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Meeresfrüchte

Herpes tötet die Austernbestände weltweit

Du schwörst auf Austern, um so richtig spitz zu werden? Dann beeil dich lieber mit deinen amourösen Trips, denn ein Herpesvirus, verursacht durch die Erwärmung der Meere, bedroht die weltweiten Bestände.
Photo via Flickr user Jennifer Durban

Ob du nun deine Fangarme im Club oder bei einem Tinder-Date erfolgreich ausgeworfen hast, so oder so sollte stets gelten: Mach's, aber mach's mit! Natürlich kann in der Hitze des Gefechts das Verlangen schon mal die Birne ausschalten, vor allem wenn Aphrodisiaka wie—nein, VICE-Hater, hier werden jetzt keine Drogen genannt—Schampus, Austern oder Mousse au Chocolat im Spiel sind.

Ach so, minus Austern, denn die könnten in naher Zukunft schon alle ausgestorben sein.

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Erst vor wenigen Tagen hat Bloomberg vermeldet, dass in den letzten sechs Jahren ein Viertel der französischen Austernbestände aufgrund eines aggressiven Stamms des Virus Os-HV1—verantwortlich für den sogenannten „Austern-Herpes"—ausgelöscht wurde. Doch wohingegen Herpes beim Menschen meist nur harmlose Bläschen an der Lippe (und auch anderswo, wenn du nicht aufpasst…) hervorruft, ist die Austern-Variante für die Meeresbewohner das fast sichere Todesurteil (aber keine Sorge, uns Menschen kann es nichts anhaben). In Australien hat derselbe Virustyp einst 10 Millionen Austern in nur drei Tagen umgebracht.

**TIPP: *Das Schicksal der menschlichen Libido hängt von der Gesundheit der Austern ab***

Die weltweite Austernindustrie ist nach Schätzungen von Experten über 3 Milliarden Euro schwer, hier stehen also extrem große Geldsummen auf dem Spiel. Wie sollte es auch anders sein, auch hinter diesem massiven Tiersterben scheint der Klimawandel zu stecken. Denn die Viren gedeihen ganz besonders gut bei Wassertemperaturen über 16 Grad Celsius—eine in den Weltmeeren immer häufiger zu beobachtende Entwicklung.

Wissenschaftler der Universität von Tasmanien versuchen fieberhaft herauszufinden, wie man die Ausbreitung des tödlichen Virus am besten stoppen kann. Dafür haben sie Austern mit speziellen Herzfrequenz-Messgeräten ausgestattet (ja, auch Austern haben ein Herz!), mit deren Hilfe sie feststellen wollen, ob es bei einer Ansteckung mit dem Virus Os-HV1 zu messbaren physiologischen Veränderungen kommt. Auf diese Weise soll es für Austernzüchter möglich werden, erkrankte Tiere schnell genug zu isolieren, um so ein Ausbreiten auf den Rest der Population zu verhindern. Gleichzeitig untersucht das Forscherteam, wie Austern auf Licht- und Temperaturveränderungen reagieren, um sich Mittel und Wege zu überlegen, wie man sie besser vor der Herpes-Epidemie schützen kann.

Das Virus breitet sich übrigens nicht durch Sexualkontakt aus. Stattdessen geht man davon aus, dass sich der Virus an Planktonpartikeln festsetzt, die auf der Speisekarte von Austern ganz oben stehen.

Das Grassieren des Virus Os-HV1 ist übrigens kein neues Problem, ZEIT ONLINE berichtete schon vor über drei Jahren über ein massives Austernsterben aufgrund der Viren—neu ist allerdings die globale Dimension der Katastrophe. Im Jahr 2008 ist das Virus scheinbar mutiert und wurde auf diesem Wege „von einem gelegentlichen Störenfried zu einem echten Killer", so Professor Richard Whittington von der Universität Sydney im Interview mit Bloomberg. Vor allem in Europa und Australien ist die Situation außer Kontrolle geraten, was folgenden Zahlen belegen: So sind die Preise für französische Austern in den letzten sechs Jahren um mehr als 36 Prozent gestiegen, während Austernzüchter in Neuseeland einen Produktionsrückgang von erschreckenden 60 Prozent vermelden.

Die globale Klimaerwärmung hat mit Austern ein neues Opfer gefunden. Da ist es umso ärgerlicher, dass die Meeresbewohner fangfrisch serviert werden müssen. Ansonsten hätten wir gesagt, dass du dich—sicher ist sicher—lieber mal ordentlich mit ihnen eindeckst.

Oberes Foto: jennifer durban | Flickr | CC BY 2.0