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Nachtleben Zürich

Wie die Street Parade das Zürcher Nachtleben wieder für sich gewonnen hat

Unter anderem stellen das Klaus, Supermarket und der Club Bellevue Lovemobiles am Techno-Grossanlass.
Foto: Street Parade

Die Zeiten sind vorbei, in denen sich die Zürcher Nightlife-Szene den Mund über eine angestaubte Street Parade zerreisst. Ganz im Gegenteil: Das Team hinter dem grössten Techno-Event der Welt hat es in den letzten Jahren geschafft, dass sich Clubs, Party-Veranstaltende, Künstlerinnen und Künstler wieder auf die Street Parade freuen.

Es war eine grosse Überraschung, als das Klaus im frühen Sommer 2017 ankündigte, der Club werde mit einem Lovemobile an den Start gehen. Zuvor hatte fast zehn Jahre kein angesagter Club mehr aktiv an der Street Parade teilgenommen. Grund: Um die 2010er Jahre ist der Mega-Rave für seine EDM- und Trance-Ausrichtung in Verruf geraten, er sei zu kommerziell und gehe nicht mit der Zeit. Dieses Jahr zeichnet sich ein anderes Bild: Mit dem Klaus, Supermarket und dem Club Bellevue gehen gleich drei Zürcher Clubs mit Trucks an den Start.

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"Uns war klar, dass jemand den Anfang machen muss. Jetzt freut es uns mega, dass auch andere Clubs dabei sind", sagt Nici Faerber vom Klaus gegenüber Noisey. Hauptgrund für Nici und sein Team war die musikalische Neuausrichtung der Street Parade. 2017 strich Booker Robin Brühlmann EDM-DJs komplett von den sieben Bühnen, stattdessen setzt er voll auf Techno-Hochkaräter und die lokale Szene. "Es gab eine Zeit, in welcher an der Parade Musik im Zentrum stand, welche in den Clubs nicht mehr gespielt worden ist. Seit ein paar Jahren legt sie nun wieder mehr Wert auf aktuelle elektronische Musik. Nicht nur dies brachte die Parade und die Clubs wieder näher zusammen", sagt Alexander Bücheli von der Bar- und Club-Kommission Zürich. Das bestätigt auch Brühlmann: "Jetzt ist es so, dass sich alle Szenen und diverse Clubs wieder Gedanken machen, wie sie am Umzug der Street Parade teilnehmen können." So habe der Lovemobile-Rat so viele Anmeldungen wie schon lange nicht mehr erhalten. Zudem meint der Booker, die Kosten eines solchen Wagens würden inzwischen kaum noch eine Rolle spielen: "Die Frage ist nicht mehr, ob man sich das leisten kann. Es ist viel mehr: Lass uns das machen, weil wir es geil finden."


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Die Street Parade hat also ihren kommerziellen Anstrich abgelegt, es geht wieder um Techno und das Zelebrieren der Kultur – fast wie in den 90ern. "Natürlich ist so ein Lovemobile eine defizitäre Geschichte", sagt Faerber vom Klaus. Mit Deko und Soundanlage gehe der Aufwand schnell durch die Decke und würde 20.000 bis 40.000 Franken betragen. "Wir wollen aber nicht 250 Franken für ein Ticket verlangen oder den Wagen mit Werbung zukleistern." Man wolle einen Wagen stellen, weil es Spass mache – ganz wie Brühlmann sagt. Sandro Bohnenblust vom Supermarket sagt: "Wir wollen unser 20-jähriges Jubiläum zelebrieren, aber auch die Clubszene den Leuten wieder aktiv näher bringen." Und selbst Clubs, die 2018 nicht in der Wagenkolonne vertreten sind, wären gerne dabei gewesen. "Wir haben uns durchaus überlegt, selbst einen Wagen zu stellen. Leider hat die angestrebte Zusammenarbeiten mit einem Berliner Label nicht geklappt", sagt Nicola Schneider vom Hive. Es könne aber gut sein, dass der Club an der Geroldstrasse 2019 dabei sei.

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Doch nicht nur am Grossanlass selbst ist die Annäherung zu spüren und zu sehen. Seit vergangenem Jahr bringen der Verein Street Parade mit einem Nightlife-Guide, online und als Magazin, Techno-Touristen die Zürcher Clubs näher. "Längerfristig ist es unser Ziel, dass die Street-Parade-Gäste früher anreisen und die Stadt und ihr Nachtleben kennenlernen", sagt Brühlmann. Dieser Guide kommt laut Alexander Bücheli sehr gut an, da er eine niederschwellige Möglichkeit bietet, sich an der Parade zu beteiligen. "Die Street Parade hat so viel Ausstrahlung und Potenzial, welche auch zukünftig gemeinsam weiterentwickelt werden soll." Weil die Clubs trotz Nightlife-Guide noch keinen grossen Gästezuwachs verzeichnen könnten, spreche man zum Beispiel über eine offizielle Musikwoche um die Street Parade herum.

"Die Leute reden immer von London, Berlin oder Barcelona. Das Zürcher Nachtleben muss sich aber keineswegs verstecken – im Gegenteil! Wir haben alles vom Tableservice bis zum Kellerclub, in dem du halbnackt tanzen kannst", sagt Brühlmann. Diese wiedergefundene Passion für die eigene Szene ist ein gutes Zeichen. Wenn sich die positive Stimmung zwischen Street Parade und Clubs so weiterzieht, dürfen wir uns wohl wieder jedes Jahr auf den Techno-Umzug freuen.


Backflash in die 90er:


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