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FBI-Ermittler verdiente als Silk Road-Mitarbeiter steuerfreie 800 Euro pro Woche

Die Zeugenaussage des FBI-Maulwurfs Cirrus, der monatelang als Teil der Belegschaft des Deepweb-Schwarzmarktes tätig war, offenbart, wie lukrativ ein Home-Office Darknet-Job tatsächlich sein kann.
​Ross Ulbricht. Bild: YouTube

In dieser Woche hat das Verfahren gegen den Silk Road-Betreiber Ross Ulbricht in New York begonnen. Nachdem Ulbricht am ersten Tag bereits gestanden hat, zumindest zeitweise als Administrator des ​Deepweb-Schwarzmarkts fungiert zu haben, hat die Gerichtsverhandlung nun auch eine weitere Vermutung bestätigt, der auch wir bei Motherboard ​schon vor Wochen nachgegangen sind: Unter dem Nutzernamen Cirrus gehörte ein Undercover-Ermittler monatelang zu den engsten Mitarbeitern von Silk Road.

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Ein Mitarbeiter des US-Heimatschutzministeriums hat am 14.1. als Zeuge detailliert ausgesagt, wie er Silk Road über ein Jahr vor der ​eigentlichen Abschaltung schon observiert und schließlich infiltriert hatte. Jared DerYeghiayan erklärte vor Gericht auch, wie er die Möglichkeiten eines Mitarbeiter-Accounts dazu verwendet habe, um eine Verbindung zwischen dem Pseudonym des Betreibers, Dread Pirate Roberts, und Ross Ulbricht herstellen zu können. Seine Aussage förderte ebenfalls zu Tage, dass er während seiner dreimonatigen Undercover-Tätigkeit auch von SilkRoad mit einem stattlichen Bitcoin-Lohn von wöchentlich rund 850 Euro bezahlt wurde.

DerYeghiayan erklärte, er habe seine Arbeit als Silk Road-Maulwurf begonnen, nachdem er im Juli 2013 den Administrator-Account „Cirrus" übernehmen konnte. Daraufhin gab er sich regelmäßig in der internen Kommunikation der Silk Road-Mitarbeiter als Cirrus aus und arbeitete zehn bis zwölf Stunden am Tag daran, interne Probleme der Seite zu beheben und Spam im offiziellen Silk Road-Forum zu flaggen. