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Alexa allein zu Haus: Amazons Lautsprecher feiert so laut, dass Polizei anrückt

Wer sich Smart-Home-Technologie ins Wohnzimmer stellt, sollte eigentlich entspannt um die Häuser ziehen können. Für diesen Besitzer gab es aber eine böse Überraschung.
Blaulicht in der Nacht. Nicht die Szene aus Pinneberg | Foto: imago | CHROMORANG 

Als Oliver H. am Freitagabend auf die Hamburger Reeperbahn fuhr, wollte er eigentlich nur "ganz entspannt ein Kaltgetränk" zu sich nehmen. Dass ihm der Morgen danach jede Menge Kopfschmerzen bereitete und außerdem eine dicke Rechnung auf ihn wartete, hat dabei nichts mit seinem Getränkekonsum zu tun, sondern eine rein technologische Ursache.

Während Oliver H. unterwegs war, hatte sich nämlich ein Amazon-Lautsprecher in seiner Wohnung von selbst eingeschaltet, wie H. in einem wütenden Post auf der offiziellen Facebook-Seite von Amazon.de beschreibt: "… Alexa [hat] eigenständig, ohne Befehl und ohne über Handy (Spotify oder ähnlichem) gesteuert zu werden, auf voller Lautstärke ihre eigene Party bei mir in der Wohnung gefeiert".

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Update, 10. November, 09:48 Uhr: Nachdem Amazon die Verbindungsdaten des Geräts in Ansprache mit dem Kunden ausgewertet hat, steht mittlerweile fest: Die Darstellung von Oliver H. in seinem Facebook-Post ist nicht korrekt. Gegenüber Motherboard erklärte eine Amazon-Sprecherin: "Gerade einmal drei Minuten, nachdem der Kunde seine Wohnung verlassen hatte, wurde die Musikwiedergabe auf dem Amazon Echo aus der Mobil-App eines Musik-Streaming-Anbieters heraus aktiviert".

Kurze Zeit später sei aus derselben App außerdem die Lautstärke von 77 auf volle 100 Prozent hochgeregelt worden. Ob der Kunde die App dabei versehentlich bediente, ist nicht bekannt. Auf den Kosten für den Schlüsseldienst wird Oliver H. jedenfalls nicht sitzen bleiben, Amazon hat sich bereit erklärt, diese aus Kulanz zu übernehmen.

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Mit Alexa meint H. dabei Amazons digitalen Sprach-Assistenten, der als Software in mehreren Amazon-Eigenproduktionen implementiert ist, darunter auch in die Lautsprecherserie Amazon Echo. Das Gerät in H.s Wohnung habe dabei zwischen 01:50 und 03:00 Uhr morgens einen so großen Lärm verursacht, dass Nachbarn die Polizei alarmierten. Diese ließ die Wohnungstür aufbrechen, um Alexa den Saft abzudrehen und informierte H. am nächsten Morgen über die saftige Rechnung für den nächtlichen Schlüsselnotdienst.

Während H. bisher nicht weiß, ob er selbst auf den Kosten sitzen bleiben wird oder Amazon diese übernimmt, hat er auf seinen sogenannten "Smart Speaker" schon jetzt keine Lust mehr. Als vorher überzeugter Amazon-Kunde sei er "soweit, dass wir nun leider getrennte Wege gehen müssen", schreibt H.

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Unklar ist noch immer, wie genau sich das Gerät angeschaltet hat. Während H. sich sicher ist, Alexa nicht aus Versehen per Handy ferngesteuert zu haben, ist auch eine andere Möglichkeit eher unwahrscheinlich: "Auf Nachfrage beim Telefonkundenservice wurde ich gefragt, ob mein Fenster eventuell auf Kipp stand und jemand nachts um 2 Uhr Alexa ferngesteuert haben könnte", schreibt H. – nur um anschließend zu bemerken, dass er ja im sechsten Stock wohne und sein Fenster auch geschlossen gewesen sei.

Unter dem Facebook-Post, der mittlerweile knapp 2.000 mal kommentiert wurde, berichten mehrere Nutzer von ähnlichen Problemen mit ihren Amazon-Echo-Geräten. "Amazon.de, was ist denn da los bei euch? Meine Echo Dots sind auch schon einige Male ohne erkennbaren Grund aktiv geworden. Nein, es wurde nicht 'Alexa' gesagt und nein, es lief auch keine Alexa-Werbung im TV" schreibt zum Beispiel ein Nutzer. Ein anderer berichtet von ungewollt bestelltem Klebeband, weil sein Echo Dot ein wenig zu aufmerksam die Fernsehwerbung mitgehört hatte.

Der hessische Wissenschaftsminister Boris Rhein beim Inspizieren eines Amazon Echo Systems | Foto: imago/Marc Schüler.

Datenschützer haben in der Vergangenheit des Öfteren Bedenken angemeldet, Alexa könne durch die permanente Aktivierung der Spracherkennung die Privatsphäre seiner Nutzer gefährden, indem es auch intime Konversationen "mithört" und Daten auf einem Cloud-Server speichert. Amazon entgegnet diesen Vorwürfen, Alexa würde Sprachaufnahmen lediglich nach dem Aussprechen bestimmter Aktivierungskommandos starten.

Der Fall aus Pinneberg wirft darüber hinaus aber einmal mehr die Frage auf, inwiefern sich eine derartige Spracherkennung für die Steuerung der von Amazon vorangetriebenen Smart Home-Technologie eignet. So sollen in Zukunft nahezu allen elektronischen Geräte in der Wohnung des Nutzers über Alexa gesteuert werden. Macht sich die Spracherkennung dabei selbständig, wenn der Besitzer nicht zuhause ist, dürften zwei Stunden laute Musik noch zu den kleineren Übeln zählen.