave ist ein PI [Private Investigator] in Melbourne, Australien, der für die Firma Lyonswood Investigations arbeitet. Ich habe ihn getroffen, als er gerade den dritten Tag in Folge eine Wohnung im Stadtteil St. Kilda beschattete. In 14-Stunden Schichten beobachtete er sie von seinem Kleinwagen aus und ich merkte schnell, dass viele Detektivgeschichten genau das sind: Geschichten. Ich saß also zusammen mit Dave ein paar Stunden im Auto, während er mir erklärte, was er hier so macht, welche Musik er gerne hört und was er tut, wenn er mal muss.

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Jedes Mal, wenn jemand an der Eingangstür auftauchte, sind wir ausgestiegen.

VICE: Hi Dave, was machen wir hier?
Dave: Wir warten darauf, jemandem seine Gerichtsvorladung zu überreichen. Normalerweise klopft man einfach an die Tür und drückt sie der Person in die Hand. Dieser Fall hier ist aber etwas schwierig, weil der Typ schwer zu erreichen ist. Wenn wir den Kerl also sehen, dann folgen wir ihm und drücken ihm den Brief in die Hand. Das ist aber schon ein recht einzigartiger Fall.

Was ist daran einzigartig? Wie sieht deine Arbeit normalerweise aus?
Alles Mögliche. Es gibt Jobs bei Unternehmen, bei denen du zum Beispiel für eine größere Firma arbeitest, die will, dass du einen bestimmten Teil ihres Geschäfts unter die Lupe nimmst. Dann gibt es noch so genannte WorkCover Aufträge. Dabei wollen Versicherungsunternehmen wissen, ob die Person, die die Zahlungen erhält, auch tatsächlich verletzt oder krank ist. Und es gibt private Aufträge, bei denen entweder der Mann oder die Frau denken, dass der Partner ihn oder sie betrügt.

Und noch mehr filmen. Privatdetektive scheinen die DSLR Phase verpennt zu haben.

Was machst du am liebsten?
Die Privataufträge. Dafür macht man dann so Sachen, wie in ein Restaurant zu gehen, um eine Unterhaltung aufzunehmen, während du selber am Nebentisch sitzt und isst. Es ist ziemlich aufregend. Bei den meisten WorkCover Geschichten und Jobs für Unternehmen sitzt du einfach nur stundenlang im Auto und gehst dann irgendwann nach Hause. Es kann ziemlich anstrengend sein, stundenlang im Auto zu sitzen.

Ja, das merke ich gerade. Was machst du, wenn du aufs Klo musst?
Nun, dafür hast du eine Pissflasche. Ich benutze eine Orangensaftflasche dafür. Dann gibt es natürlich auch noch große Geschäfte und früher hatte ich so eine kleine Toilettenvorrichtung dafür. Wenn ich aber jetzt muss, dann gehe ich einfach. Man hofft dann natürlich, dass in der Zeit nichts passiert. Ich habe aber schon von Leuten gehört, die mit einem Toilettengang einen ganzen Job versaut haben.

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Welche Musik hörst du am liebsten, wenn du jemanden verfolgst?
Früher habe ich immer gerne Neil Diamond gehört. Eigentlich alles, was ein bisschen entspannt ist. Wenn du aber jemandem folgst, dann ändert sich dein Zustand schlagartig von sehr entspannt zu sehr gestresst. Du denkst dir nur, Scheiße, den darf ich jetzt nicht verlieren! Es kann sein, dass du 12 Stunden auf jemanden gewartet hast und ihn dann in fünf Minuten verlierst. Mittlerweile mache ich das Radio einfach komplett aus, weil ich mich konzentrieren muss.

Dave

Was ist mit Kleidung? Ziehst du dich in einer bestimmten Art und Weise an?
Generell tendiere ich zu dunkleren Farben. Man braucht auch etwas, das man überall tragen kann. Wenn ich mehrere Verfolgungen mache, dann setze ich zwischendurch mal meine Baseballkappe auf oder wechsle mein Hemd, damit mich niemand erkennt.

Wie planst du eine Überwachung im Vorfeld?
Ich mache mich immer mit der Gegend vertraut, bevor ich losgehe. Abgelegene Landstraßen sind schwierig, weil dort niemand unterwegs ist und du viel mehr auffällst. Wenn ich mich auf gerader Strecke befinde, dann lasse ich mich so weit wie möglich zurückfallen. Manche Menschen schauen, ob sie beobachtet werden. Wenn man richtig vorsichtig ist, dann bekommt man auch die zwielichtigen Geschäfte mit. Die Leute, die nach irgendwelchen Verfolgern Ausschau halten, sind vielleicht die ersten Kilometer oder in der Nähe ihres Zuhauses vorsichtig, aber sobald sie dann einmal fahren, sind sie viel entspannter.

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Was macht deiner Meinung nach einen guten Privatdetektiv aus?
Man muss viel Geduld mitbringen und über Integrität verfügen. Man muss verlässlich und ehrlich sein. Deine Kunden schenken dir eine Menge Vertrauen. Manchmal erzählen sie dir Sachen, die sie noch nicht mal ihren engsten Freunden anvertrauen würden. Dieser Job bringt mehr Verantwortung mit sich, als man auf den ersten Blick sieht.

Am Ende kam niemand aus Wohnung und ich ging nach Hause. Dave arbeitet noch immer an dem Fall, so weit ich weiß.