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Verbrechen

Zwei Bayern haben in einem Gartenhaus 10.000 Ecstasy-Pillen gepresst

Um die versehentlich weiß gewordenen Pillen bunt zu machen, färbten die Möchtegern-Chemiker die Teile mit Lebensmittelfarbe.
Titelfoto: imago | United Archives International

Ein Hauch von Breaking Bad weht durch das bayerische Dachau, eine Kleinstadt mit 41.000 Einwohnern vor den Toren Münchens. Ein 24-jähriger Maler und ein 22-jähriger Einzelhandels-Azubi beschlossen hier im Sommer 2015, in einem Gartenhäuschen eine Pillen-Produktion aufzuziehen. Jetzt stehen die beiden Jungs wegen Drogenhandels vor dem Landgericht München.

Aufgeflogen waren die Kleinstadt-Gangster im März 2016, als Fahnder der Kripo in dem Gartenhaus eine Tablettenpressmaschine, zwanzig Kilogramm Cellulose zum Strecken und größere Mengen Amphetamin-Base (eine konzentriertere Form der Droge) entdeckten. In der Anklage der Staatsanwaltschaft heißt es laut Süddeutscher Zeitung, der gefundene Stoff habe ausgereicht, um daraus "mindestens 31.000 Ecstasy-Tabletten" herzustellen. Zuvor sollen die Jungs schon 10.000 Teile gepresst haben.

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Durch den Verkauf der Teile wollten die beiden wohl ihren eigenen Drogenkonsum finanzieren, berichtet der Merkur. Mit seinem schmalen Lehrlingsgehalt konnte der 22-jährige Azubi seinen Kokainkonsum nicht finanzieren. "Die Drogen waren das Wichtigste in meinem Leben", soll der 22-Jährige gesagt haben. Mit 15 wurde er schon einmal wegen Raubes und Körperverletzung zu drei Jahren und zehn Monaten Haft verurteilt. Die beiden jungen Männer sitzen seit März 2016 in Untersuchungshaft.


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Durch ihre Ecstasy-Manufaktur wurden sie aber alles andere als reich. Im Internet bestellten sie die nötigen Zutaten. Normalerweise ist MDMA der Hauptwirkstoff in Ecstasy-Pillen. Für die Pillenform braucht ein Hersteller neben den Wirkstoffen noch Trägermittel wie Stärke, Glucose oder Lactose, damit genug Masse für die Tablettenform vorhanden ist, und außerdem Bindemittel wie Cellulose oder Gelatine, um die Mische zusammenzuhalten und sie mit einer Tablettenpressmaschine in eine feste Form zu bringen. Oft werden jedoch noch andere Wirkstoffe als MDMA zusätzlich oder stattdessen in eine Ecstasy-Pille gemischt – wie MDBD, MDEA, MDA (ähneln strukturell MDMA), aber auch Speed oder Koffein und Paracetamol als Streckmittel. Was wirklich in einer Pille ist, kann nur das Drug Checking sicher feststellen.

Die zwei Mini Walter Whites aus Dachau sollen 10.000 Teile produziert haben. Ihre Anwälte führen zur Verteidigung allerdings an: Die Pillen seien von so schlechter Qualität gewesen, dass sie keine Abnehmer gefunden hätten – bloß 500 Stück seien verkauft worden. Das soll vor allem daran gelegen haben, dass die zwei Produzenten zur Herstellung nur weißes Pulver verwendet haben – Ecstasy-Konsumenten in Deutschland sind es gewohnt, dass die Pillen bunt sind. Als den Hobby-Chemikern ihr Fehler auffiel, versuchten sie, mit Lebensmittelfarbe nachzubessern. Daraufhin färbten die Pillen aber auf die Finger der Käufer ab, wodurch sie offensichtlich erstrecht niemand haben wollte. Immerhin versahen sie ihre Pillen mit den Markt-typischen eingepressten Motiven, darunter Tweety, Bart Simpson, Winnie Pooh und auch – wie klischeehaft – Heisenberg a.k.a Walter White aus Breaking Bad.

Für einen zweiten Anlauf mit bunten Teilen blieb den Jungs keine Zeit mehr. Die Kripo machte sie vorher dingfest. So blieb das Gartenhaus eine Ecstasy-Manufaktur in kleinem Stil. Für den Bedarf der meisten deutschen Konsumenten sorgen laut Bundeskriminalamt illegale Labors in den Niederlanden. Allein im vergangenen Jahr wurden in Deutschland mehr als zwei Millionen Pillen sichergestellt – davon 1,3 Millionen Teile auf einmal, die sich auf dem Transit in die Türkei befanden. Wie viel in Deutschland unentdeckt geschmissen wird, kann niemand sagen. Aber sicher ist: 31.000 schlecht produzierte Gartenhaus-Teile bleiben der Szene erspart.

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