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Wie ein Viehbauer zu einem der größten Drogendealer Brandenburgs wurde

Still und heimlich. Keine Goldketten, kein 500er SL. Von hinten sticht die Biene.

Foto: Imago | Blickwinkel

Von wegen „die dümmsten Bauern haben die dicksten Kartoffeln". Die abgedroschene Binsenweisheit zieht nicht, wenn es sich bei den Kartoffeln um Marihuana handelt—72 Kilogramm davon, um genau zu sein. Und 15,5 Kilogramm Haschisch und 10 Kilogramm Amphetamin und 7 Kilogramm Kokain und 5,7 Kilogramm Ecstasytabletten. Ein solches Riesenlager erfolgreich aufzubauen, erfordert nicht nur kriminelle Energie, sondern auch ein gewissen Maß an Intelligenz und Disziplin, denn nichts ist dümmer, als einer der größten Versuchung zu verfallen, die sich mit Erfolg einschleicht: Prahlerei, dick auftragen, Stil.

Viehbauern sind nicht gerade berüchtigt für Stil, so auch nicht Viehbauer Rien V. aus Bad Belzig. Er hat sich nämlich genauso ein Drogenlager aufgebaut. Still und heimlich. Damit ähnelt er einem Charakter aus dem Film Confidence, auch ein Drogendealer, gespielt von Dustin Hoffman. In einem wunderbaren Monolog erklärt Hoffman seinem Gegenüber Namens Jack, warum Stil für ihn ganz unten auf der Liste steht. Er hat mal einen Typen Namens China-Town-Schmidt abgezogen und sich von der Kohle einen weißen Anzug gekauft. „Oh, ich sah toll aus. Ich ging runter auf die Straße und alle haben sich nach mir umgesehen, Männer wie Frauen." China-Town-Schmidt und seine Jungs kamen Hoffman leider auf die Schliche: „Ich war der Erste, den sie gesehen haben, ich war der Erste, auf den sie gezielt haben, mich haben sie als Ersten getroffen. Was habe ich an diesem Tag gelernt? Manchmal Jack, manchmal kann Stil tödlich sein."

Nicht für Großbauer Rien. 2003 zog der Niederländer ins deutsche Bad Belzig und gründete seinen Landwirtschaftsbetrieb. Begonnen hat er mit 160 Kühen, 2011 waren es schon 400 Tiere—heute ist die Zucht- und Milchviehanlage 1000 Kühe groß. Eine Biogasanlage wurde ebenfalls angebaut, immer mehr und mehr butterte Rien in den Ausbau seines Unternehmens, niemand schien sich zu fragen, woher das Geld für die Investitionen kam. Welchen Drogenfahnder interessieren schon Milchviehanlagen?

Was Rien das Genick brach, war das andere Extrem, das oft bei Erfolg eintritt: Geiz. Die Fahnder kamen überhaupt nur auf seine Spur, weil sie den Verdacht hatten, dass er seine Landmaschinen mit billigem Heizöl statt mit Diesel betanke. Dabei hatte er allein schon Drogen im Wert von 1,5 Millionen bei sich im Keller gebunkert. Er wurde zudem verdächtigt, unverzollte Zigaretten zu verkaufen. Auch dieser Verdacht bestätigte sich. Die Beamten fanden 37.000 Stück davon. Ach ja, und 30 Kilogramm illegale Böller, warum auch nicht? Warum nicht auch noch mit Böllern handeln bei 1,5 Millionen auf Tasche? „Es ist einer der größten Zufallsfunde der letzten Jahre in Brandenburg", teilte eine Sprecherin des Zollfahndungsamts dem Tagesspiegel mit. Der Tagesspiegel hat auch aufgerechnet, dass das Drogenarsenal des Viehbauers aus Bad Belzig die Summe aller Einzelfunde übersteige, die Zoll und Polizei im kompletten Jahr 2014 gemacht haben. Außerdem wurden auch noch ein Luftdruckgewehr und eine Gaspistole ohne Prüfsiegel gefunden, aber das ist bestenfalls nur eine Randnotiz.