FYI.

This story is over 5 years old.

VICE News

Der vergessene Krieg in der Sahara: Flucht vor der marokkanischen Besatzung

Wir begeben uns in die besetzten und befreiten Zonen der Westsahara um über einen Konflikt zu berichten, der zunehmend in Vergessenheit gerät.

Wenn du den Linguisten und Philosophen Noam Chomsky fragst, wann der Arabische Frühling begann, wird seine Antwort nicht Tunesien 2011 sein, sondern die Proteste in Gdeim Izik, in den besetzten Gebieten der Westsahara. Die frühere spanische Kolonie ist seit 1975 illegal von Marokko besetzt, ihre Fläche ist durch eine 1677 Meilen lange Sandmauer getrennt und von circa sieben Millionen Landminen umgeben.

Die einheimischen Sahrauis, die von ihrer Freiheitsbewegung, der Polisario, angeführt werden, sind vom Internationalen Gerichtshof als die rechtmäßigen Bewohner des Landes anerkannt. Trotzdem hat Marokko den Dekolonisationsprozess der Sahara 1975 vereitelt und marschierte mit 300.000 Siedlern in das Gebiet ein. Dadurch wurde ein 16-jähriger Krieg zwischen Marokko und dem Polisario ausgelöst, der über 100.000 Sahrauis dazu zwang, nach Algerien ins Exil zu gehen. Technisch gesehen ist die Westsahara noch immer spanisches Gebiet und bleibt damit Afrikas größte Kolonie.

Die Sahrauis kämpfen noch immer um ihre Unabhängigkeit in einer zunehmend unbeständigen Region—egal ob sie in Flüchtlingslagern vor sich hintreiben oder unter marokkanischer Herrschaft im eigenen Land leben. Währenddessen hat die UN weiterhin keinen Auftrag erteilt, die Menschenrechte in der besetzten Westsahara zu überwachen. VICE News begibt sich in die besetzten und befreiten Zonen der Westsahara, sowie in von der Polisario geführte Flüchtlingslager in Algerien, um über einen Konflikt zu berichten, über den man bisher nur wenig erfahren hat.

In Teil 1 nehmen wir an den Feierlichkeiten zum 38. Jahrestag der Ausrufung der Demokratischen Arabischen Republik Sahara teil, ein Jahrestag der jedes Jahr trotz der Tatsache, dass Marokko ein Drittel ihres Heimatlands kontrolliert und die Parade in algerischen Flüchtlingslagern abgehalten werden muss, gefeiert wird. Dort treffen wir den Sahraui-Aktivisten Sidahmed Talmidi, der im Oktober 2010 an der Errichtung des Protestcamps in Gdeim Izik nahe Laâyoune, der Hauptstadt der besetzten Westsahara, beteiligt war.

Chomsky bezeichnet den Protest tausender Sahrauis, die sich versammelt haben, um gegen ihren ungerechten sozialen und wirtschaftlichen Status und die brutale Aberkennung ihrer Menschenrechte zu demonstrieren, als den wahren Beginn des Arabischen Frühlings. Nach dem Feierlichkeiten zeigt uns Ahmed Salem, Kriegsveteran und Kommandant des zweiten Batallions der Polisario, die notdürftigen Flüchtlingslager in der wasserarmen Wüste, in der über hunderttausend Sahrauis, die vor der marrokanischen Besetzung geflüchtet sind, seit fast 40 Jahren leben—dabei ständig auf humanitäre Hilfe angewiesen sind und auf den Tag warten, an dem sie in ihr Heimatland zurückkehren können.