Cocktails für mehr Selbstbestimmung: Wenn sich Barkeeper sozial engagieren

FYI.

This story is over 5 years old.

Cocktailkultur

Cocktails für mehr Selbstbestimmung: Wenn sich Barkeeper sozial engagieren

Darwin Manahan ist ein gefeierter Barkeeper aus L.A. Doch Ruhm war für ihn nicht alles, er wollte anderen Menschen helfen und der Gesellschaft etwas zurückgeben—mit Alkohol.

Als ich in der Bar des Cliff's Edge meinen Cocchi Cobbler mixte—einen Cocktail mit Cocchi Rosa, Wodka, Zuckersirup, Passionsfruchtpüree, Limettensaft und Angostura—, hatte ich eine Art Erleuchtung:

Habe ich das alles wirklich verdient?

Alle möglichen Magazine haben über mich geschrieben und viele Barkeeper sind auf mich zugekommen und haben mich gefragt: „Du bist doch berühmt, wie fühlt sich das an? Wie kann ich das auch schaffen?" Als ich aber so auf meinen Erfolg zurückblickte, wurde mir klar, dass das nicht mein wirkliches Ich war. Klar, ich habe echt hart gearbeitet und viele Hürden überwunden, um es bis dort hin zu schaffen, aber ich wusste, dass das noch nicht alles war—das konnte es einfach nicht sei. Mein größte Angst war es, von diesem hohen Punkt aus sehr tief zu fallen. Der ganze Erfolg lastete ziemlich schwer auf meinen Schultern.

Anzeige
darwing_manahan_workshop

Beim Workshop von Darwin Manahan lernen die Teilnehmer, wie man Bowle macht

Ich bin jemand, der richtig verbissen an eine Sache rangeht und immer weiter arbeitet, egal wie viel über mich geschrieben wird. Für mich waren all diese Artikel über mich nur eine Art Sicherheit, dass meine Arbeit funktionierte. Dann habe ich erkannt, wie unglaublich egoistisch dieser Gedanke war und ich wurde kritischer. Wie kann ich meinen Erfolg mit anderen Leuten teilen, die so etwas brauchen? Mit Senioren? Mit Kindern? Mit anderen Filipinos? Ruhm ist letztendlich auch nur ein Wort.

darwin_and_his_student

Meine Eltern haben mir immer gesagt: Wenn du etwas hast, dann gib auch zurück. Ich wollte Menschen helfen und nicht untätig sein und mich auf meinen Lorbeeren ausruhen. Aber ich wollte auch nicht den üblichen Weg einschlagen, wie das bei vielen aufstrebenden Barkeepern der Fall ist: Ich wollte nicht für eine bestimmte Marke werben und auch nicht für irgendein neues Restaurant als eine Art Cocktailberater arbeiten. Viele meiner Freunde machen das und ich mag sie deshalb nicht weniger, aber für mich war das nicht das Richtige. Ich wollte als Barkeeper auch einen Beitrag leisten, nur eben in anderer Art und Weise. Dann haben mich die Leute von Public Matters angesprochen, einer kreativen Sozialinitiative aus Kalifornien. Das hat mir eine völlig neue Perspektive verschafft, wie ein Wendepunkt in meinem Leben. Ich erinnere mich noch, wie ich zu meiner Verlobten und meiner Familie meinte: Ich will anderen Filipinos etwas zurückgeben. Und genau das war mein neues Ziel.

Anzeige
punch_workshop_ingredients

Kurz danach habe ich angefangen, ehrenamtlich für Pilipino Workers Center zu arbeiten, eine Non-Profit-Organisation, die sich für die Rechte der Filipinos in Südkalifornien einsetzt. Dabei drehte sich alles um das Thema Bars und Cocktails: Ich habe Workshops in sozial benachteiligten Vierteln gegeben, zum Beispiel in Historic Filipinotown in L.A. Ich wollte den Menschen mithilfe von Alkohol ein Gefühl der Kontrolle, der Selbstbestimmung vermitteln. Das hört sich zunächst komisch an, aber wenn man das richtig macht, kann das perfekt funktionieren. Ich bringe den Menschen bei, wie man richtig trinkt und welches Handwerk sich hinter Alkohol verbirgt—genauso wie einige in ihrer Familie gelernt haben, dass Wein etwas ist, das den Geschmack von Essen verbessert, weil beim Essen immer ein guter Wein getrunken wurde. Wer Alkohol so schätzen lernt, wird mit großer Wahrscheinlichkeit die feinen Aromen bei Spirituosen mögen und nicht einfach nur eine Flasche Schnaps herunterspülen, um betrunken zu werden.

darwin_hosting_his_workshop_history

Ich arbeite auch mit Jüngeren und versuche ihnen beizubringen, dass Alkohol nicht immer nur dazu da ist, um sich zu betrinken oder abzuschießen. Alkohol kann Kultur sein. Zu jeder Flasche gibt es eine persönliche Geschichte, die man bei jedem Schluck herausschmecken kann. Alkohol muss kein Werkzeug des Bösen sein, sondern kann auch Gutes bewirken. Außerdem zeige ich ihnen, dass es noch so viel mehr in der Cocktailwelt gibt, als nur Jack-Daniels-Cola oder Eimer-Cocktails mit den abgefahrensten Alkoholkombinationen. Ich erkläre ihnen, welche Bedeutung das Verhältnis bei Cocktails hat, welche Geschichte Alkohol hat und dass Cocktails auch einen Genussaspekt haben. Sie müssen richtig anpacken und ihre eigene Bowle machen.

Anzeige
darwin_lending_a_hand

Für mich geht es vor allem darum, für eine andere Art von Barkeeper zu stehen: ein Barkeeper, dem es nicht um Titel geht, der bescheiden ist.Es ist immer noch ein handwerklicher Beruf. Ich mache das aus Leidenschaft, aus einem inneren Antrieb heraus und nicht, um irgendwo Gratis-Drinks zu bekommen oder abgelichtet zu werden. Ein guter Bartender muss schnell und kreativ sein und ein Gespür für Details haben. Wenn es nach mir geht, kommen da noch zwei Dinge hinzu: Liebe und Gemeinschaftssinn.

Das ist, glaube ich, nicht zu viel verlangt.

Aufgezeichnet von Javier Cabral

Darwin Manahan ist Barkeeper in L.A. Mehr von seiner ehrenamtlichen Arbeit findest du auf Instagram.