Weihnachten im Maßnahmenvollzug
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Weihnachten

Weihnachten im Maßnahmenvollzug

So verbringen sogenannte "geistig abnorme Rechtsbrecher" das Weihnachtsfest.

Wer in Österreich ein Verbrechen begeht, das mit einer mindestens ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe geahndet wirdaufgrund mangelnder Schuldfähigkeit aber nicht verurteilt werden kann, der findet sich in der Regel im sogenannten Maßnahmenvollzug wieder.

Der Maßnahmenvollzug gilt als das härteste Mittel der österreichischen Justiz—wer einmal dort hinverlegt wird, hat oft schlechte Chancen, ihn in absehbarer Zeit wieder zu verlassen. Nicht nur deswegen steht er seit Jahren heftig in der Kritik. Gewisse Aspekte wurden in letzter Zeit zwar verbessert—große Teile der Reformierung, wie etwa das sogenannte "Maßnahmengesetz", das Justizminister Wolfgang Brandstetter angekündigt hat, stehen aber nach wie vor aus.

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Trotz der oft alles andere als optimalen Rahmenbedingungen geben viele der Menschen, die im Maßnahmenvollzug arbeiten, ihr Bestes, um das Leben der Insassen so perspektivenreich und sinnvoll wie möglich zu gestalten. Martin Kitzberger ist Psychologe und Leiter des forensischen Zentrums Asten (FZA), in dem psychisch kranke Rechtsbrecher untergebracht sind. Wir haben ihn gebeten, niederzuschreiben, wie das Weihnachtsfest für die Menschen dort aussieht.


Bereits zu Beginn der Adventszeit wurde von den Insassen mit Unterstützung der BetreuerInnen weihnachtliche Dekoration für alle Bereiche im Haus selbst angefertigt. Es wurden Adventskränze gebunden, Adventskalender gestaltet und Christbaumschmuck erzeugt. Außerdem wurden Christbäume bei begleiteten Ausgängen mit Klienten gekauft, die auf den Wohngruppen und im Besucherbereich aufgeputzt werden. In den Gemeinschaftsküchen des Therapeutischen Zentrums wurden Kekse gebacken und von den Klienten werden für die eine oder andere Extra-Speise zu Weihnachten Vorbereitungen getroffen.

In der Weihnachtszeit herrscht Hochkonjunktur, was das Erhalten von Briefen und Paketen "von draußen" betrifft und die Klienten bekommen in den Weihnachtsfeiertagen vermehrt Besuch von Angehörigen und FreundInnen. Viele Insassen nützen die Weihnachtszeit, um für ihre Angehörigen Grußkarten oder Geschenke in der ergotherapeutischen Werkstatt zu produzieren—sei es ein Häferl aus gebranntem Ton, ein selbst geflochtener Korb oder ein selbstgemaltes Bild.

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Am 22. Dezember findet eine gemeinschaftliche ökumenische Weihnachtsfeier der Seelsorge mit Tee, Obst und den selbstgebackenen Keksen statt. Gemeinnützige MusikerInnen, die ein kleines Konzert weihnachtlicher Musik geben und zum Mitsingen animieren, sowie ein Krippenspiel der Theater-Therapiegruppe des FZA sind fixe Bestandteile dieser jährlichen Veranstaltung für die Insassen.

"An den Feiertagen gibt es vermehrt Angebote wie gemeinsames Kochen, Musizieren und Singen, Spiele- und Gesprächsgruppen oder Sport."

An den tatsächlichen Weihnachtsfeiertagen ruhen die meisten Therapie- und Beschäftigungsmodule, wobei und es vermehrt Angebote für Beschäftigung und Freizeit gibt, wie das bereits angesprochene gemeinsame Kochen, Musizieren und Singen, Spiele- und Gesprächsgruppen oder Sport.

Trotz der beschriebenen Ausrichtung auf Normalisierung und Besinnlichkeit, ist und bleibt das FZA auch zu Weihnachten eine "totale Institution", wie die Soziologie solche nach außen geschlossenen Institutionen nennt. Obwohl das FZA im Sinne des Gesetzes—Abbau der Gefährlichkeit psychisch kranker Täter— nach innen therapeutisch orientiert ist. Allgemeine Beschränkungen, vor allem was die Außenorientierung betrifft, sind prinzipiell das ganze Jahr gegeben.

Und so sind etwa Ausgänge mit Angehörigen nur bei positivem Störungs- und Gefährlichkeitsabbau-Verlauf möglich. Lässt sich die psychische Störung und die damit in Verbindung stehende Gefährlichkeit ausreichend behandeln und greifen Therapien, sodass nicht mehr zu befürchten ist, dass andere Menschen dadurch gefährdet sind, so können auch Insassen des FZA auf ein kommendes Weihnachtsfest in Freiheit hoffen.