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Popkultur

Leben zwischen Fashion-Show in Bangkok und Bündner Gerstensuppe

Aus ihrem Austauschjahr in Thailand brachte Claudia Desax nicht nur ihren zukünftigen Ehemann Op mit, sondern auch die Idee für ein Bijou für ausgesuchtes asiatisches Design.

Die Geschichten aus der Serie 'A Piece Of Passion' werden dir präsentiert von Sinalco Passionsfrucht.

Alle Fotos von Luke Robinson

Claudia Desax besitzt eine grosse Leidenschaft für den fernen Osten. Bereits im Studium an der Zürcher Hochschule der Künste ZHdK zog es die junge Bündnerin aus Brigels nach Asien: "Ich wollte etwas Neues kennenlernen, für mich kamen Städte wie London oder New York für einen Austausch nicht in Frage. Weil die ZHdK das Programm mit der Uni in Singapur auflöste, ging ich spontan nach Bangkok." Dort absolvierte sie neben der Uni ein Praktikum, für das sie Fashion-Shows für angesagte asiatische Labels dekortierte. "Mode war schon immer wichtig für mich, ich wusste, dass ich nicht im Theater oder der Oper enden will. Durch mein Praktikum kam ich in Kontakt mit vielen asiatischen Brands, das gefiel mir und damit wollte ich etwas machen."

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Ihren Mann Natthawut Pangkham-uan, genannt "Op", lernte sie ebenfalls in Bangkok kennen: "Nach ungefähr zwei Monaten überredeten mich meine Mitstudenten, mit ihnen auf die Khao San Road zu kommen." Die bekannte Strasse ist etwa 400 Meter lang und auf beiden Seiten aussliesslich auf Rucksackreisende eingestellt. Die Unterkünfte, Internetcafés, Bars und Restaurants bieten Müsli und Spaghetti ebenso selbstverständlich an wie gebratenen Reis und Pad Thai. "Ich fand es ziemlich schrecklich", sagt Claudia.

"Wir verbrachten den Abend mit allen anderen Touristen in irgendeinem trashigen Underground-Club. Dort traf ich Op das erste Mal." Liebe auf den ersten Blick war es nicht. "Sie gab mir die falsche Nummer!", beschwert sich Op. Glücklicherweise mochten sich ihre Freunde so sehr, dass diese in Kontakt blieben und auch Claudia und Op sich wiedersahen. "Für mich war es am Anfang nicht sehr ernst, ich dachte einfach, das gehört zu meiner Erfahrung hier dazu", sagt Claudia.

Nach dem Austauschjahr kehrte Claudia zurück in die Schweiz. Nach einem halben Jahr besuchte Op sie an ihrer Diplomfeier und blieb für drei Monate. Wegen dem ablaufenden Visum musste er zurück. Sie entschieden gemeinsam, dass sie so nicht weiterleben möchten. "Wir wollten zusammenbleiben, und deshalb hatten wir keine andere Wahl als zu heiraten", sagt Claudia. "Wir wussten nicht, ob es die richtige Entscheidung ist, aber uns blieb nichts anderes übrig." Elf Jahre später sind sie immer noch zusammen, vor dreieinhalb Jahren kam Tochter Lin zur Welt. Hund "Gipfeli" macht die kleine Familie komplett.

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Die Entscheidung, in der Schweiz zu leben, kam von Op: "Vor meinem ersten Besuch war ich noch nie in Europa. Ich war völlig fasziniert, hatte vorher noch nie Schnee oder Berge gesehen. Auch die Kälte war ganz neu für mich. Alles war aufregend und neu und ich war überglücklich." Mit den Jahren wurde es immer härter. "Ich könnte mir vorstellen, nach Thailand zurückzugehen. Das Leben dort ist einfacher und unbeschwerter, die Leute machen, was sie wollen. Die Schweiz ist sehr strukturiert. Ich bin mir aber auch bewusst, was wir uns hier alles aufgebaut haben und dass wir das nicht so leicht aufgeben können, besonders mit dem neuen Geschäft."

Früher reisten Claudia und Op oft gemeinsam nach Bangkok, haben alles zusammen ausgewählt und eingekauft. Heute gehen sie gewöhnlich nach Paris und bestellen die Ware direkt in den Showrooms. "Für kleine Sachen und unsere eigene Linie reisen wir immer noch nach Bangkok, sonst orientieren wir uns vermehrt an Europa, einfach weil unser persönliches Interesse ein Anderes ist." Der lokale Markt in der Schweiz hat für sie in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen.

Wichtiger als die Herkunft ist den beiden heute jedoch die Produktionsweise—egal ob in Asien oder Europa. "Für uns ist die Art der Produktion wichtig. Viele Designer, deren Produkte wir bei uns im Laden verkaufen, sind Freunde von uns. Wir wissen, wie und wo sie produzieren." Natürlich muss auch der Stil passen, denn die Ästhetik spielt eine tragende Rolle: "Unser Sortiment ist geradlinig und pur, ausgefallene und sehr bunte Sachen passen nicht rein."

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Auch Klassiker konnten sich etablieren: "Das Stück, welches uns von Anfang an begleitet, ist ein Visitenkartenetui aus Leder. Wir haben es vor zehn Jahren in Bangkok auf dem Markt entdeckt und es verkauft sich seither sehr gut. Die Frau, die es für uns produziert, besuchen wir bei jedem Besuch in der Heimat und verbringen dann gleich den ganzen Tag mit ihr", sagt Op. "Eine andere Designerin, welche uns von Anfang an begleitet, ist die Schweizerin Yvonne Reichmuth, die luxuriöse Lederwaren und Accessoires herstellt."

Die Kundschaft an der Europaallee ist anders als im Gerolds Garten, wo sie bis zum vergangenen Jahr ihren Shop betrieben. "Es sind viele Kreative, Galeristen oder Leute, die in kleinen Agenturen rund um den Kreis 4 und 5 arbeiten—aber auch Banker von nebenan, meist asiatischer Herkunft, die unsere schmalen Schnitte und Stoffe mögen. Besonders das südkoreanische Label Wooyoungmi kommt sehr gut an." Mit dem Ortswechsel sind auch neue Objekte in den Laden gekommen: neben Mode bieten sie auch Beauty-Produkte oder Design-Stücke an.


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Während Claudia meist im Laden steht, kümmert sich Op um alles, was im Hintergrund passiert, vom Programmieren des neuen Webshops bis hin zum Kochen. Ein typisch asiatisches Frühstück für Tochter Lin besteht aus einer Reissuppe mit Ei. Am Morgen bleibt aber selten Zeit für ein ausgiebiges Essen, dafür ist ihnen das Abendessen heilig: "Wir essen jeden Abend gemeinsam, Op kocht meistens asiatisch, das geht schnell und ist gesund", sagt Claudia. „Meine Capuns und Pizokel gibt es sonntags, wenn wir Zeit haben."

Op schätzt die Schweizer Esskultur sehr: "In Thailand zelebrieren wir das Essen nicht so wie hier. Wenn wir einmal zu Hause essen, läuft meistens gleichzeitig der Fernseher, alles geht relativ schnell, Leute kommen und gehen und man tauscht sich nicht aus." In Bangkok gehen die Leute jedoch meistens in ein Restaurant oder essen Street Food. Deshalb mag er typisch schweizerische Gerichte wie Fondue und Raclette: "Da kann man stundenlang sitzenbleiben und reden." Sein Lieblingsgericht bleibt aber die Gerstensuppe von Claudias Mutter.

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