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Polizeischüler

Dumm oder sehr dumm? Zwei Polizeischüler wurden wegen A.C.A.B.-T-Shirt suspendiert

In Aschersleben, Sachsen-Anhalt, sind wohl nicht alle Polizeianwärter auch privat Fans der Polizei.
Foto: imago/Deutzmann | Wappen: pixabay || Collage: VICE

Wenn es noch Gangster gibt, die nicht wissen, was sie als nächstes so machen sollten, könnten sie einen Blick nach Aschersleben werfen. Die Schüler der dortigen Fachhochschule Polizei Sachsen-Anhalt hauen nämlich eine Aktion nach der anderen raus. In nicht allzu ferner Vergangenheit gab es bereits Drogendeals und Verfolgungsjagden mit tödlichem Ausgang. Jetzt wollen es die crazy Cops from Sachsen-Anhalt aber richtig wissen. Und ermöglichen einen YouTube-Hit.

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Zwei der Schüler hatten Freunden ihre Uniformen für ein YouTube-Video geliehen. In dem Video tanzt ein Mann in Polizeiuniform zu türkischer Musik auf der Rückbank eines Autos, eine junge Frau schreit: "Ihr seid schon richtig komisch, ihr Scheißbullen?" Auf den Uniformen erkennt man die Landeswappen Sachsen-Anhalts. Auf dem Shirt unter der Uniform prangt das Statement "A.C.A.B.", kurz für "All Cops Are Bastards".

Nein, das ist kein Scherz.

Am Mittwoch bestätigte Rektor Frank Knöppler gegenüber der Mitteldeutschen Zeitung, dass die beiden Polizeianwärter wegen "charakterlicher Nichteignung" suspendiert wurden. Knöppler sagte, die beiden Männer waren seit Juli 2017 in der Ausbildung, "ihnen sollten die polizeilichen Werte bewusst sein".


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Ob an der Polizeischule diese Werte wirklich hochgehalten haben, darf zumindest angezweifelt werden. Anfang April hat die Schule vier Polizeianwärter entlassen, weil sie Drogen dabei hatten. Kurze Zeit später lieferte sich ein 24-jähriger Anwärter eine Verfolgungsjagd mit bereits ausgebildeten Kollegen im Dienst und stürzte zwölf Meter von der Dachterrasse eines Reihenhauses in Halle, in das er vorher eingebrochen war. Er starb noch vor Ort. Im Juni raste ein Polizeianwärter betrunken in ein anderes Auto und verursachte einen tödlichen Unfall. Anfang August flog ein weiterer Polizeianwärter von der Schule, weil gegen ihn wegen eines Sexualdelikts ermittelt wird. Erst im Nachgang fanden die Beamten heraus, dass der Polizeischüler bereits wegen mehrerer Vergehen polizeilich bekannt war.

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An Knöppels Fachhochschule laufen gegen 24 Personen Disziplinarverfahren, in elf Fällen geht es um charakterliche Nichteignung. "Das sind Einzelfälle", sagte Knöppel der lokalen Presse zu seiner Verteidigung, doch der Ruf der Polizeischule ist längst beschädigt. Und außerhalb des Campus passiert in dem 30.000-Einwohner-Städtchen zwischen Magdeburg und Halle an der Saale auch nicht viel. Wenn in Aschersleben jemand Scheiße baut, ist es meistens die Polizei.

Skandalschmiede Polizeiakademie

Zur Ehrenrettung der Fachhochschule muss gesagt werden: Polizeischüler lassen es in ganz Deutschland gene krachen. Zuletzt wurden die Zustände an der Berliner Polizeiakademie von der Landesregierung überprüft. Dort laufen aktuell gegen 33 der 3.000 Polizeischüler Disziplinarverfahren. Die Liste reicht von Polizeianwärtern, die Diebesgut aus dem Kofferraum verkauft haben bis zu einem Polizeischüler, der Pornos drehte und Brüdern, die mit Drogen handelten. Im Januar soll ein Polizeianwärter einen 19-Jährigen mit einer Waffe bedroht haben. Im letzten Jahr entfachte ein anonymer Wutbrief und ein Audio-Mitschnitt der Polizei Berlin, der mehreren Medien zugespielt wurde, eine Debatte über Polizeianwärterinnen und Polizeianwärter mit mutmaßlichem Migrationshintergrund. Der Vorwurf: Die Polizei werde von kriminellen Clans unterwandert. Auch VICE berichtete. Der damalige Berliner Polizeichef wies den Vorwurf zurück.

In Aschersleben führt die Debatte um die Auswahl der Polizeischüler zu einer Verschärfung des Aufnahmeverfahrens, eine Gesetzesvorlage hat das Innenministerium bereits vorgelegt. Diese soll entgegen dem Datenschutz unter anderem erlauben, dass die Polizei in der eigenen Datenbank überprüfen darf, ob die Bewerber schon mal aufgefallen sind. Außerdem wolle Rektor Köppler einen psychologischen Eignungstest ähnlich des Tests bei verlorenem Führerschein einführen. Mit Hilfe dieser komplexer Verfahren soll festgestellt werden, ob die künftigen Polizisten ihre Kollegen privat tatsächlich für Bastarde halten.

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