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'Mein Lokal, Dein Lokal' ist die wohl passiv-aggressivste Sendung im deutschen Fernsehen

Keine Liebe in dem Format: Es ist ein Elend. Gut, dass es fast unter Ausschluß der Öffentlichkeit stattfindet.
Bild: IMAGO | Steve Bauerschmidt

Wann bekommt man im Leben schon mal eine faire Chance? Eine faire Chance, einem Konkurrenten die Geschäftsgrundlage zu zerstören? Im Fernsehen, vor all den Leuten. Ah, um ehrlich zu sein, so viele Leute sind das gar nicht, die sich Mein Lokal, Dein Lokal auf Kabel eins ansehen. Von Beginn an war die Sendung ein "verlässlicher Flop-Garant", wie das Branchenmagazin "Quotenmeter" schreibt.


Garantiert mit Liebe gemacht: Mettbrötchen

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Trotzdem: Die Kandidaten gehen vom ersten Moment an aggressiv miteinander um, das Essen der Konkurrenz wird abwechselnd "ungenießbar", eine "Frechheit" oder schlicht "BAH" genannt. Das ist dem Format geschuldet, welches Elemente aus Das perfekte Dinner, Die Kochprofis, mieten, kaufen, wohnen und irgendwie auch MTV Cribs kombiniert. Eine Woche, fünf Kandidaten aus der Gastroszene, die sich gegenseitig einladen und bewerten. Vor Kurzem waren sie in Wuppertal und Umgebung, einem Ort, in dem das kulinarische Niveau auch "mal höher war", so eine Kandidatin – die sich selbst natürlich davon "massivst abhebt". Insgesamt sind die Teilnehmer in dieser "Mini-Staffel" allesamt mit einer merkwürdigen Selbstwahrnehmung ausgestattet. Alle scheinen sehr zerbrechlich, obwohl sie sich selber sehr gut finden, niemand nimmt Kritik an, lieber lassen sie sich auf endlose Diskussionen ein, in denen sie sich gegenseitig zurechtweisen. Als das italienische Restaurant der Woche dran ist und eine der Teilnehmerinnen den Chili, die Säure und den Pfeffer nicht erschmecken kann, regt sich der Gastgeber auf, das Gericht werde seit Jahrhunderten so zubereitet, sie solle sich nicht so haben. Dabei hatte sie nur das fade Essen kritisiert, die Umsetzung, nicht das Rezept als solches. Egal, Wutanfall.

Die Folgen beginnen oft damit, dass die Kandidaten erst mal in die Küche gehen und nach Hygienefehlern suchen. Was soll da schon schiefgehen? In der ersten Folge in der Woche findet eine Teilnehmerin in einer fremden Küche Fleisch, die in der ganzen restlichen Zeit betont, wie wichtig ihr Hygiene sei. Sie kommentiert den Fund so: "Lagerung: mangelhaft. Oder hier sogar ungenügend." Am nächsten Tag finden die Gäste bei ihr verschimmeltes Fleisch und vereistes Irgendwas in der Kühltruhe. Ein großer Teil der Sendung wird somit zu einem Hygienewettstreit: "Wer hat es am saubersten?" Das schaut man sich doch gerne an – über fünf Stunden. Wenn es doch mal nette Worte an die Konkurrenz gibt, dann kann man den Kandidaten den Widerwillen anmerken und ein Lob kommt nie ohne ein "Aber" an der richtigen Stelle aus. Alle Teilnehmer beschädigen sich ständig gegenseitig.

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Es ist ein Format, das zu übler Nachrede einlädt. Nach einem Dreh in Nürnberg meldete sich ein anonymer "Informant" bei der Lokalpresse, der sich "Gastro-Zorro" nannte und behauptete, die Sendung hätte nicht die Realität gezeigt. Den Teilnehmern der Sendung sei frische Ware serviert worden, allen anderen Gästen aber in Wahrheit Convenience Food. Gut, ja, das Fernsehen zeigt nicht immer die ganze Wahrheit, das weiß man auch und lässt für die Teilnehmer dieser Woche auch noch hoffen.

Während andere Formate funktionieren, weil sie Humor oder Selbstironie haben, so ist Mein Lokal, Dein Lokal in weiten Teilen bitterernst. Das perfekte Dinner etwa hat gute Autoren, die Witz reinbringen, oder Kandidaten, denen man auch mal was gönnt. Hier: nichts davon. Man schaut dabei zu, wie sich alle gegenseitig in die Scheiße reiten wollen.

Alles in allem ist die Sendung so passiv-aggressiv wie der Papst, wenn er Donald Trump ein selbstverfasstes Schreiben über den Klimawandel schenkt. Eine kleine Randnotiz: Der Titelsong ist "Safe and Sound" von Capital Cities. Wohl damit man weiß, was in der Sendung alles nicht passiert:

I could lift you up
I could show you what you want to see
And take you where you want to be
You could be my luck
Even if the sky is falling down
I know that we'll be safe and sound

Humor ist, wenn man trotzdem guckt.