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Zu Besuch bei Glenn Greenwald

Für den Hüter der Geheimnisse Edward Snowdens ist der Kampf gegen Überwachung spätestens seit der willkürlichen Festsetzung seines Partners auch persönlich geworden.

Vor den Snowden-Enthüllungen lebte der US-amerikanische Journalist und Autor Glen Greenwald mit seinem Ehemann David Miranda in Rio de Janeiro, weil die Gerichte seines Heimatlandes ihre Hochzeit nicht anerkennen würden. Im Juni 2013 begann dann die Veröffentlichung jener Dokumente, die zur größten Enthüllungsgeschichte des Jahres werden sollte—und es war zufälligerweise auch der Monat, in dem der Oberste Gerichtshof in Washington die Ablehnung gleichgeschlechtlicher Ehen in Frage stellte. So stand das Paar erneut vor der Entscheidung doch noch nach New York zu ziehen.

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Aber weil Glenn Greenwald derjenige war, der zuerst über die klassifizierten NSA-Dokumente berichtete, war seine persönliche Freiheit plötzlich von ganz anderer Seite bedroht. Schließlich hatte er selbst höchstpersönlich den Whistleblower Snowden gemeinsam mit Laura Poitras in Hong Kong getroffen. Bei seinem ersten Stop außerhalb der USA kam es zur Übergabe der Dokumente und zur Besprechung ihrer Publikationsstrategie.

„Die Regierung der USA und Großbritanniens hassen den Journalismus, den wir betreiben", erzählte er VICE in seinem Haus in der Nähe von Rio de Janeiro in Bezug auf die elfstündige Festsetzung seines Partners David Miranda auf einem Londoner Flughafen. Miranda wurde auf der Basis eines Anti-Terror-Gesetzes festgehalten, was „ihre Art war uns wissen zu lassen, schaut her, was wir, wenn wir wollen, mit Leuten machen, die uns herausfordern."

Greenwald kann der Ungerechtigkeit schließlich auch etwas Positives abgewinnen: „Zunächst war ich wütend, dass sie es auf jemanden abgesehen hatten, der nur am Rande mit den Ereignissen zu hatte, statt Laura oder mich oder andere Journalisten, mit denen wir arbeiteten ins Visier zu nehmen," sagt Greenwald zur willkürlichen Festsetzung seines Partners. „Aber gleichzeitig fand ich es äußerst ermutigend. Sie zeigten der Welt wahres Gesicht und wie missbräuchlich sie mit der Ausübung ihrer Gewalt tatsächlich umgehen wollen. Das machte mir klar wie notwendig es ist, dafür zu kämpfen ihre Aktivitäten transparent zu machen."

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Bevor er Journalist wurde, arbeitete Greenwald als Anwalt für Prozessrecht. Schließlich schrieb er bis 2012 für die Onlineplattform Salon.com und brachte bis heute mehrere Bücher heraus, deren Titel sein zunehmendes Interesse für die politischen Aspekte der globalen Informationsgesellschaft zeigen: How Would a Patriot Act?, A Tragic Legacy, Great American Hypocrites und With Liberty and Justice for Some. 14 Monate arbeitete Greenwald als Kolumnist beim Guardian, bis er schließlich mit den Leaks zu Programmen wie PRISM, die wohl umfänglichste Enthüllung von Geheimdienstaktivitäten der Geschichte in Gang brachte.

Nicht nur auf dem diesjährigen Kongress des Chaos Computer Club, wo seine Rede zwei riesige Säle bis auf den letzten Platz füllte, sondern auch von vielen Menschen weltweit, wird seine Arbeit als heldenhaft, während einzelne US-Abgeordnete sogar gegen ihn als Journalisten Strafverfolgungsmaßnahmen angedroht haben. Zuletzt hat er angekündigt, dass er sich wieder mit der Dokumentarfilmerin Laura Poitras und zusätzlich dem Journalisten Jeremy Scahill zusammentut, um ein neues Medium, First Look Media, zu starten, das von eBay-Gründer Pierre Omydyar unterstützt wird. Wir haben uns mit ihm in Rio über seine Arbeit mit Edward Snowden und die persönlichen und politischen Implikationen seines Kampfes zur Enthüllung der ausartenden Geheimdienstüberwachung gesprochen.

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