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Pegida-Kandidatin zieht gegen „Kinderficker“ und „Alkoholiker“ in den Wahlkampf

Mit Tatjana Festerling hat Pegida offenbar eine Oberbürgermeisterin gefunden, die zu ihr passt.

Tatjana Festerling. Foto: imago/Robert Michael

Bis zur Oberbürgermeister-Wahl in Dresden am Sonntag sind es nur noch fünf Tage—kein Wunder, dass der Wahlkampf sich ein bisschen aufheizt. Mit dabei ist zum ersten Mal auch die Pegida (genau, die Dresdner Protestbewegung von vor fünf Monaten, Hauptforderung: „Wir sind keine Nazis!"), die die ehemalige AfD-Frau Tatjana Festerling ins Rennen schickt.

Festerling, die vor Pegida-Zeiten gerne auf den Hogesa-Demos herumgehangen hat, tritt offiziell als Unabhängige an, die aber die Interessen von Pegida vertreten will. Das versucht sie, immer mal wieder zu beweisen, indem sie zum Beispiel vor „Asylantenströmen" warnt, mit denen die „Deutschlandvernichter" (Merkel, Gabriel und der sächsische Ministerpräsident Tillich) „unser Dresden, unser Sachsen und unser Deutschland" fluten würden.

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Für solche Sprüche erntete sie dann nicht nur Lob bei Pegida, sondern wurde bald auch offiziell von der NPD zur Wahl empfohlen. Das beeindruckte die selbsternannte „Lady Bitch Rechts" aber nicht weiter. Sie schob das einfach darauf, „dass die rechte Verfassungsschutzpartei versuchen wird, mich unwählbar zu machen, indem sie mir ein NPD-Geschmäckle anhängt"—so leicht sollte es sich das Establishment mit Tatjana nicht machen!

Weil man nicht immer nur auf Ausländern herumhacken kann, nahm sich Festerling zwischendurch auch mal die Homosexuellen vor, und zwar gründlich: „Der Terror der schwulen, lesbischen, queeren sexuellen Minderheit—willkommen in der Freiluftpsychiatrie Deutschland!", brüllte sie Ende März ins Mikrofon.

Anscheinend, um das wieder gut zu machen, überrumpelte Festerling dann Mitte Mai die queere Kandidatin der PARTEI in einer Schwulenbar, wo die beiden ein kurzes Gespräch führten, ein Selfie machten und zusammen Kondome aufbliesen. Festerling begründete ihren Besuch damit, sie habe sich „entschuldigen" wollen. „Für eine Formulierung, die ich in einer Rede vor einigen Wochen gewählt habe. Die, das weiß ich jetzt, war unsensibel und verletzend bzw. kann so verstanden werden. Das ist mir heute klar und es tut mir aufrichtig leid. Wenn Kommunikation nicht funktioniert, liegt es immer am Absender und nicht am Empfänger."

Worte der Einsicht, für die man die Pegida-Frau fast loben könnte—wenn sie nicht mittlerweile schon wieder völlig vergessen hätte, was sie noch vor zwei Wochen so reumütig einzusehen schien. Am Montag nämlich hielt Festerling erneut eine Rede. Vielleicht lag es daran, dass sie wieder vor ihrem geliebten Pegida-Publikum sprach, vielleicht wollte die Kandidatin so kurz vor der Wahl einfach noch mal alles geben—aber die Rede hatte es auf jeden Fall in sich.

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Festerling erklärte zuerst die Dresdner OB-Wahl zuerst zur „Speerspitze der Selbstermächtigung der deutschen Bürger", denn: „Unsere Feinde sitzen in den Parteien, dem Selbstversorger- und Postensystem!" Dass sie wirklich nicht viel für ihre Kollegen in den anderen Parteien übrig hat, bewies sie ein paar Sekunden später in einer Schimpftirade, wie sie in einem Oberbürgermeisterwahlkampf wohl schon länger nicht mehr zu hören war:

„Je besser wir sie in Augenschein nehmen können, desto kleiner, desto winziger und lächerlicher werden sie: Alkoholiker in Brüssel und Berlin, grüne Männlein mit Zipfelmütze, Turnschuhen und Holzfällerhemd, unverschämt quakende Mädchen mit Dauerforderungen auf den Lippen, Kommunisten und Kinderficker in den Parteien!"

Hier kann man sich den Ausschnitt im Video anschauen:

Überraschend ist nicht, was für eine offene (und irgendwie erschreckend kindisch wirkende) Wut und Verachtung auf echte Politiker sich bei der Hobby-Demagogin von der Pegida aufgestaut haben. Überraschend ist, wie offen sie ihren Hassgefühlen freien Lauf lässt. Aber bei Pegida scheint schon seit Längerem zu gelten: Je weniger Menschen sich für die Bewegung interessieren, desto schriller und deutlicher zeigt sie ihr wahres Gesicht.