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Terrorismus

Rechtsextreme wollten womöglich einen ICE entgleisen lassen – und es auf Flüchtlinge schieben

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Ein ICE fährt durch einen Wald.
Foto: imago | Gustavo Alabiso

Als der ICE auf das Stahlseil trifft, hat er eine Geschwindigkeit von 200 Kilometern pro Stunde. Es ist 23:15 Uhr am 7. Oktober, irgendwo auf der Strecke zwischen Nürnberg und München, als der Zugführer den Knall hört. Doch der Zug fährt weiter, den Schaden an der Frontscheibe bemerkt der Mann erst im Bahnhof in München.

Später stellt sich heraus, dass jemand offenbar einen Anschlag auf den Zug verüben wollte. Mittlerweile mutmaßen Ermittler, dass es sich dabei um Rechtsextreme gehandelt haben könnte.

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Ein Anschlag mit "vielen Toten und Verletzten"?

Nach dem Vorfall dauert es noch über zwei Wochen, bis Mitarbeiter der Bahn die Unfallstelle absuchen und die Ursache entdecken: die Reste eines Stahlseils, das über die Strecke gespannt war, sowie "Holz- und Eisenteile, die möglicherweise auf die Gleise aufgebracht waren", wie das bayerische LKA mitteilt.


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Das Ziel dieser Aktion blieb zunächst unklar. Gegenüber der Welt am Sonntag äußern Ermittler, das Ziel sei wahrscheinlich ein Anschlag mit "vielen Toten und Verletzten" gewesen. In einer Pressemitteilung weist das LKA Bayern allerdings darauf hin, dass es aktuell keine Hinweise gebe, dass "mit den Tathandlungen gegen den betroffenen ICE Menschen verletzt oder getötet hätten werden können".

Später finden die Ermittler im Umkreis der Konstruktion dann noch ein mehrseitiges Drohschreiben "mit arabischen Schriftzeichen" an einem Brückenpfeiler und ein arabisches Graffiti. Der Inhalt des Schreibens ist die Ankündigung, Angriffe auf den Bahnverkehr in ganz Europa zu verüben, wenn die EU-Staaten nicht aufhören, den sogenannten Islamischen Staat anzugreifen. Und dann tauchten auch noch Flugblätter mit ähnlichem Inhalt auf.

Terrorismus per Copy und Paste

Was die Ermittler allerdings skeptisch macht: Die Texte stammten alle aus "einschlägig bekannten Internetforen" und waren "frei verfügbar". Auf gut Deutsch: Diese Drohschreiben konnte jeder zusammenstellen, der Copy und Paste beherrscht. Die Ermittler halten einen Bezug zur Dschihadistenmiliz Islamischer Staat deshalb für "sehr unwahrscheinlich". Was auch daran liegen könnte, dass der Islamische Staat zumindest als Territorium schon vor über einem Jahr mehr oder weniger implodiert ist.

Die Ermittler vermuten deshalb, dass der Anschlag aus einer ganz anderen Ecke kommt: "Wir halten es für möglich, dass es sich um einen radikalisierten Einzeltäter aus dem extrem rechten Milieu handelt, der kurz vor der Landtagswahl in Bayern Stimmung gegen Flüchtlinge provozieren wollte", sagte ein Ermittler dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).

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Zumindest die AfD ist, als von einem rechten Hintergrund noch nicht die Rede war, dankend aufgesprungen. Deren Fraktionsvorsitzende Alice Weidel setzte folgenden Tweet ab:

Aktuell ermitteln rund 50 Beamte des LKA "in alle Richtungen". Offiziell geht es dabei im Moment noch um einen gefährlichen Eingriff in den Schienenverkehr und nicht um einen Anschlag. Trotzdem ist auch die Bayerische Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus (ZET) an den Ermittlungen beteiligt.

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