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​Prozessbeginn: 31-Jährige verklagt Bayer wegen Anti-Baby-Pille

Nachdem sie an den Nebenwirkungen der Pille „Yasminelle" fast gestorben wäre, kämpft die Felicitas Rohrer jetzt vor Gericht dafür, dass der Pharmariese das Medikament vom Markt nehmen muss.
Felicitas Rohrer (rechts) bei einer Informationsveranstaltung zu den Risiken der Anti-Baby-Pille. Foto: Facebook

Felicitas Rohrer klagt gegen den Pharma-Riesen Bayer. Sie wäre an den Nebenwirkungen von Bayers Anti-Baby-Pille „Yasminelle" fast gestorben. Eine doppelte Lungenembolie überlebte Felicitas nur mit Glück. Heute beginnt im Landgericht von Waldshut-Tiengen in Baden-Württemberg Rohrers Prozess gegen den Pharmakonzern. Die 31-jährige Felicitas Rohrer verlangt 200.000 Euro Schmerzensgeld.

Die Bayer-Antibabypille „Yasminelle" soll zwar laut Verpackungshinweisen ein erhöhtes Thromboserisiko verursachen, dass jedoch die Gefahr einer lebensgefährlichen Lungenembolie besteht, war für Rohrer nicht ersichtlich. Bayer hat die Informationen auf der Packungsbeilage inzwischen mehrfach aktualisiert.

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Am 11. Juni 2009 war die sportliche Nichtraucherin im Alter von 25 Jahren völlig unerwartet in den Armen ihres Freundes zusammengebrochen: „Mir wurde plötzlich schwindelig, bevor ich ohnmächtig zusammengesackt bin", erklärte sie gegenüber der taz. Im Krankenhaus wurde ihr nach etlichen Reanimationsversuchen schließlich der Brustkorb geöffnet, um zwei Nierenschalen voller Blutgerinnsel aus beiden Lungenflügeln herauszuschneiden. Ihr Herz blieb während der OP stehen—sie galt 20 Minuten lang als klinisch tot.

Rohrer ist dabei nur eine Betroffene unter vielen, wie sie im Rahmen ihrer eigenen Recherchen herausfand. Über eine Website, auf der Rohrer ihre Geschichte erzählte, stellte sie Kontakt zu anderen jungen Frauen her, die ebenfalls teils schwere gesundheitliche Schäden durch die Nebenwirkungen von Bayer-Pillen erlitten hatten. Insgesamt 478 Fälle kann Felicitas bereits dokumentieren—darunter ein Todesfall aus der Schweiz. Sie wird diese Liste mit ins Gericht nehmen—für den Fall, dass die Bayer-Anwälte ihre Geschichte als Einzelfall abtun. Nachdem sie einen Vergleich mit Bayer abgelehnt hat, ist sie nun die dritte Person, die die Nebenwirkungen der Pille vor einem deutschen Gericht verhandelt. Zwei vorherige Klagen konnte der Pharmariese in Deutschland bereits erfolgreich zurückweisen.

In den USA dagegen haben sich nach mehreren Todesfällen und schweren Erkrankungen rund 10.000 Frauen einer Sammelklage angeschlossen und konnten bereits einen Schadensersatz in Höhe von 1,9 Milliarden Dollar erstreiten.

Felicitas Rohrer hatte das Glück zu überleben, auch wenn sich ihr Leben seit dem Zusammenbruch vollkommen verändert hat: Die Tiermedizin-Studentin wird keine Kinder kriegen können, da sie blutverdünnende Medikamente nehmen muss, die ein hohes Risiko für eine Schwangerschaft bergen. Jeden Tag muss sie an den Lymphomat, ein Gerät, das ihre Beine durchschüttelt. Ihr Körper braucht diese Unterstützung von außen, weil die Venen nicht mehr elastisch sind und sich in den Lymphen Wasser staut. Aus diesem Grund wird sie auch keine feste Ganztagsstelle annehmen und als auch Tierärztin auf Grund der körperlichen Belastung nicht mehr arbeiten können.

Ob Felicitas Rohrer mit ihrer Klage in Deutschland Erfolg haben wird ist ungewiss. Neben dem Schadensersatz will sie vor allem erreichen, dass die Pille vom Markt genommen wird. Bayer jedoch weist alle Forderungen zurück. Der Konzern teilte mit, dass jegliche Ansprüche unbegründet seien und er sich zur Wehr setzen werde.