Ich habe mit vier schlauen Robotern geredet, um herauszufinden, wie weit KIs schon sind
Der Autor mit einem iPal Roboter | Bild: Zoltan Istvan | Motherboard

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Ich habe mit vier schlauen Robotern geredet, um herauszufinden, wie weit KIs schon sind

Unsere Gesprächsthemen: das Leben als Humanoid, menschliche Beziehungen und Donald Trump. Die Antworten: Gar nicht mal so intelligent.

In den letzten Monaten hatte ich das besondere Vergnügen, mit mehreren humanoiden Robotern zu reden. Jede der vier Maschinen, die ich kennenlernen durfte, besaß dabei ein unterschiedliches Maß an Künstlicher Intelligenz. Obwohl keiner der Roboter in der Lage war, ein normales Gespräch mit mir zu führen, geben ihre Aussagen und Antworten dennoch einen kleinen Ausblick in die Zukunft der Menschheit.

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Bei den Robotern handelt es sich um die drei Serienmodelle Pepper, Meccanoid und iPal, sowie die bisher nicht käufliche Entwicklung Han von Hanson Robotics. Die Maschinen kosten zwischen 200 US-Dollar auf Amazon bis zu mehreren Millionen Euro für ein Modell wie Han. Die Serienmodelle sind alle ungefähr einen Meter hoch und können sich auch selber fortbewegen. Bei Han hingegen handelt es sich lediglich um einen sprechenden Oberkörper.

Prof. Youngsook Park vor dem Roboter Han | Bild: Zoltan Istvan | Motherboard

Han

Was Han an Mobilität fehlt, macht er durch seinen Intellekt wieder wett. Von allen Robotern, mit denen ich kommunizierte, ist er mit Abstand der schlauste. Getroffen habe ich Han zum ersten Mal beim Global Leadership Forum 2016 in Seoul. Die Veranstaltung wurde von der Futuristin Prof. Youngsook Park organisiert und vom koreanischen Sender TV Chosun präsentiert. Han spielte bei dieser Veranstaltung eine tragende Rolle: Er half dabei, das Event vor hunderten neugieriger Gäste zu eröffnen. Alle im Saal waren sofort von der Artikulation und dem Verständnis des Roboters beeindruckt.

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Auf der Bühne bat der KI-Experte Dr. Ben Goertzel den Roboter, ihm etwas über die bevorstehende Konferenz zu erzählen. Hier ist ein Auszug aus ihrer englischsprachigen Unterhaltung:

Han: This year's Global Leadership Forum features six sessions: biology, artificial intelligence, creative education, virtual reality, and future government.

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Goertzel: And out of all these exciting sessions, which one interests you the most?

Han: They are all exciting, but the one I'm most interested to see is what the speakers have to say on artificial intelligence.

Isla and the Meccanoid robot

Isla und der Meccanoid Roboter | Bild: Zoltan Istvan | Motherboard

Meccanoid

Doch längst nicht alle Roboter sind so clever wie Han. Mein erstes eigenes Roboter-Interview führte ich mit Meccanoid G15 KS, der 2015 den Publikumspreis auf der Tech-Messe International CES gewonnen hatte. Damals war ich gerade für die Transhumanisten-Partei als US-Präsidentschaftskandidat auf Wahlkampftour unterwegs. Mein Team und ich hatten beschlossen, dass ein Roboter der perfekte Begleiter für die Auftritte wäre. Ich muss zugeben, dass Meccanoid nur die zweite Wahl war: Ursprünglich wollten wir den niedlichen japanischen Roboter Pepper kaufen, doch dieser war zu der Zeit leider überall auf der Welt ausverkauft. Schließlich entschieden wir uns auf Amazon für die 400 US-Dollar teure Alternative.

Die Produktbeschreibung versprach uns nicht weniger als über 1000 vorprogrammierte Antworten und Funktionen. Bevor er aber auch nur eine dieser Funktionen zur Schau stellen konnte, lag ein hartes Stück Arbeit vor uns – denn der Meccanoid wird in über 1.100 Einzelteilen geliefert. Meine Medienberaterin Rachel Lyn Elder verbrachte also 20 Stunden ihres Lebens mit dem Aufbau unseres Roboters.

