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3 d essen

In deutschen Altenheimen bekommst du Essen aus dem 3D-Drucker

In Deutschland hat das Drucken von 3D-Essen eine neue Dimension erreicht. Patronen von 3D-Druckern werden mit verflüssigtem Gemüse, Fleisch und Kohlehydraten befüllt. Das Ergebnis nennt sich Smoothfood und ist für Altenheime gedacht.
Photo via Biozoon

Du kannst quasi jeden Fraß in 3D ausdrucken, seien es nun geriffelte Mais-Chips oder saure Apfelringe. Aber neben dem Offensichtlichen, wie zum Beispiel am Computer gestaltete Kuchenglasur, haben sich die 3D-Essensdrucker inzwischen selbst übertroffen. Wenn du willst, kannst du dir deinen eigenen Natural Machine's Foodini genau so wie eine Kaffeemaschine oder eine Mikrowelle (für nur 1000 Euro!) zulegen, oder, falls du ein Astronaut bist, dir einen Weltall-3D-Pizzadrucker von der NASA besorgen, für 92.000 Dollar. Wie dem auch sei, auch wenn aus Druckerdüsen herausquellender Glibber nicht gerade appetitlich klingt, so kann dieser doch Leben retten.

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Photo via Biozoon

Fotos: © Biozoon , © De Grood Innovations BV, © Fotografie Katharina Jäger, 2011

In Deutschland hat das Drucken von 3D-Essen eine neue, abgefahrene Dimension erreicht. Bei einem Projekt werden die Patronen von 3D-Druckern mit verflüssigten Gemüsesorten, Fleischstücken und Kohlenhydraten befüllt, alles für ein Essen names Smoothfood. Für die Mahlzeiten, die für Senioren in Altenheimen entwickelt wurden, werden frische Zutaten verwendet, darunter Spargel, Fleisch und Kartoffeln. Diese werden für Patienten püriert, die Schwierigkeiten beim Kauen und Schlucken haben. Die Mahlzeiten werden nicht in den Küchen der Altenheime zubereitet, sondern individuell in einer Druckerei im holländischen Nijmegen hergestellt, per QR-Code bestellt und auf Plastiktellern serviert. Normale Mahlzeiten sind für Leute mit Dysphagie nur schwer zu verdauen, und so werden die Patienten vor dem Verschlucken bewahrt, wenn das Essen in ihrem Mund zerläuft.

Wir haben mit Sandra Forstner, Projektmanagerin bei Biozoon, gesprochen. Dabei ging es um den Geschmack des Essens aus dem 3D-Drucker und die Lieblingsgerichte in den Altenheimen.

MUNCHIES: Welche Gerichte werden in den Altenheimen serviert? Was steht denn auf dem Speiseplan?

Sandra Forstner: Im Moment beinhaltet das Projekt sechs Nahrungsmittel, die wir als Referenzmaterial nutzen: Gemüse (Blumenkohl, Erbsen), Fleisch (Hühnchen, Schwein) und Kohlenhydrate (Kartoffeln, Nudeln). Daraus werden die ersten Mahlzeiten zusammengestellt. Nach diesem Projekt können andere Nahrungsmittel auf ihre Druckbarkeit geprüft werden.

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Wird Gelatine benutzt, damit das Essen seine Form behält?

Nein, Gelatine ist bei hohen Temperaturen nicht mehr einsetzbar. Wir haben viele Texturierer wie zum Beispiel Agar-Agar ausprobiert und jetzt eine passende Mischung gefunden, die wir natürlich nicht verraten können.

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Wie stellt der 3D-Drucker das Essen her?

Man kann ihn sich wie einen normalen Tintenpatronendrucker vorstellen, der statt Tinte Nahrungsmittel druckt (auch zu sehen auf der Website des Herstellers Foodjet). Das Ganze wird in Schichten auf einen speziellen Teller gedruckt, der auch im Zuge des Projekts entwickelt wurde. Beim Druckvorgang ist es wichtig, dass die Schichten nahtlos ineinander übergehen, aber trotzdem fest genug sind, so dass die einzelnen Essensstücke nicht zusammenfallen.

