Als wir Andrejko im Oktober 2014 sprachen, wusste noch niemand, dass in diesem Herbst die letzte Stattbad-Clubsaison starten würde. Das Stattbad ist inzwischen geschlossen, nichts geht mehr—außer der großen Abschiedsfeier in der Werkhalle. Vier Jahre diente das ehemalige Schwimmbad Wedding als Kulturzentrum und Club, als Zuhause von Künstlern, Labels und natürlich dem Boiler Room. Andrejko war als Resident-DJ und Mitarbeiter fester Bestandteil des Stattbad-Teams, er ist für seine stampfenden Closing-Sets bekannt und hat uns bei seinem Interview einen Einblick gegeben, was das Stattbad für ihn bedeutet. Das Interview führte Bashy Sefid.
THUMP: Bitte stell dich doch kurz vor!
Andrejko: Tach, ich bin der Andrejko, geboren im Osten Berlins. Klingt nach langweiligem Klischee, aber wie viele Berliner DJs kam ich das erste Mal mit 16 Jahren durch den Tresor mit Techno in Berührung—war damals und auch heute noch krass, diese rohe Energie, der treibende Rhythmus, der gewaltige Bass und diese subtile Art von Gewalt dieser Musik. Zu der Zeit habe ich selbst eigentlich eher HipHop gehört, deswegen war das Auflegen auch nicht sofort eine Option. Dennoch fing ich langsam an, Partys zu organisieren, um mir mein Studium zu finanzieren. Das Auflegen kam über einzelne private Gigs eher ganz schleichend und schließlich landete ich 2011 im STATTBAD, das nicht zuletzt wegen des Teams zu meinem zweiten Zuhause geworden ist.
Heute bist du Techno-Resident im STATTBAD—einem alten Schwimmbad im Herzen von Berlin-Wedding. Allerdings geht das Angebot über das eines normalen Clubs hinaus. Beschreib doch mal, was das STATTBAD ausmacht und darstellt?
2002 wurde der ehemalige Hallenbad-Komplex stillgelegt. Ein paar Jahre gingen ins Land und 2010 hat dann die Umnutzung begonnen. Mit den leeren Becken und den teilweise noch vorhandenen Umkleiden hat das Gebäude eine morbide, fast schon post-moderne Ausstrahlung, die in einem besonderen Spannungsverhältnis mit der derzeitigen Nutzung als Ort für Kunst und Musik steht. Heute finden hier sowohl Kunstausstellungen als auch Veranstaltungen statt—von Klassik-Konzerten über großräumige Installationen bis hin zu Techno. Der gesamte Komplex beherbergt zudem viele Künstlerateliers, Studios, eine Galerie und bietet viel Raum für kreative Menschen.
Was war dein persönliches Highlight im STATTBAD?
Fiese Frage, weil wir in den letzten Jahren mit so vielen faszinierenden Künstlern und Partnern zusammengearbeitet haben. Besonders war aber zweifelsfrei die Installation „n-Polytope", die im Rahmen des CTM Festivals im ehemaligen Herrenbecken aufgebaut und als gigantischer, Material gewordener Licht-Ton-Algorithmus zu beschreiben ist—das war atemberaubend und unheimlich zugleich. Ganz allgemein hinterließ auch der Moment, in dem ich die zahlreichen Boiler zum ersten Mal entdeckt habe, einen bleibenden Eindruck. Für mich sind das irgendwie Wächter, denn durch ihre Dimension und stille Präsenz fühlt man sich zuweilen etwas eingeschüchtert und beobachtet.
Wie und wo wurde der Mix aufgenommen?
Der Mix ist aus einem STATTBAD-Closing-Set, was eine tolle Spielwiese, aber auch Herausforderung ist. Hier habe ich die Möglichkeit im Gegensatz zu einem kompakten 2-Stunden-Set auch mal neue, unkonventionelle Tracks zu spielen und die Leute mit Tempo- und Stimmungswechsel zu kitzeln. Die alten Pumpen, Filteranlagen, die Rohre und zahlreichen Maschinenräume, die leeren Becken sowie natürlich die Boiler sind Inspiration für meine Sets und stammen zwar aus einer anderen Zeit, aber scheinen trotzdem wie geschaffen für meine Art von Techno.
Gibt es eine spezielle Idee zum Mix oder zur Trackauswahl?
Ich habe weder einen Lieblings-DJ oder Produzenten noch eine maßgebliche Präferenz für einen bestimmten Techno-Sound. Natürlich feiere ich auch die gängigen Klassiker, aber selbst spiele ich am liebsten, ich nenne es mal „Contemporary Techno". Wenn ich ehrlich bin, in letzter Zeit nehmen die Tracks von englischen Produzenten in meiner Auswahl definitiv zu. Bei Techno stehe ich eben auf das Rohe, das Direkte und durchaus Brutale, das ja immer mitschwingt. Findet man natürlich auch alles hierzulande, aber es ist aufgrund der englischen „Hype-Maschine" leichter zugänglich, allerdings jedoch auch kurzlebiger.
Was steht für dich in der Zukunft an—vielleicht mal den Schritt wagen und an eigenen Produktionen arbeiten?
Nicht jeder DJ sollte auch zwangsläufig Produzent werden und umgekehrt. Ganz ehrlich, einige DJs sollten das Produzieren meiner Einschätzung nach lieber aufgeben und andere die Finger vom Auflegen lassen und sich auf das Produzieren konzentrieren. Manchmal scheint es so, als wenn es nur darum geht, wo man ein Release landen kann und wo das jeweilige Label einen dann „hinhypen" kann. Hauptsache es steht etwas in der Klammer nach dem Namen. Das halte ich nicht gerade für zielführend, es geht mir einzig und allein darum, wie tanzbar die Musik ist, die ich spiele. Ich selbst will aber nichts überstürzen, ich will für das Produzieren auch Zeit und natürlich einen freien Kopf haben.
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Tracklist:
01. Andy Stott – Numb (Original Mix) - Modern Love
02. RFS – Re Lbt (Octave Remix) - Kaputt
03. Secluded – Blinded (Original Mix) - Enemy Records
04. Salvador Roibon – Full Empty (Original Mix) - Translucent
06. Wandler – Get Together (Jonas Kopp Get Alone Remix) - KumQuat
07. Rebekah – Black Seed (Original Mix) - Naked Lunch
08. WestBoy – Green Illusion (Truncate Remix) - Root50
09. Gennaro Mastrantonio, Billy Johnston – Self-Inflicted (Original Mix) - MOOD
10. Shifted – Contract 0 (Original Mix) - Bed Of Nails
11. Rebekah – Asymmetric (Original Mix) - CLR
12. Wave Form – Black (Octave Remix) - Reloading Records
13. Submerge, Ricardo Garduno – Argus (Hans Bouffmyhre Remix) - Unknown Territory
14. Shifted – Sektor D (Original Mix) - Avian
15. Perc – Work Softer (Desonanz Light Years Of Dub Remix) - Prosthetic Pressings
16. Submerge, Ricardo Garduno – Argus (Original Mix) - Unknown Territory
17. Function – Against The Wall (Original Mix) - Ostgut Ton
18. Rødhad – Patient Zero (Function Remix) - Dystopian