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Rolli-Fahrer müssen draußen bleiben: Die deutsche Core-Szene hat ein Inklusions-Problem

Videos von crowdsurfenden Rollstuhlfahrern sehen vielleicht gut aus – verstecken aber ein Alltagsproblem für Menschen mit Behinderung
Foto: imago | Becker & Bredel

"Was ist es denn für ein Rolli? Eher was Sportliches oder gar ein E-Rolli? Wir müssen nur wissen, ob er im Rolli mit unserer Hilfe auf ein Podest gehoben werden kann oder ob es halt ein super schwerer ist, der nicht gehoben werden kann."

Kleine Rätselfrage: Wie passt diese Aussage einer deutschen – nach eigenen Angaben barrierefreien – Konzertlocation zur Definition von "Barrierefreiheit"? Die Antwort: gar nicht. Denn das deutsche Behindertengleichstellungsgesetz definiert in Paragraph 4 den Begriff folgendermaßen:

"Barrierefrei sind bauliche und sonstige Anlagen […], wenn sie für Menschen mit Behinderungen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe auffindbar, zugänglich und nutzbar sind."

Nils, 28 und schon fast sein ganzes Leben lang im Rollstuhl (ausgelöst durch Sauerstoffmangel und eine Hirnblutung bei seiner Geburt), bestätigt den Eindruck, den ich nach einer Reihe von Test-Anfragen an deutsche Konzert-Locations gewonnen habe: Der Begriff "barrierefrei" scheint seeehr dehnbar zu sein. Zwar schreiben viele, dass sie öfter Rollstuhlfahrer als Gäste hätten und es kein Problem sei, über Rampen den Saal zu erreichen, doch hört "Barrierefreiheit" da für viele Veranstalter schon auf. Und damit vergessen sie u.a. behindertengerechte Parkmöglichkeiten, geräumige Toiletten und Podestplätze, die eine halbwegs freie Sicht bieten, ohne dabei von anderen angerempelt zu werden – von Maßnahmen für blinde oder sogar taube Menschen ganz zu schweigen. Vor allem Podestplätze sind ein absolutes K.o.-Kriterium für viele Rollstuhlfahrer wie Nils: "Eine Location, die keinen abgetrennten Rollstuhlbereich hat oder eine Erhebung, damit Rollstuhlfahrer besser sehen können, ist für mich nicht behindertengerecht." Bilder und Videos von Menschen, die auf ihren Rollis in der Menge crowdsurfen, würden das Problem nur "romantisieren".

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