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Kunst

In Dresden versuchen sich Rechte jetzt als Künstler

Und es könnte gut sein, dass das ein richtiger Reinfall wird.
Foto: imago | imagebroker | Volker Preußer | Collage

Die Metapher ist wirklich nicht besonders subtil. Ein fünf Meter hohes Trojanisches Pferd soll am Freitag, dem 13. April, vor dem Dresdner Kulturpalast aufgestellt werden. Dahinter steckt die Bürgerinitiative "Kunst ist frei". Schon deren Name betont: "Wir dürfen das machen, steht ja im Grundgesetz." Geschenkt. Initiatoren des Projekts sind unter anderem der Pegida-Mitbegründer René Jahn und Andreas Hofmann alias DJ Happy Vibes. Das berichtet die Sächsische Zeitung. Man kann sich vorstellen, welche Aussage ihr Kunstwerk treffen soll: Wie Troja den im Pferdebauch verstecken Griechen, ist auch Deutschland listigen Fremden ausgeliefert, die sich mit bösen Absichten ins Land gemogelt haben.

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Die Macher des wohl 500 Kilogramm schweren Styroporrosses glauben, mit ihrem Kunstwerk "eine bildhafte Parallele zu unserer besorgniserregenden Gegenwart" gefunden zu haben. Das schreiben sie in einer Mitteilung auf Facebook. Und weiter: "Denn nicht in Folge eines Sieges der belagernden Invasoren, sondern durch Tücke und ohne die Einwohnerschaft Trojas zu befragen und ihnen damit die Möglichkeit zu gewähren mitzubestimmen, wurde dem Gegner die schützende Mauer geöffnet und das hölzerne Pferd unter Annahme falscher Prämissen leichtfertig in die Stadt gezogen." Wer es schafft, diesem Satz bis zu seinem Ende zu folgen, stellt fest: Da haben sie Recht. Die Trojaner wurden nicht befragt, bevor sie ermordet wurden. Über die Vernichtung ihrer Stadt durften sie nicht abstimmen. Was vielleicht nicht der einzige Teil des Vergleiches ist, der hinkt.

Eines zeigt das Dresdner Pferd aber unabhängig von der Intention seiner Macher: Kunst ist tatsächlich frei. Auch wenn sie Aussagen macht, die eine bestimmte Ideologie transportieren. Eigentlich keine neue Erkenntnis, in den letzten Jahren gab es eine ganze Reihe politischer Installationen: Die Stelen vor dem Haus von Björn Höcke, das "Monument" von Manaf Halbouni in Dresden, mit dem der Künstler auf den Bürgerkrieg in Syrien aufmerksam machte, oder, ebenfalls in der sächsischen Landeshauptstadt, das Kunstwerk "Lampedusa 361", bei dem Bilder von Flüchtlingsgräbern gezeigt wurden. In die Reihe dieser Kunstwerke wolle man auch das Trojanische Pferd stellen, heißt es in der Erklärung von "Kunst ist frei". Diese Kunstwerke hätten Diskussionen über den erzieherischen Aspekt von Kunst ausgelöst. Genau das wolle man mit der Aktion auch erreichen.

Wie die Sächsische Zeitung berichtet, ist Dresdens neuestes Kunstwerk ausschließlich mit Spenden finanziert worden. Diese seien an den Verein "Pro Mitsprache" geflossen. Dessen Vorstand nennt René Jahn als alleinigen Initiator des Kunstprojekts, schreibt die Sächsische Zeitung. Auf der Facebook-Seite von "Pro Mitsprache" gibt es Bilder von Menschen, die in einem Einkaufszentrum Grundgesetze verteilen, und Mahnsprüche zu "Dresdens Bombenopfern". Das Ganze gefällt 130 Personen. Alles hier sieht nach einer klassischen Pegida-Seite aus. Hinter dem Trojanischen Pferd steckt wohl keine neue Idee. Allerhöchstens beweisen hier Rechte: Wenn die Linken Kunst können, dann können wir das auch.

Schon jetzt zeigt sich, dass nicht nur die Kunst, sondern auch ihre Deutung frei ist. Der Dresdner Verein Atticus setzt sich für ein "lebendiges, weltoffenes, partizipatives, inklusives und vielfältiges Dresden und Sachsen" ein. Unter anderem kooperiert Atticus mit der Tolerade, einer Dresdner Tanzparade gegen Diskriminierung. Weiter weg von Pegida kann man kaum sein. Und trotzdem findet der Vereinsvorsitzende Eric Hattke das Trojanische Pferd von "Kunst ist frei" ziemlich gelungen. "Die Metapher stimmt schon", sagt er am Dienstag zu VICE. "Das Holzpferd kann den schleichenden Angriff auf die Grundwerte unserer Demokratie symbolisieren." Und der finde tatsächlich statt. Nur seien es nicht die Fremden, die eine Gefahr darstellen, sondern die Altbekannten. "Wie schon die Griechen geduldig in ihrem Holzpferd ausharrten und ihre Messer wetzten, so betreiben rechtsnationale Gruppierungen die Aufweichung unserer gesellschaftlich-moralischen Grenzen", sagt Hattke. Das ist wohl kaum die Deutung, die die Initiatoren des Kunstprojekts im Sinn hatten. Aber so ist es eben mit der Kunst: Hat man sie erst einmal geschaffen, verliert man die Kontrolle über sie.

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