So fühlt es sich an, wenn dein Hintern in den Jeans von Kate Moss steckt

Promi zu sein, ist super. Was bei Normalsterblichen einfach Altkleiderspende heißt, nennt sich bei Celebritys "eine Initiative, die Innovation, Kommunikation und Kollaboration fördert", und soll obendrein ein Kunstwerk sein.

Die Pressemitteilung von der Kampagne "Jeans for Refugees" erklärt, wie das geht: 100 Promis unterschiedlicher Karätigkeit (von Woody Allen und Ryan Gosling bis zu Clueso und Iris Berben) spendeten ihre alten Hosen.

Der Künstler Johny Dar machte aus jedem Exemplar "ein individuelles Kunstwerk, das die dynamische Persönlichkeit repräsentiert, der die Jeans gehörten." Das Ergebnis wird in der Saatchi-Galerie in London ausgestellt und danach versteigert. Der Erlös geht an das International Rescue Comittee, "um dem Traum von einer friedlichen und harmonischen Welt" näher zu kommen. Auch der Rest der Pressemittleilungen liest sich, als ginge es um die Weltrettung und nicht um 100 getragene Jeans: "Jedes Leben verdient eine Chance", und so weiter. Und wie könnte die Runway-Show von Jeans for Refugees anders enden als mit dem "Earth Song" von Michael Jackson.

Aber hey, als eine Modeagentur uns anbot, die Jeans zu fotografieren, dachten wir: Jeans von Ryan Gosling anfassen, die Hose von Supermodel Karlie Kloss am eigenen Hintern spüren, den Fleck bewundern, den Claudia Schiffer höchstpersönlich auf ihr Hosenbein gekleckert hat? Auf jeden Fall! Wir sind ja auch nur Menschen, die sich in schwachen Momenten durch Red-Carpet-Fotostrecken klicken.

Als die Jeans, samt dem Künstler und Pressesprecherin anrücken, kommt die erste Enttäuschung: alles Frauenjeans. Ich werde also doch nie den Stoff in den Händen halten, den Ryan Gosling in seinem Schritt hatte, oder an den Jeans von Joaquin Phoenix schnüffeln. Dafür darf ich in die Hose von Kate Moss schlüpfen. Mein Hintern wurde noch nie so geadelt. Entsprechend der großen Ehre, die ihm zuteil wird, darf ich die Jeans nur mit der Hilfe der Pressesprecherin anziehen. Wie eine strenge Zofe streift sie mir die Hose über, damit ich die aufgemalte 3D-Farbe nicht zerstöre.

Wie es sich anfühlt? Für jemanden wie mich, der 1,58 Meter groß ist, eigentlich ganz bequem. Aber ich bin auch eher Typ Hänfling. Die Gemütlichkeit hört aber auf, als ich erfahre, was passiert, wenn ich mich bekleckere: Eine Summe wäre dahin, die ich nicht in zehn Jahren verdienen könnte. Ich suche die Kleiderstange trotzdem gnadenlos nach dem höchsten Promifaktor ab. Jeans von Claudia Schiffer! Von Emma Watson! Von Mel C! Die letzten passen mir sogar wie angegossen. Würde mein 14-jähriges Ich jetzt sehen, wo meine Beine stecken, es hätte einen Herzinfarkt. Am besten stehen mir die Schlaghosen von Anna Wintour. Die Chefin der Vogue und ich haben die gleiche Hosengröße! Mein Leben ist gelungen. So nah komme ich der Modewelt sicher nie wieder.

Gelernt: Die meisten Prominenten haben Hosengröße 26 und tragen Jeans von Marken, die man sogar als Normalsterblicher bezahlen könnte. (Zu erwähnen, welche das genau sind, wurde mir strengstens untersagt.) Außerdem hat der Großteil ziemlich lange Beine, weswegen ich irgendwann vom Shooting verbannt werde, damit eine größer geratenere Kollegin das Anprobieren übernehmen kann.

Das stärkste Gefühl nach dem Shooting: Erleichterung, dass ich nichts zerstört habe. Der Künstler Johny Dar erzählte mir, dass er mit einem sechsnulligen Erlös für die ganzen Jeans rechnet. Ich hoffe, dass es ihm gelingt. Ganz ehrlich. Ich hoffe, er schafft es, sehr reichen Leuten viel Geld für die Erfahrung abzuknüpfen, ihren Hintern in höchstprominenten Jeans zu wissen. Damit Menschen, die vor Kriegen fliehen, sich vielleicht auch eine Hose leisten können.