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Physiker tweetet Entdeckung von Gravitationswellen und nervt seine Kollegen

Einfach mal ein wissenschaftliches Gerücht in die Welt setzen—für Lawrence M. Krauss durchaus ok.
Bild: imago/ CTK Photo

Nicht nur in der Schule, auch in der Wissenschaft gibt es vorlaute Bengel, die Dinge heraus posaunen, mit denen sich die anderen daraufhin herumschlagen müssen. Zur Zeit sorgt in der Wissenschaftscommunity ein Tweet des rennomierten Physikers Lawrence M. Krauss für hohe Wellen.

Bereits im September hatte er das Gerücht in die Welt getwittert, die geheimnisvollen, von Einstein prophezeiten Gravitationswellen könnten nun endlich nachgewiesen worden sein. Das behauptet er nun abermals und nervt seine Kollegen erneut mit möglicherweise vorschnell verbreiteten Infos.

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Ob die Gerüchte nun stimmen oder nicht, ist bisher jedenfalls nicht bestätigt. In jedem Fall wäre der Beweis von Gravitationswellen ein ziemliches Spektakel, das die Wissenschaftswelt in helle Aufregung versetzen würde. Bei dem von Einstein vor 100 Jahren vorhergesagten Phänomen handelt es sich um Wellen, die die Raumzeit mit Lichtgeschwindigkeit durchqueren und dabei bestimmte Abstände des Raumes vorübergehend stauchen oder strecken. Sie könnten durch eine Supernova oder ein ähnlich gravierendes energieabsonderndes Ereignis ausgelöst werden und sich wie Wellen auf einem stillen See ausbreiten. So zumindest die Theorie.

Seit Jahren bemühen sich die Wissenschaftler nun, diese Wellen in der Raumzeit nachzuweisen, doch bisher ohne Erfolg. Es wurde allerdings schon prognostiziert, dass 2016 das Jahr sein wird, in dem die Gravitationswellen nun endlich verifiziert werden können. Sollte das jedoch bereits in der zweiten Januarwoche geschehen sein, hätten wir es mit einer ziemlichen Überraschung zu tun.

100 Jahre E=mc²: Als Raum und Zeit eins wurden

Was veranlasste Krauss jedoch dazu, seinen Tweet abzusetzen? Im letzten Jahr bekam das Laser Interferometer Gravitational-Wave Observatory (LIGO), ein Zusammenschluss von Physikern des MIT und Caltech, ein Upgrade, eine Woche später setzte Krauss bereits seinen ersten aufgeregten Tweet ab. Angeblich wollte er in Wissenschaftszirkeln kursierenden Annahmen eine Stimme geben und die Öffentlichkeit an den internen Vermutungen teilhaben lassen. Vielleicht ist er aber auch einfach nur ein wenig zu leidenschaftlich.

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Belegt wurden die Gerüchte bisher nicht, und auch das LIGO äußert sich nicht konkret, sondern sagt, sie würden die Behauptungen weder verifizieren noch verneinen. Bisher müssten erst einmal die Daten geprüft und analysiert werden. Krauss selbst ist übrigens noch nicht einmal in die Forschung am LIGO involviert.

Durch den unüberlegten Tweet steht die Wissenschaftswelt nun vor einem kleinen Dilemma und wird in der nächsten Zeit wohl genau darauf achten, wann sie mit einer Meldung über die Entdeckung von Gravitationswellen an die Öffentlichkeit gehen wird. Selbst wenn an den Gerüchten wirklich etwas dran sein sollte, werden sie ihre Ergebnisse wohl erst dann publik machen, wenn die Entdeckung felsenfest belegt ist.

Was passiert wenn zwei Schwarze Löcher aufeinander treffen?

Verständlicherweise sind zahlreiche Wissenschaftler, ob nun an dem speziellen Projekt beteiligt oder nicht, recht angesäuert angesichts des Verfahrens ihres Kollegen. Ihnen ist schließlich daran gelegen, die Glaubwürdigkeit ihres Berufsstandes zu wahren und nicht aufgrund von unüberlegten Social-Media-Postings in Verruf zu geraten.

David Showmaker vom MIT äußerte sich diesbezüglich beim New Scientist: „Wenn wir etwas zu der Diskussion beizutragen haben, werden wir das anders vermitteln als über die Gerüchteküche."

Krauss selbst sieht die ganze Debatte recht entspannt: „Ich habe keine Ahnung, ob an dem Gerücht etwas dran ist", erzählt er dem Guardian. „Wenn ich in den nächsten zwei Monaten nichts höre, gehe ich davon aus, dass es falsch ist."