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Verhaltenskodex: Queeres Oktoberfest-Portal warnt Schwule vor Übergriffen

Für die Polizei ist das Problem nicht so drängend.
Foto: imago | imagebroker

Es ist der "schwulste Sonntag des Jahres" oder auch "Gay Sunday": So nennt das LGTBQ-Onlineportal Rosa Wiesn den traditionellen ersten Sonntag des Oktoberfestes. Trotzdem warnen die Macher der Seite vor allem Schwule davor, ihre sexuelle Orientierung auf dem Volksfest offen zu zeigen. "Generell gilt Zurückhaltung auf der Wiesn. Nicht jeder hat (zumal im alkoholisierten Zustand) Freude an schwulen Männerpaaren", heißt es dort. Das Portal rät, vorsichtig zu sein, "nicht alle Wiesngänger haben Verständnis für eine offene schwul-lesbische Lebensweise". Diese könne zu "aggressiven Reaktionen" führen. Um das zu vermeiden, solle man die Umgebung scannen, ob die "Anwesenheit für unangenehmen Gesprächsstoff sorgt". Gegen homophobe Oktoberfest-Gäste helfe auch kein Reden: "Das Bierzelt ist jedenfalls nicht der richtige Ort, um solchen Leuten das Lied von Solidarität und Gleichberechtigung zu singen." Sind Schwule auf dem größten Volksfest der Welt in Gefahr?

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"Gewalt gegen Schwule ist sicher schon vorgekommen", sagte ein Sprecher der Polizei München zu VICE. Dort gäbe es aber unendliche viele Anlässe für Gewalt. Sexualität sei sicher einer davon. Allerdings werden nicht alle Gewalttaten auch angezeigt. "Das ist aber kein Problem größeren Ausmaßes", betonte der Sprecher. Das Oktoberfest ist ein "Schmelztiegel". "Niemand muss Angst haben, auf die Wiesn zu kommen", sagt der Polizeisprecher.

Wissen muss man aber auch: LGBTQ-Menschen werden insgesamt wieder häufiger Opfer von Übergriffen. In diesem Jahr gab es deutschlandweit 30 Prozent mehr Übergriffe als 2016, alleine 130 Fälle in der ersten Jahreshälfte. In 59 Fällen handelte es sich um Gewaltdelikte. Justizminister Heiko Maas nennt die Zahlen "beschämend". Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) sagte dazu, Hasskriminalität gegen Homo- und Transsexuelle gehöre in Deutschland zum Alltag.

Dabei haben schwule Männer den Platz für die LGBTQ-Szene auf dem Oktoberfest schon vor langer Zeit erkämpft. Der "Gay Sunday" ist seit den 70er Jahren eine Tradition, vor allem in der Fetischszene. Der "Münchner Löwenclub" (MLC) hatte damals in einem der Zelte einen Tisch gemietet. Der Wirt hatte zugesagt, weil er sie mit den "Münchner Löwen", dem Fußballverein 1860 München, verwechselt hatte. Dann kamen Männer in Leder, ein paar Jahre später hatten sie ein ganzes Festzelt und haben es bis heute, das Bräurosl.

Auch Bernd Müller, Pressesprecher des MLC, sagte gegenüber Focus Online , dass alle Besucher im Allgemeinem gut miteinander zurecht kämen. Trotzdem könne es Situationen geben, in denen auch der Club dazu rate, vorsichtig zu sein: "Wir warnen allerdings davor, am späteren Abend auf dem Heimweg allzu offensiv herumzuknutschen oder Heteros anzumachen. Wenn bei fast allen der Alkoholspiegel hoch ist, kann das nicht ganz ungefährlich sein." Sexualität ist weiterhin für intolerante Menschen oft genug ein Anlass zur Gewalt. Die Forderung des Lesben- und Schwulenverbandes bleibt also, dass eine offene Gesellschaft allen Menschen garantieren müsse, sicher vor Angst und Anfeindung zu sein.

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