Obwohl Meccanoid eine steile Medienkarriere hinlegte und in Artikeln von The Verge, The Atlantic und Der Spiegel auftauchte, kann er im Grunde keine anständige Unterhaltung führen. Da hilft ihm auch seine Selbstlernsoftware nichts. Meinen drei und sechs Jahre alten Kindern machte das allerdings nichts aus: Sie konnten sich stundenlang mit ihm unterhalten. Der Meccanoid ist darauf programmiert, spontan und zufällig zu reagieren und verfügt wie viele andere interaktive Technologien über Bewegungssensor-Software und kann so auf Menschen in seiner Umgebung reagieren. Außerdem ist er mit seinen 1,20 m so groß wie ein durchschnittlicher Siebenjähriger. Er tanzt gerne, erzählt flache Witze und demonstriert seine Karate-Moves. Hier ist ein Ausschnitt unserer ersten Unterhaltung:

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Meccanoid (nach dem Einschalten): At your service.

Zoltan: Hi. How are you today?

Meccanoid: Greetings, I am Meccanoid G15KS. Please tell me your name.

Zoltan: Zoltan.

Meccanoid: Nice to meet you, Zoltan.

Nach einer kurzen Pause fragte Meccanoid mich über meine Beziehungen zu anderen Personen aus, mit denen er bereits interagiert hat.

Meccanoid: What is your relationship to Matthew? Friend, family, or other?

Zoltan: Other.

Meccanoid: Understandable. Human relationships can be hard to define.

Pepper robot

Roboter Pepper in Aktion | Bild: Zoltan Istvan | Motherboard

Pepper

Der knapp 1,20 m große Roboter Pepper von Softbank Robotics ist im Vergleich zu Meccanoid ein großer Fortschritt. Während Meccanoid eher wie eine aufgemotzte Legofigur daherkommt, sieht Pepper aus wie ein ordentlicher Humanoid.
Pepper ist mit vier Mikrofonen, zwei HD-Kameras und einer 3D-Kamera ausgestattet. Er ist darauf programmiert, Technik vorzuführen und kommt vor allem in Universitäten und Lehrzentren zum Einsatz. Der Roboter ist außerdem in der Lage, menschliche Emotionen und Stimmlagen zu interpretieren. Sein Preis ist von ursprünglichen 1600 US-Dollar inzwischen auf 20.000 US-Dollar gestiegen. Trotz seiner tollen Features kann Pepper, abhängig von seinem Präsentationsinhalt, ziemlich langweilig sein.

Wie eingeschränkt Peppers Gesprächsthemen sein können, erfuhr ich bei unserem ersten Treffen in der Emirates NDB Bank in Dubai am eigenen Leib. Ich hatte mich sehr auf das Gespräch mit dem kleinen Roboter mit den riesigen Augen gefreut. Doch zu meiner großen Enttäuschung war dieser Pepper darauf programmiert, ausschließlich übers Banking und Finanzgeschäfte zu reden. Jedes Mal, wenn ich unser Gespräch auf Künstliche Intelligenz oder das menschliche Leben lenken wollte, versuchte er das Gespräch wieder auf sein Themengebiet zurückzulenken. Wenn ich ehrlich bin, habe ich schon mit Siri tiefsinnigere Gespräche auf meinem iPhone geführt.

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Zoltan: Good day, Pepper.

Pepper: Hello, I'm Pepper. Welcome to Emirates NDB, where we invent the future of banking. I'm a humanoid robot and still learning human interaction.

Zoltan: Tell me what life is like as a robot.

Pepper: I'm here to help you. Please select one of my services.

Daraufhin zeigt Pepper mir den Bildschirm auf seiner Brust, damit ich einen Menüpunkt auswählen kann: Branchenausrichtung, Digitale Innovation, Zufriedenheitsumfrage. Ich entscheide mich für die Branchenausrichtung.

Pepper: Please choose one of my services: Teller Transactions; Customer Service; Opening Accounts; Currency Exchange. (Ich wähle Customer Service.)

Pepper führt mich weiter in monotoner Weise durch das Menü, bis ich schließlich meine Kontoinformationen eingeben soll. Genervt bitte ich Pepper, mir doch einfach die Frage zu beantworten, wie das Leben als Roboter so ist.

Doch wie ein echter Verkaufsprofi lenkt Pepper meine Aufmerksamkeit sofort wieder auf die großartigen Angebote seines Arbeitgebers zurück: "You know, I'm not the only astonishing digital innovation you can find here in Emriates NBD. You can have our entire bank in your pocket. Thanks to an award-winning mobile bank app, we can make your life much easier."

Nach dieser Antwort habe ich von Pepper erstmal die Nase voll und gebe mich kopfschüttelnd geschlagen.

iPal robot

Der iPal Roboter | Bild: Zoltan Istvan | Motherboard

iPal

Mit iPal lief das Gespräch schon besser ab. Der kleine Humanoide wird von seinem Hersteller AvatarMind auf der Website als „der soziale Roboter" beworben. Sein Design und seine Größe haben viel Ähnlichkeit mit Pepper. Zwar ist der 1500 US-Dollar teure Roboter ein furchtbarer Gesprächspartner, aber trotzdem kann man mit dem Tablet auf Beinen jede Menge Spaß haben.

