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Die Nachrichten nach dem Kater

Hangover-News, 3. April 2017

Die Polizei badet eine Sitzblockade gegen Pegida in Pfefferspray, ein 14-Jähriger wurde wegen einer "Facebook-Live-Vergewaltigung" festgenommen und ein Geflüchteter muss für die Überführung seiner bei der Flucht gestorbenen Familie zahlen.

Foto: Lionel C. Bendtner

April, April. Es war das Wochenende der schlechten Aprilscherze. Das Auswärtige Amt führte das "Facebook-Fax" ein, Corny einen Mett-Müsliriegel. Haha. NICHT. In Zeiten von Fake-News und Reichsbürgerverschwörungen bleibt da irgendwie das Lachen im Hals stecken. In Norwegen und Schweden haben viele Medien deshalb auf 1.-April-Scherze verzichtet. Angesichts der aktuellen Diskussionen um Glaubwürdigkeit der Presse finden diese Aprilscherze unangebracht und verzichteten darauf, absurde falsche Meldungen zu veröffentlichen. Man kann es aber auch positiv sehen:

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Am Wochenende wurde aber nicht nur dumm gescherzt, denn viele Nachrichten waren alles andere als witzig: Die Polizei fasst den ersten Verdächtigen, der bei einer Vergewaltigung, die live auf Facebook gestreamt worden war, mitgewirkt haben soll. Berliner Schüler mobben einen jüdischen Jungen so sehr, dass er die Schule wechseln muss. Eine Sitzblockade gegen Thügida (Pegida-Ableger in Thüringen) wird mit Pfefferspray geräumt und dann ging es auch noch Bartträgern im chinesischen Xingjiang an die Kinnlocken. Willkommen zu den Hangover-News.

Jüdischer Junge wird so gemobbt, dass er die Schule wechselt

An einer Berliner Schule wurde vier Monate lang ein jüdischer Schüler wegen seiner Religion schikaniert. Nachdem einige Mitschüler ihn angegriffen, gewürgt und mit einer täuschend echten Pistole bedroht hatten, wurde am Wochenende nun bekannt, dass er die Friedenauer Gemeinschaftsschule verlassen hat. Zuerst seien die Klassenkameraden nett zu ihm gewesen, sagte die Mutter des Schülers dem Jewish Chronicle. Doch nachdem er über seine Religion gesprochen hatte, wendeten sich seine Freunde gegen ihn. Die Schule versucht, sich in einem offenen Brief zu erklären: "An unserer Schule werden wir weiterhin an dem Thema arbeiten und sehen das schlechte Beispiel der letzten Ereignisse als Chance, daraus zu lernen und besser zu werden." Weiter heißt es, die Täter seien angezeigt und Schulverweise in die Wege geleitet worden.

Flüchtling muss für tote Familie zahlen

Seine zwei Kleinkinder und seine Frau sind auf dem Mittelmeer vor der türkischen Küste ertrunken. Sie waren unterwegs zum Familienvater, Salah J. – einem syrischen Flüchtling, der gerade in Ratingen (NRW) lebt –, obwohl die deutschen Behörden dem Syrer keinen Familiennachzug gestattet hatten, berichtet die Rheinische Post. Sie versuchten es trotzdem – und starben dabei. Weil der Nachzug nicht erlaubt war, musste Salah J. die Kosten dafür, seine tote Familie von der Türkei nach Syrien zu überführen, selbst zahlen. Die benötigten 2.000 Euro kamen dank eines Spenden-Aufrufes seines Anwalts zusammen.

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Mit Pfefferspray gegen Sitzblockade

Foto: Lionel C. Bendtner

Freitag ist immer Thügida-Zeit in Sonneberg, da zieht Thüringens Pegida-Ableger zieht durch die Straßen – wenn er nicht behindert wird. Ungefähr 15 Leute aus einer Gruppe von Gegendemonstranten setzten sich vergangenen Freitagabend den "patriotischen Europäern" in den Weg. Als die Polizei die Sitzblockade räumen wollte, kam Pfefferspray zum Einsatz. Und das wohl ohne Vorwarnung, wie Zeuge Lionel C. Bendtner, der das Geschehene fotografierte, gegenüber VICE bestätigt: "Von der Blockade ging keine Gewalt aus. Die Polizei griff die Sitzblockade ohne ersichtlichen Grund mit Pfefferspray an. Zunächst wurden ein paar Menschen von der Straße gezogen und dann erfolgte der erste Einsatz von Pfefferspray." Bei der zuständigen Landesinspektion Saarfeld war am Sonntagabend niemand zu erreichen. Laut Thüringen24.de befasst sich diese allerdings bereits mit der Sache: Eine unabhängige Ermittlungsbehörde der Polizei werde gegen die Kollegen ermitteln. Die Betroffenen hätten Anzeige erstattet.

Fahndungserfolg nach Facebook-Vergewaltigung

Nach der Gruppenvergewaltigung einer 15-Jährigen, die am 19. März live auf Facebook zu sehen war, konnte die Polizei in Chicago einen ersten Verdächtigen festnehmen. Das verkündete Polizeisprecher Anthony Gugliemi auf Twitter:

Der Chicago Tribune berichtet, es handele sich um einen 14-Jährigen.

Rund 40 Menschen schauten laut US-Medien die Vergewaltigung live bei Facebook an, keiner meldete es der Polizei. Die Mutter überreichte der Polizei schließlich Screenshots aus dem Facebook-Video. Die Polizei sucht nun nach den fünf weiteren Vergewaltigern. Dem Verdächtigen wird sexueller Übergriff sowie Herstellung und Verbreitung von Kinderpornografie vorgeworfen.

Bart? Ab!

Die südchinesische Provinz Xinjiang hat Träger langer Bärte ins Auge gefasst. Zu üppiger Haarwuchs ist der Regierung ein Dorn im Auge. Deshalb gibt es nun ein Gesetz, das "abnormal" lange Bärte verbietet. Ebenfalls neu verboten: Verschleierung in der Öffentlichkeit. Ihr riecht den Braten? Genau: Das Gesetz richtet sich gegen Muslime – und zwar gegen die muslimischen Uiguren, von denen viele in Xinjiang leben. Und die Regierung in Peking? Rechtfertigt das Gesetz als Präventionsmaßnahme vor Terror und Extremismus.

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