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Wie dick ist zu dick für Facebook?

„Stattdessen empfehlen wir die Benutzung eines Bildes, das eine relevante Aktivität abbildet, so wie Laufen oder Radfahren.“
Bild: Cherchez La Femme

Ein Foto des wohl erfolgreichsten Plus Size-Models Tess Holliday wurde mitsamt einer Anzeige auf Facebook gesperrt—vermeintlich, weil sie Betrachter dazu ermuntern würde, sich schlecht zu fühlen.

Mit einem Bild, auf dem Tess Holliday lächelnd im Bikini abgebildet ist, wollte die australische Gruppe „Cherchez La Femme" für eine Paneldiskussion zum Thema positive Körperbilder namens „Feminism and Fat" werben, was dem sozialen Netzwerk offenbar zu viel war. Facebook sperrte die Anzeige für die Veranstaltung über die Akzeptanz seines eigenen Körpers kurzerhand komplett. Die Frage ist nur: zu viel von was?

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Dieses Bild verstosse gegen die Fitness- und Gesundheitsrichtlinien für Werbeanzeigen, ließ Facebook gegenüber den Urhebern des Posts knapp verlauten, da es einen Körper in einer „nicht erwünschenswerten Art und Weise (an undesireable manner)" darstelle.

„Stattdessen empfehlen wir die Benutzung eines Bildes, das eine relevante Aktivität abbildet, so wie Laufen oder Radfahren."

Dazu gehörten, so schrieb „Jenny vom Facebook Ads Team" auf Nachfrage der Gruppe, Nahaufnahmen von Fettpolstern und Menschen, deren Kleidung zu eng sitzt. Was für Kritiker natürlich die Frage aufwirft, wie eng zu eng ist, wie dick zu dick, und wie Facebook sich zum Richter über diese subjektiven Standards aufschwingen kann. „Stattdessen empfehlen wir die Benutzung eines Bildes, das eine relevante Aktivität abbildet, so wie Laufen oder Radfahren."

Wer auch immer bei Facebook für derartige Richtlinien und Empfehlungen verantwortlich ist, hatte jedoch vermutlich nicht damit gerechnet, dass Tess Holliday nicht nur ein Instagram-Star mit 1,2 Millionen Followern ist, sondern auch die Ausrichtung der Veranstaltung grundsätzlich missverstanden.

Bei den Menschen hinter der Paneldiskussion kam die Facebook-Begründung verständlicherweise ebenfalls nicht ganz so gut an: „Ich war unglaublich sauer", so Veranstalterin Jessamy Gleeson gegenüber dem Guardian. „Sie müssen ganz einfach verstehen, dass wir auch Bilder dicker Frauen benutzen können, um für glückliche Frauen Werbung zu machen."

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Nach internationalem Protest musste sich Facebook wenige Tage später entschuldigen und räumte in einem Statement gegenüber „Cherchez La Femme" ein, dass das Foto doch nicht ihre Standards verletze. Man würde wöchentlich Millionen solcher Anzeigen checken, und „in manchen Fällen verbieten wir auch fälschlich Anzeigen". Man bitte den Fehler zu entschuldigen.

Auf Twitter und Facebook werfen Beobachter Facebooks Körperpolizei nichtsdestotrotz Sexismus, Heuchlertum und nicht zuletzt kulturelle Ignoranz vor. Die Episode zeigt für sie ein weiteres Mal, wie wahllos und intransparent die Facebook-Richtlinien aufgestellt und angewandt werden—und wie viel Schaden damit angerichtet werden kann. Es scheint, als würde das zentrale Schlachtfeld für die Ausfechtung dieses Ungleichgewichts immer noch der weibliche Körper sein.

Erst kürzlich sperrte das Netzwerk ohne Vorwarnung den Account einer Nutzerin, die ein historisches Foto von Indonesierinnen gepostet hatte. Die Frauen waren „oben ohne" zu sehen, was in dieser Region noch heute zu den kulturell völlig akzeptierten Praktiken zählt. Was hätten sie tun sollen; fragten sich viele—ihnen ein Crop Top auf den Leib photoshoppen? Das Konto der Nutzerin bleibt nach einer Prüfung durch Facebook sogar weiterhin permanent deaktiviert.

Im März sperrte und blockierte Facebook die australische Schriftstellerin @utopiana wiederholt, weil sie Bilder von Festen und Ritualen aus der Aborigines-Kultur teilte. Erraten: Auch dort waren Frauen zu sehen, deren Oberkörper nackt war.

Die Gruppe „Cherchez La Femme" hat immerhin ihren eigenen Weg gefunden, den fragwürdigen Standards von Facebook zu begegnen: „Vor dem Hintergrund von Facebooks Ratschlag, unser Bild von Tess doch durch eins zu ersetzen, auf dem jemand Rad fährt…

präsentieren wir euch… jemanden, der Rad fährt."