Kannst du uns erklären, wie der Drucker eingestellt sein muss, damit der Geschmack und das Aussehen so echt wie möglich sind?

Der Drucker wird durch eine Software gesteuert, mit der du mehr oder weniger jede Form programmieren kannst. Das Druckmaterial selbst liefert den Geschmack, da es eine Kombination aus normal gewürztem Lebensmittelpüree und dem neu entwickelten Texturiersystem ist, das auf den Teller gedruckt wird. Das bedeutet, dass wir mit dem Drucker nur die Form und nicht den Geschmack verändern können.

Wo bekommt man so einen Drucker oder wurde er mit SeneoPro gebaut?

Der Drucker selbst wird bereits beim 2D-Druck von Tomatensoße verwendet. Beim PERFORMANCE-Projekt war das Ziel dann, das System für die dritte Dimension startklar zu machen.

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Was genau ist das PERFORMANCE-Projekt?

Das PERFORMANCE-Projekt ist ein Projekt, das von der Europäischen Kommission unterstützt wird. Das Konsortium besteht aus 14 Begünstigten aus fünf europäischen Ländern, die die PERFORMANCE-Technologien, -Produkte und -Serviceleistungen entwickeln. Es ist ein von der Industrie gefördertes Forschungsprojekt, bei dem die meisten der Beteiligten (acht von vierzehn) kleine oder mittelgroße Unternehmen sind, die großes Innovationspotential und industrielle Findigkeit verkörpern. Das Konsortium wird komplettiert durch Forschungsinstitute im Bereich der Nahrungsmitteltechnologie, Verarbeitungstechnologie, Verpackung und Logistik, sowie durch zwei Altenheime. Foodjet sind unsere Partner im Konsortium und Experten der Drucktechnologie. Zur Zeit verkaufen sie die Technologie für 2D-Anwendungen.

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Wird alles von Biozoon und SeneoPro produziert?

Biozoon koordiniert das Projekt und neben dem Management sind wir zusammen mit der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf vor allem bei der Entwicklung des Texturiersystems involviert. SeneoPro ist nur unsere Produktreihe beim Zubereiten von sogenanntem Smoothfood, das derzeit in Altenheimen angeboten wird.

Alles klar. Gibt es in jedem Altenheim einen Koch für die 3D-Drucker? Oder wird das vorher zubereitete Essen geliefert?

Das Projekt sieht vor, dass es eine feste Fertigungsstätte gibt, in der alle Mahlzeiten hergestellt und dann zum Konsumenten geliefert werden. Natürlich ist es nach dem Projekt vielleicht auch möglich, die Produktion direkt in die Altenheime zu verlagern. Das würde aber nur bei größeren Einrichtungen Sinn machen.

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Photo via Biozoon

Ist das Ganze nur für Patienten mit Dysphagie gedacht? Oder auch für Andere?

Natürlich richten wir uns vorrangig an Leute, die Probleme beim Kauen oder Schlucken von normalem Essen haben (wie die, die an Dysphagie leiden), da die Mahlzeiten im Gegensatz zu regulären Nahrungsmitteln eine sehr weiche Konsistenz besitzen. Die Produktion ist also für ältere Menschen gedacht, aber auch für junge Leute, die einen Schlaganfall hatten, an Krebs leiden oder in einen Unfall verwickelt waren, der zu Dysphagie führte.

Wie viele Wissenschaftler arbeiten in dem Unternehmen?

Unter den ungefähr 20 Mitarbeitern (inklusive Produktion) befinden sich sieben studierte Wissenschaftler. Man muss aber bedenken, dass das Projekt aus 14 verschiedenen Partnern aus fünf europäischen Ländern—zu finden auf der Website—besteht, die alle zusammen an den festgelegten Zielen arbeiten.

OK. Hast du das Essen mal probiert? Wie schmeckt es?

Das Essen schmeckt ganz normal. Es werden frische Zutaten verwendet, also verändert sich der Geschmack nicht. Eines unserer Ziele ist es, den Geschmack nicht zu verändern und das Texturiersystem tut das nicht.