Die unbewilligte Zürcher Schülerdemo stoppte nur an roten Ampeln

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Zürich

Die unbewilligte Zürcher Schülerdemo stoppte nur an roten Ampeln

Mehrere hundert Schüler demonstrierten gegen Sparmassnahmen in der Bildung. Aus Angst vor einem Verweis wegen des geschwänzten Nachmittags wollte bis auf die Mediensprecherin niemand namentlich zitiert werden.

Alle Fotos vom Autoren Von wegen unpolitische Jugend: Hunderte Zürcher Gymnasiasten sind heute auf die Strasse gegangen, um gegen die bevorstehenden Sparmassnahmen im Bildungswesen zu demonstrieren. Der Kanton will in den nächsten drei Jahren 67 Millionen Franken einsparen. "Wir gehen davon aus, dass Klassen zusammengelegt, Freifächer abgeschafft und Mediatheken an einzelnen Tagen geschlossen werden könnten", erklärt Sophie Bolli, Mediensprecherin der Organisatoren und Gymnasiastin an der Kantonsschule Stadelhofen. "Wir sind ein musisches Gymi, uns würde es besonders treffen", befürchtet die 19-Jährige. Sie demonstriere aber für alle Betroffenen, auch für Berufs- und Sekundarschüler.

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"Wie kann es sein, dass wir Milliarden in eine Armee stecken, die nur zu Bürozeiten funktioniert, und multinationalen Unternehmen Steuergeschenke machen, aber kein Geld für Bildung haben? Das ist doch ein schlechter Witz!" – Sophie Bolli

Sophie hat zusammen mit einigen Freunden über eine WhatsApp-Gruppe den Protest organisiert. "Hausaufgaben bringen und gemeinsam lösen und abschreiben", stand auf dem Flyer, der in dieser Gruppe geteilt wurde. Die Schule wurde zwar nicht, wie auf dem Flyer angekündigt, besetzt, dafür entschieden sich die Schüler für eine Demonstration.

Die Demo startete oberhalb des Bahnhofs Stadelhofen und führte via Kunsthaus und Central direkt vor die Tür der Bildungsdirektion. Dort adressierten die Schüler ihren Frust an die Verantwortlichen: "Ganz Züri hasst Sozialabbau!" und "Wem sini Bildig? – Oisi Bildig!". Die Demonstration verlief durchgehend gewaltfrei. Um den Verkehr nicht zu stark zu behindern, liefen die Schüler auf dem Busstreifen und befolgten sogar die Signale der Ampeln.

Beim Überqueren von grossen Kreuzungen skandierten sie: "Luege, lose, laufe!" Es dürfte die wohl bravste Demo seit Jahren gewesen sein. "Unsere Einsatzkräfte mussten nicht ausrücken", erklärt dementsprechend die Medienstelle der Stadtpolizei auf Anfrage. "Obwohl die Demonstration nicht bewilligt wurde."

Auf dem Rückweg durchquerte der Demonstrationszug den Hauptbahnhof und gelangte über die Bahnhofstrasse vorbei an verwunderten Passanten zum Paradeplatz. "Wir wissen, dass ihr unser Geld habt. Wir werden zurückkehren und uns holen, was uns zusteht", richtete sich ein Demonstrant via Megafon an die am Paradeplatz ansässigen Grossbanken. Bevor die Schüler an den Stadelhofen zurückgekehrt sind, posierten sie noch vor dem Opernhaus für ein Gruppenfoto.

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Ich versuchte einige Schüler zu interviewen, aber aus Angst vor Repression der Schulleitung, wollte niemand namentlich zitiert werden. "Ich schwänze gerade den Unterricht, ich möchte keinen Verweis erhalten", rechtfertigt sich ein Schüler. Ob er sich bewusst ist, dass er für das Gehalt seines Schulleiters demonstriert?