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Dieser Darknet-Hacker jagt Pädophile, um sie zu enttarnen und zu erpressen

„Die Leute sind bereit, ziemlich viel zu bezahlen, damit ihre dunkelsten Geheimnis nicht öffentlich werden.“
Foto: Imago/Westend

Ein Darknet-Hacker mit dem Namen Loveandmercy hat sich der Jagd auf Pädophile verschrieben. Er hat ein System entwickelt, um ihre Identität zu ermitteln und im Deepweb zu veröffentlichen und daraus auch noch für sich Kapital zu schlagen.

Loveandmercy gibt sich in Chatrooms als 14-jähriges Mädchen aus und wartet darauf, dass mutmaßliche Pädophile ihn ansprechen. Dann versucht der Hacker so viele Informationen wie möglich von seinen Chat-Partnern zu bekommen, identifiziert sie und veröffentlicht schließlich persönliche Details über sie auf einer Darkweb-Seite.

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„Ich habe die Seite vor ein paar Wochen gebaut und seitdem langsam mit Informationen gefüllt", berichtet der Hacker gegenüber Motherboard in einem verschlüsselten Chat. Diese Daten über mutmaßliche Pädophile sammelt Loveandmercy nun schon seit einigen Monaten.

„Ich achte darauf, gleich am Anfang klarzustellen, dass ich erst 14 bin."

Aktuell listet die vom Hacker betriebene Doxing-Seite „Exposed" fünf Personen, von denen Loveandmercy glaubt, dass es sich bei ihnen um Pädophile handelt. Von einigen hat er Skype-Nutzernamen, Email-Adressen, Social Media-Accounts, Handynummern, Adressen und in einem Fall auch eine US-amerikanische Social Security Number mit angegeben.

„Ich logge mich in Teenager-Chatrooms und -kanäle ein und gebe mir einen Nickname, aus dem ersichtlich ist, dass ich minderjährig bin. Meist nutze ich ICQ im IRC-Netz, aber gelegentlich auch andere Chat-Kanäle", erklärt Loveandmercy. ICQ wird meist über das sogenannte Surface Web, also das allgemein zugängliche Internet, verwendet.

Wie ein computergeneriertes Mädchen tausende Pädophile entlarvt hat

„Schon nach wenigen Minuten habe ich fünf bis zehn Nachrichten von ihnen", erklärt Loveandmercy in Bezug auf die mutmaßlichen Pädophilen. „Ich achte darauf, dass ich als erstes immer sage, dass ich 14 Jahre alt bin, aber das scheint die wenigsten von ihnen zu stören."

Auf seiner Seite veröffentlicht der Hacker auch die Mitschriften dieser Chats, die häufig zeigen, dass seine Gesprächspartner sich mit ihm auch im echten Leben treffen wollen und nach sexuellem Kontakt zu jungen Mädchen suchen. Sobald der Chat läuft, versucht Loveandmercy an die Mailadressen der vermeintlichen Pädophilen zu kommen, zum Beispiel in dem er den Hacker fragt, an welche Adresse er denn ein paar Bilder senden könnte.

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Pädophile outen sich auf Reddit

„Du wärst erstaunt, in wie vielen Fällen die Emailadressen, die ich bekomme, mit Facebook-Accounts oder anderen Social-Media-Konten verbunden sind." Wenn er nicht an die Adresse kommt, versucht Loveandmercy, seine Gesprächspartner dazu zu bringen, auf einen Link zu einem von ihm betriebenen Server zu klicken und so ihre IP-Adressen zu speichern. Wenn die mutmaßlichen Pädophilen allerdings einen VPN oder Tor nutzen, dann gibt Loveandmercy normalerweise auf: „Ich habe es hier vor allem auf die kleineren Fische abgesehen."

