
Es wird knallhart unterdrücktWer einmal in Teheran war, der wundert sich, dass das hier die Hauptstadt des theokratischen Unterdrückungsregimes im Nahen Osten sein soll.Hier stehen Hochhäuser, Coffeeshops, Restaurants, Geschäfte und alles, was eine moderne Großstadt eben so braucht. Obwohl die Frauen verschleiert sind (Kopfbedeckung ist hier Pflicht), tragen sie moderne und figurbetonte Kleidung. Oft ist das Kopftuch auch nur am Pferdeschwanz angebracht, fast schon symbolisch.Aber der Schein trügt. Sechs Monate vor den nächsten Präsidentenwahlen wollen die Machthaber kein Risiko eingehen. Reformsympathisanten werden im Vorfeld radikal unterdrückt. Die Angst wird als Waffe gegen das Volk eingesetzt.Hesam wurde mehrmals von der Regierung bedroht. Seinen besten Freund haben sie geschnappt und ins Gefängnis geworfen, wo er auch heute noch sitzt. Einen Monat lang ist Hesam untergetaucht und lebte in Angst und Schrecken, ohne Kontakt zu seiner Familie. Um der Verhaftung zu entkommen, entschied er sich, aus seinem Heimatland zu fliehen. Viele erlitten auf der Reise Traumata, mit denen sie bis heute zu kämpfen haben.Nach der niedergeschlagenen Grünen Revolution 2009 hat die Regierung noch aggressiver nach den Anstiftern gesucht. Hesam stand ebenfalls auf ihrer Liste.„Die Unterdrückung ist viel stärker geworden, weil die Regierung merkt, dass die Leute wirklich etwas verändern wollen”, sagt Hesam in gebrochenem Deutsch. Seine Familie gehört dem Bahaitum an, einer Religionsgemeinschaft, die von der iranischen Regierung schon seit Langem geächtet wird. Aus diesem Grund war es Hesam 2007 verboten worden, sein Anglistikstudiumweiter zu verfolgen. „Dann habe ich angefangen, für mein Recht auf Ausbildung zu kämpfen”, erzählt Hesam.
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Es braucht ein einschlägiges Ereignis, damit wieder eine Revolution ausbricht„Ich glaube, dass etwas passieren muss, das die Leute zu neuen Protesten animiert, so wie in den arabischen Ländern, wo sich einer auf der Straße verbrannt hat”, sagt Hesam. Die Regierung schüchtert die Menschen im Vorfeld der Wahlen so ein, dass es kaum mehr Möglichkeiten zu Protesten gibt, sagt er. Trotzdem tut sich was im Land, aber auf einem sehr unscheinbaren und intellektuellen Niveau: Die Menschen bilden sich weiter fort. „Wir lesen viel, vor allem auf Facebook und Webseiten für Menschenrechte.”
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