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So checkt ihr, ob Facebook über eure SMS und Anrufe Buch führt

Facebook kann theoretisch überwachen, mit wem Nutzer wann telefonieren – und für wie lange. Mit einem Blick in die Datenschutz-Einstellungen können Nutzer checken, ob sie dem Konzern mehr verraten, als ihnen lieb ist.
Bild: Shutterstock | Milan Ilic Photographer

Inmitten des Skandals um die Firma Cambridge Analytica, die unerlaubt an über 50 Millionen Facebook-Profile geraten ist, stellt sich Dylan McKay eine große Frage: Was genau weiß Facebook eigentlich über mich? Der neuseeländische Programmierer exportiert sein Profil in Tabellenform und merkt: Facebook weiß mehr über ihn, als er gedacht hätte. Facebook speicherte jahrelang Metadaten seiner SMS sowie Infos zu seinen Anrufen.

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Dylan macht einen Screenshot und stellt ihn auf Twitter. Nach fast 40.000 Retweets von ähnlich überraschten Nutzern und zahlreichen kritischen Medienberichten reagiert Facebook jetzt in einem Blogpost: Ja, Facebook sammelt die Anruf- und SMS-Historie einiger Nutzer. Das ganze ist Facebook zufolge aber kein Sicherheitsleck, sondern ein "Feature", unter anderem um Nutzern eine "bessere Erfahrung" zu bieten.

Vor der Überwachung müsse man aktiv zustimmen, heißt es weiter. Die Gelegenheit hätten Nutzer, wenn sie das erste Mal die Apps Facebook Messenger oder Facebook Lite verwenden. Wer also nach der Installation sofort loslegen möchte und deshalb allen eingeblendeten Fragen einfach mal zustimmt, ist im Nachteil. In diesem Moment entscheidet sich nämlich, ob Nutzer Facebook fortan ständig auf dem Laufenden halten, wann sie mit wem telefonieren und simsen.

Facebook Lite will das meiste wissen

Motherboard hat das ausprobiert. Nach einer neuen Installation von Facebook Lite, einer App, die es aktuell nur für Android-Nutzer gibt, erscheint ein Fenster mit der Behauptung: "Hallo Sebastian, Facebook ist einfach besser mit Freunden!" Weiter heißt es: "Erfahre, wer auf Facebook ist, indem du dein Adressbuch sowie deine Anrufs- und SMS-Liste kontinuierlich hochlädst". Dieser Satz ist kausal falsch: Durch das dauerhafte Weitergeben einer Anrufliste können Nutzer natürlich nicht erfahren, "wer auf Facebook ist". Das funktioniert allenfalls durch das Adressbuch. Wer nicht richtig liest, drückt schnell auf den blau hinterlegten Button "Aktivieren". Um die Überwachung abzulehnen, müssen Nutzer aber auf den unscheinbaren, grauen Button "Überspringen" drücken.

Durch die Blume – so fragt Facebook Lite scheinbar beiläufig, ob es über die Anrufe und SMS seiner Nutzer Buch führen darf | Bild: Screenshot | Facebook

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Beim Facebook Messenger soll das ähnlich ablaufen, wie Facebook in seinem Blogbeitrag erklärt. Ein Test von Motherboard konnte das aber nicht bestätigen. Zumindest in den aktuellen deutschen Android- und iOS-Versionen der App tauchte bei der Installation die Frage nach Anruf- und SMS-Liste nicht auf. Im Gegensatz zur englischsprachigen Version der App werden Nutzer nur gebeten, ihr Adressbuch an Facebook zu schicken. Offenbar sind in Deutschland demnach nur Facebook-Lite-Nutzer betroffen. Facebook möchte auf Anfrage von Motherboard überprüfen, ob das stimmt.

Wer nachschauen möchte, ob er diesem Datensammeln früher einmal zugestimmt hat, kann das in den Einstellungen tun. Facebook-Lite-Nutzer klicken hierzu auf das Menü-Symbol, wählen "Einstellungen" und schalten die Option "Anruf- und SMS-Verlauf wird hochgeladen" ab. Auch die Option "Kontakte werden hochgeladen" lässt sich dort abschalten. Für Nutzer der gewöhnlichen Facebook-Android-App gibt es keine solche Option zum Anruf- und SMS-Verlauf, wohl aber zum Teilen des Adressbuchs. Das lässt sich unter "Einstellungen und Privatsphäre/ App-Einstellungen" unterbinden. Unter iOS funktioniert der Weg etwas anders: "Einstellung/ Kontoeinstellungen/ Allgemeines". Dort findet man die Option “Kontakte hochladen” und kann sie ein- oder ausstellen.

Auch Messenger-Nutzer können der App verbieten, ihr Adressbuch auszulesen. Der Klickweg auf Android und iOS führt über das Personen-Symbol in der unteren Leiste zum Button "Kontakte synchronisieren". Facebook zufolge würden bereits gesammelte Informationen gelöscht, wenn man diese Funktion abschaltet.

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Hier, in den Einstellungen von Facebook-Lite, könnt ihr die beiden Schalter ganz unten auf Aus stellen, um Kontakte, SMS und Anrufe nicht länger mit Facebook zu teilen | Bild: Screenshot | Facebook

Offenbar schlechter Datenschutz bei älteren Android-Versionen

Wie unter anderem Ars Technica berichtet, soll Facebook zumindest früher noch andere Wege genutzt haben, um den Anruf- und SMS-Verlauf von Nutzern auszuspähen. Bei älteren Android-Versionen hätten Nutzer Facebook automatisch die Leserechte für ihre SMS- und Anrufliste eingeräumt, sobald sie der Übermittlung ihres Adressbuchs zugestimmt hätten, heißt es weiter. Konkret gehe es um Versionen des mobilen Betriebssystems vor Android 4.1. iOS-Nutzer seien dagegen davon nicht betroffen.

Wer es genau wissen will, kann wie Dylan McKay von Facebook ein Archiv seiner gespeicherten Daten anfordern. Zumindest der neuseeländische Programmierer hat auf diese Weise in seinem persönlichen Archiv unerwartete Daten zu seiner Anruf- und SMS-Historie entdeckt.

Wer ganz sicher gehen möchte, fügt Facebook-Freunde einfach manuell über die Facebook-Suchmaske hinzu – und verzichtet grundsätzlich darauf, dem Unternehmen das eigene Adressbuch zu schicken. Andererseits: Wer das zum Facebook-Konzern gehörende WhatsApp nutzt kann gar nicht anders, als der Weitergabe des Adressbuchs zuzustimmen.

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