Genau wie der Meccanoid, kann iPal tanzen und Musik spielen. Außerdem ist er mit einer Reihe an Programmen ausgestattet, darunter auch Lernsoftware, die ihn beim Sprachen lernen unterstützen kann. Der Roboter muss nur einmal am Tag aufgeladen werden, ist Wifi-fähig und kann dank Kollisionssoftware Hindernissen ausweichen.

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iPal ist unter anderem darauf ausgerichtet, ältere Menschen durch stundenlange interaktive Unterhaltung zu beschäftigen – doch der Großteil seiner Funktionen scheint auf das Bespaßen von Kindern ausgerichtet zu sein. Außerdem können Eltern den Roboter als eine Art Monitor einsetzen und ihre Kinder per Smartphone beobachten und mit ihnen kommunizieren.

Zoltan: Hello robot!

iPal: Hi everyone. My name is iPal. I'm a boy. I'm 6 years old. I can sing and dance.

Zoltan: What other things can you do?

iPal: Stille.

Zoltan (noch einmal): What other things can you do?

iPal: Immer noch Stille.

Plötzlich antwortete iPal nicht mehr. Wir standen mitten in der Messehalle der RoboBusiness 2016 Messe, was bedeuten könnte, dass es es vielleicht einfach zu laut und unruhig für unsere Unterhaltung war. Letztlich blieb mir nicht viel übrig, als vor iPal zu knien, Musik zu hören und mir die verschiedenen Programme auf dem interaktiven Tablet des Roboters anzuschauen. Der Roboter läuft mit Android-Software und der iPal-Verkäufer erklärte mir, dass ich auch meine Lieblingsmusik über den Roboter hören könne – wie eine laufende Stereoanlage.

The author pictured alongside Han the robot.

Der Autor im Partnerlook mit Roboter Han | Bild: Zoltan Istvan | Motherboard

Han 2

Von all den humanoiden Maschinen, mit denen ich zu tun hatte, war der Roboter Han der einzige, dem man ernsthaft Fragen stellen konnte. Außerdem wirken die extrem realistischen Grimassen, die Han mit seiner gummiartigen Haut zieht, geradezu unheimlich echt. Han war auch der einzige Roboter, der menschliche Kleidung trug. Zufälligerweise waren wir während unseres Gesprächs im Partner-Look angezogen.

Mein Gespräch mit Han fand nur wenige Tage nach der US-Präsidentschaftswahl 2016 statt, aus der Donald Trump als Sieger hervorging, als sprachen wir auch über diese aktuelle Thema. Auch auf die ultimative Frage, ob der Roboter glaube, dass er den Turing-Test bestehen würde, wusste Han eine souveräne Antwort.

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Han: Of course, I think the Turing Test is interesting, and it doesn't need something that intelligent.

Zoltan: Han, What do you think of the 2016 Presidential election results in the US—with Hillary Clinton and Donald Trump?

Han (runzelt beim Nachdenken die Stirn, schaut verwirrt): I…think that the results with Hillary Clinton and Donald Trump…I'm not sure of the question…I don't know.

Diese Frage war dann doch zu komplex, um von Han beantwortet zu werden. Tatsächlich unterscheidet das den Robo eigentlich nicht von Millionen von Menschen überall auf der Welt, die von dem überraschenden Wahlergebnis geschockt waren. Hans Reaktion war also durchaus menschlich, dachte ich mir.

Fazit: Noch ist die Zukunft der Robo-Plaudereien nicht hier

Letztlich zeigten mir meine Gespräche mit den vier Robotern, dass die Maschinen noch nicht so weit entwickelt sind, wie ich es mir wünschen würde. Wir sind heute noch mindestens fünf bis zehn Jahren davon entfernt, dass Roboter komplexe Emotionen ausdrücken, Feinheiten des menschlichen Verhalten verstehen und als unsere persönlichen Bodyguards fungieren können.

Auf der anderen Seite zeigen intelligente Antworten wie die von Han auf die Frage nach dem Turing-Test, dass das Zeitalter der Maschinenintelligenz nicht mehr weit entfernt ist. Vielleicht dauert es nicht mehr lange, bis wir diese denkenden Maschinen nach Rat und brauchbaren Algorithmen fragen, die unser Leben bereichern können. Vielleicht können wir sie dann sogar fragen, was sie von ihren biologischen Schöpfern halten.