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Kölner AStA wehrt sich gegen Thor Steinar – und kriegt rechten Shitstorm ab

Die Kölner Uni verbannt rechte Kleidung von Bauarbeitern vom Campus, der AStA musste zwischenzeitlich seine Facebook-Seite offline nehmen.
Foto: imago | Steffen Schellhorn 

Studierende kämpfen mit verschiedenen Problemen. Da wären zuallererst zu viel Restalkohol im Blut während der Statistik-Klausur, räudiges Mensa-Essen, und der Balanceakt zwischen Sparen und Pizza-Orgien. Als wäre das nicht schon genug, müssen sich Kölner Studierende noch mit steigender Wohnungsnot und neuerdings auch Thor Steinar tragenden Bauarbeitern auseinandersetzen.

Der Allgemeine Studierendenausschuss (AStA) der Uni Köln berichtet in einem Facebook-Post, dass mehrfach Bauarbeiter auf dem Campusgelände gesichtet worden seien, die Kleidung von in der rechten Szene beliebten Marken trugen. Der AStA positioniere sich klar gegen "rechtsradikales Gedankengut" und forderte von der Universität, dass sie einen Weg findet, die "leider legale Symbolik der rechtsextremen Szene" vom Campus zu verbannen.

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Explizit gehe es um Kleidung der Firma Thor Steinar und der Neonazi-Band Landser. Die gothischen Lettern im Logo von Thor Steinar erinnern an die Symbolik des NS-Regimes. Thor Steinar ist zwar nicht verboten, in einigen öffentlichen Gebäuden dennoch untersagt. Im Bundestag wurde das Tragen der Marke sowohl für Gäste als auch für Angestellte per Hausordnung verboten. Auch der Landtag Mecklenburg-Vorpommern macht von seinem Hausrecht gebrauch, und verbietet das Tragen von Thor Steinar und Consdaple. Anders als andere Firmen, die unfreiwillig mit der rechten Szene in Verbindung gebracht werden, wie Fred Perry und Lonsdale, hat sich Thor Steinar noch nie öffentlich gegen Rechtsextremismus positioniert. Landser gilt als die bekannteste Neonazi-Band Deutschlands. Ihre Texte sind hasserfüllt und rufen zu Gewalt auf.

Vor etwa vier Wochen beschwerten sich die ersten Studierenden beim AStA über Bauarbeiter, die auf dem Campus in T-Shirts von Thor Steinar und der Band Landser unterwegs gewesen seien. Seitdem folgte ein Dutzend Beschwerden, teilweise mit Fotos. Der AStA sieht darin einen Verstoß gegen das staatliche Neutralitätsgebot, dem auch Angestellte der Universität unterliegen. "Wir sind verpflichtet, uns an der Universität möglichst neutral zu zeigen, ohne irgendwelche Extreme zuzulassen, und entsprechend sind auch unsere Beschäftigten dazu angewiesen", bestätigt Patrick Honecker, Pressesprecher der Universität zu Köln gegenüber VICE. Die Baufirma sei zwar nur ein Drittdienstleister, trotzdem könne die Uni darauf bestehen, derartige Symbolik nicht auf ihrem Gelände zu zeigen, sagt Theodor Jost, Vorsitzender des AStA, zu VICE. Nach Rücksprache mit dem Rektorat entschied dieses sich dazu, die Baufirma mit den Vorwürfen zu konfrontieren und eine Unterlassung einzufordern. "Wir haben angekündigt, ansonsten zu prüfen, ob wir die Aufträge zurückziehen, sollte die Baufirma sich nicht an unsere Vorgaben halten", sagt PressesprecherHonecker. Seit letzter Woche fänden auf dem Campus tägliche Kontrollgänge statt, seitdem sei kein Bauarbeiter in einschlägiger Kleidung gesichtet worden.

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Nachdem der AStA die Vorkommnisse letzte Woche auf Facebook gepostet hatte, war die Welle an Kommentaren auf der Seite so groß, dass sie kurzfristig offline genommen wurde. Ursprünglich richtete sich der Post nur an die Kölner Studierenden. Laut Jost bekam jedoch ein Mitglied der AfD Sachsen Wind von der Sache und teilte den Post auf deren Facebook-Seite: "Dann hat sich die Identitäre Bewegung eingeschaltet und einen Shitstorm organisiert." Der AStA kam nach eigenen Angaben nicht mehr mit dem Moderieren hinterher. Einige Kommentare seien eindeutig illegal gewesen, weshalb sie sich entschlossen, Anzeige bei der Polizei zu erstatten und die Seite vorerst offline zu nehmen.

Entgegen der Behauptung vieler Kommentatoren, gelte das Neutralitätsgebot laut Honecker genauso für die Träger linksextremer wie für die rechtsextremer Symbole. "Wir sind weder auf dem rechten noch auf dem linken Auge blind", sagt er. Bisher habe es diese an der Uni Köln jedoch noch nicht gegeben.

Das Neutralitätsgebot gilt zwar für Angestellte der Uni, nicht für die Studierenden. Sollte ein Studierender mit Thor-Steinar- oder Landser-Shirt über den Campus spazieren, wäre das erstmal erlaubt.

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