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Heulsuse der Woche

Heulsuse der Woche: Alice Weidel (AfD) vs. Joachim Pfeiffer (CDU)

Die AfD-Fraktionschefin will Nazis nicht als Nazis bezeichnen und der CDU-Politiker bepöbelt Polizisten, nachdem er bei Rot über eine Ampel gegangen ist.
Fotos: imago | Jakob Hoff | phototek

Es ist mal wieder an der Zeit, sich über ein paar Menschen zu wundern, deren zarte Gemüter an der Komplexität der Welt zerschellen.

Heulsuse #1: Alice Weidel, Co-Vorsitzende der AfD-Bundestagsfraktion

Der Vorfall: Bei einer SPD-Pressekonferenz in Dortmund bezeichnet Martin Schulz wiederholte "Volksverräter"-Zwischenrufer der rechtsradikalen Partei "Die Rechte" als Nazis.

Die angemessene Reaktion: Solange Alice Weidel nicht weiß, von wem die Zwischenrufe kommen, gibt es keine Grundlage, um Schulz' Reaktion als richtig oder falsch bewerten zu können. Also: abwarten bis die Fakten da sind und sich dann äußern, oder gar nichts sagen.

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Die tatsächliche Reaktion: Die AfD-Politikern beschuldigte Martin Schulz bei Twitter, "fast reflexartig die Nazikeule" zu schwingen. Das sei eben "Souveränität auf Sozen-Art".

Dumm nur, dass Weidel damit selbst ein Beispiel par excellence in unsouveränem Verhalten lieferte. Denn wie sich herausstellte, kamen die Zwischenrufe von Angehörigen der neonazistischen Kleinpartei "Die Rechte". Schulz' Reaktion war also nicht völlig abwegig, sondern eigentlich ziemlich zutreffend. Das leuchtete schließlich auch Alice Weidel ein, sie bedauerte ihre Äußerung in einem weiteren Tweet.

Heulsuse #2: Joachim Pfeiffer, Bundestagsabgeordneter der CDU

Foto: imago | phototek

Der Vorfall: Der 50-jährige Politiker geht bei Rot über eine Ampel und wird von der Polizei erwischt. Die angemessene Reaktion: Den Fehler einsehen und das Bußgeld bezahlen, so wie ein gesetzestreuer Konservativer das auch von anderen erwarten würde. Die tatsächliche Reaktion: Pfeiffer krakeelte laut Bild irgendwas von "Bundestagsabgeordneter" und "Immunität". Dann bezeichnete er die Polizisten als "Arschlöcher".

Joachim Pfeiffer soll sich diese spätpubertäre Aktion laut Bild bereits Ende September 2017 geleistet haben: Gegen 23 Uhr habe der CDU-Politiker nach dem Cannstatter Volksfest bei Rot eine Straße überquert, als ihn ein Polizist zurückrief. Weil Pfeiffer nicht reagierte, habe ihn der Polizist am Arm gepackt. Daraufhin soll Pfeiffer nicht unbedingt mit der Bescheidenheit eines Bettelmönchs gerufen haben: ”Sie wissen wohl nicht, wer ich bin. Ich bin Bundestagsabgeordneter. Ich habe Immunität. Ich lasse mir von Ihnen doch nichts sagen!" Dann wechselte er elegant ins CDU-Bierzelt-Vokabular und erklärte dem Polizisten und seinem Kollegen: "Von euch Arschlöchern lass' ich mir doch nichts sagen.” Ob er außerdem drohte, alles seiner Mama zu sagen, dann gebe es "richtig aua", ist nicht bekannt, würde uns aber auch nicht überraschen. Die Polizisten zeigten den Politiker jedenfalls wegen Beleidigung an. Später, als der Vorfall bei der Staatsanwaltschaft lag, bewies Pfeiffer aber doch noch, welch ein Ehrenmann in ihm steckt. Wie er der Presse mitteilte, habe er sich bei den Polizisten persönlich entschuldigt. Wirklich ein beispiellos bewundernswerter Move von einem, der eigentlich glaubt, über dem Gesetz zu stehen. Die Staatsanwaltschaft hat daraufhin angekündigt, das Verfahren einzustellen.

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