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Schaltjahr

Ich habe am 29. Februar Geburtstag – einem Tag, den es nur alle vier Jahre gibt

Hatte ich gestern Geburtstag? Oder feiere ich heute? Wie alt bin ich? Warum ich trotz dieser Fragen an keinem anderen Tag lieber Geburtstag hätte.

Als ich heute Morgen in der Redaktion ankomme, steht ein Holzgestell in Form eines Fahnenmastes auf meinem Schreibtisch. "It's my Birthday, Bitches", so die weiße Aufschrift auf der schwarzen Flagge. Meine Kollegin gegenüber blickt mich überrascht an: "Hast du heute Geburtstag?" – Was antworte ich nun? Ja? Nein? Gestern? Streng betrachtet habe ich in diesem Jahr nicht Geburtstag. Ich bin an diesem seltenen Tag geboren, der nur alle vier Jahre im Kalender auftaucht: dem 29. Februar. Würde ich nur an diesem Tag ein Jahr älter werden, wäre ich gerade einmal fünf Jahre alt.

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Wann feier ich?

Nicht nur meine Freunde und ich stellen diese Frage – auch Facebook ist überfordert. Anscheinend zeigt es der einen Hälfte meiner Freunde den 28. Februar als Geburtstag an. Die andere Hälfte erhält dann erst am 1. März eine Erinnerung.

Als Kind haben meine Eltern das Datum meines Geburtstags festgelegt. In der Regel entschieden sie sich für den 1. März. Für mich war das normal: Ich hatte am 1. März Geburtstag und manchmal eben am 29. Februar. Nachfragen habe ich mit einem Achselzucken abgetan. "Wieso? Ich feier doch, wie alle anderen auch. Was ist denn an meinem Geburtstag anders?" Für mich war der Ablauf des Tages entscheidend: Nusskuchen mit Zimtglasur zum Frühstück, in der Mitte der Springform wie in jedem Jahr bunte Smarties, die beim Anschneiden aus dem Kuchen herausrollten. Den Wechsel des Datums habe ich nicht hinterfragt.

Juristisch gesehen war es auch richtig, am am 1. März zu feiern. In Artikel 187 des Bürgerlichen Gesetzbuchs heißt es:

"Ist der Beginn eines Tages der für den Anfang einer Frist maßgebende Zeitpunkt, so wird dieser Tag bei der Berechnung der Frist mitgerechnet. Das Gleiche gilt von dem Tage der Geburt bei der Berechnung des Lebensalters."

Das bedeutet: Der Tag des Geburtstags ist der erste Tag des neuen Lebensjahres. Der 28. Februar gehört allerdings noch eindeutig in mein altes Lebensjahr.

Ich begann dennoch, mir mit jedem weiteren Geburtstag mehr Gedanken zu machen. Wenn ich gesetzestreu am 1. März feierte, dann stimmte das nicht, weil ich nicht im März geboren bin. Der 28. Februar war hingegen zu früh. Eine andere Option wäre, nicht zu feiern. Das wollte ich nicht. Nur die Minute um Mitternacht war mir ebenfalls zu wenig. Also blieb noch der Lösungsvorschlag meines Opas: Mein Geburtstag beginnt am 28. Februar um 12 Uhr mittags und endet am 1. März um 12 Uhr. Darauf hatte ich allerdings auch wenig Lust. Die Vorstellung meinen Ehrentag mittags – anstatt mit Kuchen-Frühstück – zu beginnen, zwischendurch zu schlafen und ihn dann abrupt zu beenden, gefiel mir nicht.

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In der Pubertät habe ich daher begonnen, nach Wochentag zu entscheiden. Freitagabend war die oberste Priorität. Sonntage mochte ich nicht und habe sie daher als Geburtstag vermieden. Aber was mache ich, wenn die Entscheidung nicht ganz so offensichtlich ist? Wenn ich mich zwischen Dienstag und Mittwoch entscheiden muss, wie in diesem Jahr? Diese Fragen stelle ich mir jedes Jahr wieder. Am vergangenen Sonntag habe ich in meine Wetter-App geschaut, an welchem Tag die Sonne scheinen würde. Für beide waren Wolken angesagt.

Schließlich fragte mich eine gute Freundin, was ich an welchem Tag geplant hätte. Wir haben uns zusammen für Dienstag entschieden, weil sie gestern ihre letzte Prüfung hatte. Ein Grund mehr, um am Abend mit Wein anzustoßen.

Ich habe mich schon lange von der Regelmäßigkeit eines festen Geburtstages verabschiedet. Und ich freue mich darüber, dass ich mit meinem Dilemma nicht allein dastehe. Die Menschen, die mich beglückwünschen wollen, teilen es mit mir.

Viele Freunde fragen mich daher: "Ist es nicht scheiße, wenn du nie weißt, wann du Geburtstag hast?"

Es ist kompliziert, aber ich liebe es!

7 Gründe, warum ich es liebe, im Schaltjahr Geburtstag zu haben

1. Ich kann mir den Tag aussuchen
Hey, natürlich ein Hin und Her. Aber wer hat schon die Möglichkeit, den Tag nach Wochenende oder Wetter auszusuchen.

2. Mein Geburtstag geht über zwei Tage
Ich kann mir noch so lange Gedanken darüber machen, wann ich feier. Am Ende fühlen sich sowohl der 28. Februar als auch der 1. März nach Geburtstag an, denn ich kriege an beiden Tagen Glückwünsche.

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3. Ich muss meinen Geburtstag nicht teilen
Ich kenne alleine fünf Leute in meinem engen Bekanntenkreis, die am 23. März Geburtstag haben. Wer dem einen gratuliert, gratuliert im gleichen Atemzug auch dem anderen. Sie müssen sich untereinander abstimmen, wer wann einlädt – oder die Party zusammen organisieren und Kompromisse bei der Gestaltung eingehen. Dieses Risiko ist bei mir sehr gering. Weltweit haben 4,8 Millionen Menschen im Schaltjahr Geburtstag. Zum Vergleich: Normalerweise feiern schätzungsweise 19 Millionen Menschen an einem Tag.

4. Man kann sich meinen Geburtstag merken
Die erste Reaktion ist meistens: "Echt? Lustig, ich wollte schon immer jemanden kennenlernen, der im Schaltjahr Geburtstag hat." Mein Geburtstag fällt auf. Damit ist er auch einfacher zu behalten. Ergo: mehr Glückwünsche und Geschenke.

5. Alle vier Jahre ist mein Geburtstag sowieso genial
Wenn es den 29. Februar tatsächlich einmal gibt, ist das so besonders, dass ich mich wie ein kleines Kind auf den Tag freue. Anlass genug, den Geburtstag unabhängig vom Wochentag groß zu feiern.

6. Mit 80 kann ich in den Club gehen und es ist legitim
… denn ich bin ja erst 20. Die meisten Menschen fangen an zu rechnen, wenn sie von meinem Geburtstag erfahren.

7. Der Geburtstag als Wertschätzung
Gerade weil mein Geburtstag so unregelmäßig ist, wird mir deutlicher bewusst, wie gut sich die Wertschätzung anfühlt, die man an dem Tag bekommt. Gestern habe ich noch mit Freunden und Wein angestoßen, heute werde ich in der Redaktion mit Geburtstags-Fahne und Zitronen-Tarte empfangen. Wer weiß, was morgen passiert. In diesem Sinne: Danke für alle vorträglichen, pünktlichen und nachträglichen Glückwünsche.

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