Die erbeuteten Informationen schickt der Hacker allerdings nicht an die zuständigen Ermittlungsbehörden, da er diesen nicht zutraut, angemessen gegen die Verdächtigten vorzugehen: „Diese Memmen, die eigentlich dafür zuständig sind, Kinderschänder festzunehmen, tun doch eh nichts", erklärte er (oder sie) gegenüber Motherboard. „Statt die Polizei zu kontaktieren, schreibe ich direkt ihre Freunde und Verwandte an und schicke ihnen einen Link zu der Seite, damit sie alles mit eigenen Augen sehen können."

„Die Leute sind bereit, ziemlich viel zu zahlen, damit ihre dunkelsten Geheimnis nicht öffentlich werden."

Loveandmercy gibt zu, dass seine Opfer auch gestohlene Identität verwenden könnten oder von anderen absichtlich in Bedrängnis gebracht werden sollten. „Aber meistens kann man ja schon selbst sehen, was Sache ist, in dem du ihnen einen E-Mail schreibst, sie anrufst oder ihre Facebook-Seite checkst."

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Ermittlungsbehörden warnen immer wieder eindringlich vor Doxing-Aktionen und dieser Form von Selbstjustiz, die von der Unschuldsvermutung bis zur Verifizierung der Ermittlungen nur schwer garantieren kann, die offiziellen rechtsstaatlichen Vorgaben einzuhalten. Die britische National Crime Agency beispielsweise erklärte zum Fall von Loveandmercy, dass sie Selbstjustiz in keinem Fall unterstützte, da sie laufende Ermittlungen kompromittieren könne. Persönliche Informationen zu veröffentlichen, ist zwar nur in manchen Fällen und abhängig von der Art der Daten illegal—doch wenn die Informationen zur Erpressung genutzt werden, dann handelt es sich in jedem Fall um eine Straftat.

Die Aktionen von Loveandmercy haben aber auch noch einen besonderen Haken im Vergleich zu anderen selbsterklärten Pädophilen-Jägern: Denn der Hacker fordert von den enttarnten mutmaßlichen Pädophilen Geldzahlungen, damit keine Details, die zu ihrer Identifizierung führen würden, öffentlich werden.

Eines der von Loveandmercy veröffentlichten Chatlogs zeigt, wie ein solcher Erpressungsversuch abläuft: „Du bist hier ein bisschen in der Bredouille", schreibt der Hacker einem seiner „Opfer". „Sende mir fünf Bitcoins (umgerechnet laut aktuellem Kurs mehr als 1600 Euro), oder ich werde allen von deinem kleinen dreckigen Geheimnis erzählen. Allen drei Frauen, die du geheiratet hast, deinen Kindern [Name des Kindes] und [Name] und deinen Angehörigen. Ich werde dich fertig machen, wenn du nicht zahlst."

Der Hacker gibt an, bereits einige tausend Dollar mit solchen Erpressungsaktionen verdient zu haben. Schon vor dem Start seiner Seite hätten bereits einige seiner Opfer bezahlt. „Das ist gar keine Strafe oder so. Ich mache das einfach, um für mich Geld zu verdienen. Was könnte schlimmer sein, als deine dunkelsten Geheimnisse veröffentlich zu sehen? Die Leute zahlen viel, um das unter Verschluss zu halten."

Die Darknet-Seite von Loveandmercy ist nicht das erste Mal, dass Hacker selbstständig Jagd auf Pädophile machen. Die Anonymous-Operation „PedoChat" beispielsweise zielte auf rund 100 Websites mit kinderpornographischem Inhalt und versuchte Nutzer zu enttarnen.

„Ich kann nur jeden ermutigen, einmal selbst in so einen Chatraum zu gehen uns sich als Minderjährige auszugeben", bekräftigte Loveandmercy abschließend seinen Glauben an die Selbstjustiz. „Es gibt da draußen eine unangenehm große Menge kranker Leute, die es auf junge ahnungslose Jungs und Mädchen abgesehen haben. Viele Menschen wissen einfach nicht, wie groß das Problem ist und wie wenig die Regierung tut."