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Verbrechen

Das ist die neue Berliner Strategie, um kriminelle Clans kleinzukriegen

Vor allem wollen die Behörden den Großfamilien ans Geld gehen.
Hunderte Männer drängen sich um den Kleinlaster, der den Sarg von Nidal R. transportiert.
Auf der Beerdigung des Intensivtäters Nidal R. in Berlin | Foto: Grey Hutton

Schießereien, Handgranaten, Hinrichtungen auf offener Straße – in Berlin ist die Straßengewalt in den letzten paar Monaten drastisch eskaliert, und daran sind immer wieder auch kriminelle Angehörige arabischer Großfamilien beteiligt.

Und weil das Berlin vor dem Rest von Deutschland langsam peinlich wird – vor allem, wenn vier Jungs aus einer solchen Familie dann auch noch in ein sehr bekanntes Museum klettern und eine 100 Kilo schwere Goldmünze einfach mitnehmen, als wären sie in einem französischem Heist-Film aus den 50ern – weil das also alles ein ziemlich schlechtes Licht auf die Strafverfolgung in der deutschen Hauptstadt wirft, hat die Berliner Politik jetzt beschlossen, mal ein bisschen Gas zu geben. Das Ergebnis: Ein Fünf-Punkte-Plan gegen Clan-Kriminalität.

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Video: Geständnisse eines Chefkochs


Das ist das Ergebnis eines Treffens, von den Medien schnell "Clan-Gipfel" getauft, das Innensenator Dirk Geisel (SPD) am Montagabend zusammengerufen hatte: Mit die höchsten Beamten in Berlin – der Justizsenator, die Generalstaatsanwältin, der Finanzsenator, dazu noch Vertreter der Polizei und der Verwaltungen – einigten sich erstmal auf die folgenden fünf Punkte:

  • Der wichtigste Punkt: In Zukunft sollen nicht nur Polizei und Staatsanwaltschaft, sondern auch Finanzämter, Jobcenter, die Ausländerbehörde und Ordnungs- und Jugendämter enger zusammenarbeiten. Dazu wird beim Landeskriminalamt eine neue "Koordinierungsstelle Organisierte Kriminalität" eingerichtet werden, die schon am Samstag ihre Arbeit aufnehmen soll.

  • Außerdem wollen die Behörden die Kriminellen in Zukunft noch stärker da packen, wo es richtig weh tut: An ihrem Geld. Wie alle kriminellen Organisationen müssen auch die Berliner Clans ihre Gewinne aus Einbrüchen, Drogenhandel und Erpressung irgendwie waschen. Beliebte Methoden sind über Strohmänner gekaufte Immobilien, aber auch Restaurants und Shisha-Bars. Um das schwerer zu machen, sollen Gewerbe- und Finanzkontrollen intensiviert werden – das heißt, dass das Ordnungsamt auch gerne zweimal in der Woche in derselben Shisha-Bar auftaucht –, und gleichzeitig sollen die Behörden auch hier zusammenarbeiten, indem sie alle ihre Informationen an die Steuerfahndung weitergeben.

  • Und nochmal ans Geld: Die Generalstaatsanwaltschaft wird eine Spezialabteilung gründen, die sich nur der "Abschöpfung kriminellen Vermögens" widmen soll. Das bedeutet mehr Aktionen so wie die, in der Behörden auf einen Schlag 77 Immobilien der Familie R. beschlagnahmt haben.

  • Die Al-Capone-Methode. Auch die kleinsten Verstöße sollen in Zukunft konsequent verfolgt werden: Verstöße gegen das Waffengesetz, illegale Autorennen, aber auch Falschparken und Ruhestörung.

  • Der komplizierteste Punkt: Prävention. Die soll Abschreckung, aber auch Angebote zum Ausstieg einschließen. Ob dazu dann auch die viel diskutierte Maßnahme gehört, kriminellen Eltern die Kinder wegzunehmen, ist noch offen, klingt aber eher unwahrscheinlich: Juristinnen haben bereits gewarnt, dass das wohl nur in einzelnen Fällen überhaupt erlaubt sein würde.

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Ein Zeichen ist damit also gesetzt, die Stadt will härter gegen die Clan-Kriminalität vorgehen. Die Frage ist natürlich, ob den Worten auch Taten folgen – und ob Berlin am Ende auch bereit ist, mehr Ressourcen in diesen Kampf zu investieren.

"Ohne einen konkreten Personalaufwuchs beim LKA Berlin und der Staatsanwaltschaft Berlin, nützen Verabredungen zur Koordinierung gegen die Organisierte Kriminalität nichts", schreibt der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion Tom Schreiber auf Twitter.

Der Innensenator hat jedenfalls gleich versucht, die Erwartungen zu dämpfen: "Organisierte Kriminalität wird nicht spontan bekämpft", sagte er der dpa. "Sondern wenn, dann nachhaltig, und das muss dann mit großer Sorgfalt geschehen." Gegen Sorgfalt hat bestimmt keiner was – Hauptsache, es geschieht dann auch wirklich.

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