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Alles, was wir über den Mord am ​Gießener Hells-Angels-Präsidenten wissen

Aygün Mucuk war eine zentrale Figur in dem seit Jahren schwelenden Krieg zwischen Old Schoolern und Angels mit Migrationshintergrund.
Foto: imago | Hartenfelser

Der Präsident der Gießener Hells Angels Aygün Mucuk ist erschossen worden. Eine Putzfrau fand seine Leiche direkt vor dem Clubhaus im hessischen Wettenberg. Offenbar wurde der 45-Jährige mit einer "Vielzahl von Schüssen" getötet, wie ein Sprecher der Gießener Polizei Spiegel Online mitteilte. Wann genau das passiert ist, sei noch unklar. "Momentan gehen wir allerdings davon aus, dass das Tötungsdelikt sich entweder in der Nacht oder am frühen Morgen zugetragen haben müsste", sagte ein Sprecher der Bild. Die Polizei hat eine Ringfahndung in Mittelhessen eingeleitet, um den oder die Täter zu finden.

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Mucuk war eine zentrale Figur in dem internen Konflikt der Hells Angels, der schon seit einigen Jahren zwischen "Old-Schoolern" und Rockern mit Migrationshintergrund schwelt. Ursprünglich hatte der Frankfurter Hells-Angels-Chef "Schnitzel-Walter" Mucuk in den Club aufgenommen. Im Juli 2014 kam es anscheinend zu einem Zerwürfnis zwischen den beiden, als Walter seinem Zögling die Gründung eines eigenen Chapters in Gießen verbot und ihm Türsteher-Aufträge entzog. Mucuk reagierte mit einem Frontalangriff auf seine ehemaligen Kollegen, der allerdings ziemlich schlecht für ihn ausging. Bei einer Schießerei vor dem Frankfurter Club Katana wurden vier der Gießener angeschossen, einer davon Mucuk—ein Old-Schooler mit dem herzigen Kampfnamen "Fips" schoss ihm in die Brust.

Schließlich trat ein internationales Hells-Angels-Gremium zusammen und entschied per Schiedsspruch, dass Mucuk seinen Club in Gießen behalten darf. Seitdem soll Mucuk seine Energie darauf konzentriert haben, den Einfluss der Angels mit Migrationshintergrund in Deutschland weiter auszubreiten.

So unterhielt er auch sehr gute Beziehungen zu den "Osmanen Germania", einem neuen "Boxclub", der Anfang diesen Jahres plötzlich in den bundesweiten Schlagzeilen auftauchte. Die größtenteils türkischstämmigen "Osmanen" behaupten zwar, nichts mit Rockern zu tun zu haben, tragen aber selber Kutten und bedienen sich auch sonst der ganzen Symbolik-Palette, mit der Rocker sonst so auffahren. In einem Interview mit VICE leugneten die Osmanen auch jede formelle Verbindung zu Mucuks Gießener Hells Angels ("Man hat sich mal getroffen und was zusammen gegessen"), obwohl Experten bei der Polizei sie als "Supporter" Mucuks bezeichnen.

Der Friede in Frankfurt hielt bis zum März. Da treffen sich Schnitzel-Walter und seine rechte Hand Horst R. im Steigenberger mit den beiden Neu-Rockern Ugur Y. und Munir H. Auch Aygün Mucuk ist anwesend—offenbar als Vermittler. Das Treffen läuft laut Spiegel TV aber völlig aus dem Ruder: Munir H. bricht Horst R. mit seinem Kopf die Nase, das Hotel ruft die Polizei, und die beiden Migranten-Rocker werden offiziell aus dem Club verstoßen. Seitdem bewegt sich Schnitzel-Walter nur noch in einem gepanzerten Audi mit Bodyguards durch Frankfurt.

Zwei Monate später fährt der verstoßene Munir H. in seinem Mercedes an zwei seiner ehemaligen Angels-Brüder in einem Cafe vorbei. Dabei soll er angehalten und die beiden beleidigt haben, jedenfalls springen die auf und eröffnen das Feuer auf ihn. Sowohl Munir H. als auch sein Beifahrer werden angeschossen, die beiden Schützen setzen sich ins Ausland ab.

Der Mord an Aygün Mucuk könnte also bedeuten, dass der interne Angels-Krieg in eine neue, gefährlichere Phase eingetreten ist.