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Verbrechen

Wie ein toter Gärtner ein deutsches Dorf mit Sprengfallen terrorisiert

Ein Toter, zwei Verletzte – und alle hatten Streit mit Bernhard Graumann. Auch dessen Leiche wurde gefunden, aber niemand weiß, ob und wie viele Bomben er noch gelegt hat.
Mehlingen
Straßenszene in Mehlingen || Foto: Immanuel Giel

Die Bombe ging hoch, als Jörn K. sie aufhob. Der 64-jährige Arzt hatte den Gegenstand vor der Eingangstür zu seiner Praxis zwar bemerkt, glaubt die Polizei, ihn aber nicht als Sprengsatz erkannt. Die Explosion tötete K. sofort.

Passiert ist das letzen Freitagvormittag in Enkenbach-Alsenborn, einem kleinen Dorf bei Kaiserslautern. Normalerweise beschäftigt sich die Polizei hier in der Westpfalz eher mit Windböen, die Unfälle verursachen, Kellerbränden oder zerkratzten Autos. Jetzt hat sie es mit einem Mordanschlag zu tun – und nicht nur mit dem.

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Der mutmaßliche Täter ist allerdings bereits tot. Noch am Freitagabend gerieten die Beamten auf die Spur eines Landschaftsgärtners namens Bernhard Graumann, der Ärger mit dem Arzt gehabt hatte. Bei der Durchsuchung seines Hauses im Nachbarort Mehligen fanden die Ermittler Graumanns Leiche. Die Todesursache wird noch ermittelt, Hinweise auf Fremdverschulden gibt es bisher nicht. Außerdem in der Wohnung: Schwarzpulver und "Gegenstände, die unter das Waffengesetz fallen", so ein Sprecher der Polizei zu VICE.

Die zweite Bombe

Zwei Tage später, am Sonntagmorgen, explodierte der zweite Sprengsatz.

Auch diese Bombe war getarnt, heißt es in der Pressemitteilung der Polizei: in einem Holzscheit, den der Täter wohl zum Feuerholz seiner Opfer im benachbarten Otterberg legte. Als eine Bewohnerin des Hauses das Stück in den Kamin legte, explodierte der verborgene Sprengsatz, eine Mutter und ihre Tochter wurden verletzt, sind aber außer Lebensgefahr. Was sie mit dem toten Arzt gemeinsam haben: Auch sie waren in der Vergangenheit mit Bernhard Graumann aneinandergeraten.


Auch auf VICE: So fühlt sich eine Atombombenexplosion an


Zu Graumann ist bisher nur bekannt, dass er zurückgezogen mit seiner Frau in Mehlingen gelebt haben soll, berichtet der SWR. Er soll allerdings in einem Mittelalterverein aktiv gewesen sein, in dem er oft mit Schwarzpulver zu tun gehabt habe. Außerdem war er Jäger und besaß einen Waffenschein, berichtet der Sender. Und er ist womöglich schon früher gewalttätig geworden: In den Achtzigern soll er einmal versucht haben, den Geliebten seiner damaligen Freundin zu erschießen – und saß deshalb wohl auch im Gefängnis.

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Die Polizei ist in Alarmbereitschaft

Am Montag hat die westpfälzische Polizei eine Warnmeldung herausgegeben: Die Beamten fürchten, dass Graumann vor seinem Tod noch weitere Sprengsätze versteckt hat, um sich an Menschen zu rächen. Deshalb haben sich die Beamten auch entschieden, den toten Tatverdächtigen bei seinem vollen Namen zu nennen.

"Insbesondere Personen, die mit Graumann in problematischer privater oder geschäftlicher Beziehung standen, werden dringend gebeten, sich umgehend mit der Polizei in Verbindung zu setzen", heißt es dort.

Bisher, sagte ein Sprecher der Behörde zu VICE, seien bereits 30 Hinweise auf andere mögliche Opfer Graumanns eingegangen – wie viele davon allerdings relevant seien, könne man schwer beurteilen. "Da rufen auch viele Leute an, die einfach Angst haben", erklärte der Sprecher. "Wir gehen aber jedem Hinweis nach."

Kein Wunder, dass die Bewohner um Mehlingen gerade nervös sind. Als es am Dienstagmorgen dreimal laut knallte, gab die Polizei vorsorglich lieber gleich auf Twitter und per erneuter Pressemitteilung die Entwarnung: Es war nur der Überschallknall eines Flugzeugs. Trotzdem geht die Suche nach weiteren Sprengfallen erstmal weiter.

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