Der patscherte Umgang der Österreicherinnen und Österreicher mit Schwarzen Menschen – oder besser: der patscherte Umgang weißer Wienerinnen und Wiener mit Schwarzen Wienerinnen und Wiener – war einer der Gegenstände einer Dokumentation, die der ORF Wien in Auftrag gegeben, inhaltlich absegnet und kurz vor der Ausstrahlung aus dem Programm gekickt hatte. Patschert ist der Umgang mit Menschen, die Wurzeln in anderen Ländern oder Kulturen haben, ja oft – und rassistisch leider auch. Genau das zu erzählen, wäre die Idee der Doku gewesen; aber wie es aussieht, ist der ORF selbst nicht immun dagegen, mit diesem Thema eher ungeschickt umzugehen. Von der Problematik will man inzwischen jedenfalls lieber doch nichts hören oder erzählen.Rassismus hat verschiedenste Facetten. Anscheinend ist der ORF selbst nicht immun dagegen, mit diesem Thema ungeschickt bis rassistisch umzugehen.
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Rassismus hat verschiedenste Facetten. Nicht alle sind auf den ersten Blick zu erkennen. Vieles spielt sich abseits der Lebenswelt vieler Wienerinnen und Wiener auf, die in ihrer heilen Parallelwelt leben, weil sie selbst nicht betroffen sind und in ihrer Blase niemanden kennen, der sie mit diesen Erfahrungen konfrontiert. Die Doku Schwarz in Wien – Von Soliman bis Alaba hätte einen wichtigen Beitrag leisten können, um die Lebensrealitäten vieler Menschen in dieser Stadt und in diesem Land abzubilden und endlich sichtbarer zu machen. Die Produktion hatte das Ziel, Schwarze Menschen vor die Kamera zu holen, die ihre Erfahrungen und Erlebnisse schildern. Menschen, die sich ganz selbstverständlich als Teil dieses Landes fühlten, bis es ihnen jemand absprach; und das in manchen Fällen das ganze Leben lang.
Diversität und die österreichische Medienwelt sind also keine guten Freunde. Journalisten und Journalistinnen sind mehrheitlich weiß, ohne Migrationshintergrund und kommen eher nicht aus den sogenannten Arbeiterfamilien. Man berichtet "über" etwas – über den Islam, über "Brennpunktschulen", über Migration. Meist tut man das, ohne die betroffenen Gruppen einzubeziehen und bildet damit nur eine Seite ab; etwas, das der ORF bei anderen Themen konsequent zu vermeiden versucht. Repräsentation ist anscheinend zu viel verlangt – oder sie geht nur, wenn es gerade “thematisch passt“. Und schnell merkt man, es passt nie.Warum spielt der ORF eine fertige, abgesegnete, vom Verantwortlichen als "toll" und "stark" bezeichnete und in Auftrag gegebene Doku nicht und lässt sie kurz vor dem Sendetermin am 5. August, um 18:20 Uhr auf ORF 2, im Archiv verschwinden? Warum ist die Direktorin des Landesstudio Wien, die in letzter Minute die Reißleine zog, bis jetzt nicht bereit, ein Statement mit einer Begründung abzugeben und lässt alle mit ihrer Entscheidung im Ungewissen?In Österreich berichtet man über etwas – meist, ohne die betroffenen Gruppen einzubeziehen. Repräsentation ist anscheinend zu viel verlangt.
Wir haben seither auch den Regisseur der Doku, Teddy Podgorski, und das ORF-Landesstudio Wien um Statements gebeten. Der Regisseur und Produzent Teddy Podgorski sagt zu dem Vorfall:
Das ORF-Landesstudio Wien erklärt in einer Stellungnahme die Entscheidung, die Doku aus dem Programm zu nehmen, so:"Ich bin nur verblüfft, dass eine redaktionell bereits abgenommene Story aus dem Programm gekegelt wird und den Interviewpartnern keine offizielle Begründung dafür gegeben wird. Es gibt im Film keinerlei Kommentierung; keinen Off-Text, keine Bildstrecken, keine Musikuntermalungen. Ich bin als Gestalter also nur eine Nebenfigur."
Mehr rund um den ORF findet ihr hier. Mehr von fresh, Österreichs Schwarzen Lifestyle-Magazin, lest ihr hier.Folgt VICE auf Facebook, Instagram, Twitter und Snapchat."Die abgelieferte Doku hat technisch, formal und inhaltlich nicht dem beauftragten Konzept entsprochen. Bei der Sendungsabnahme wurde deshalb von den Verantwortlichen der geplante Sendetermin verschoben und der Gestalter wird mit einer Überarbeitung beauftragt."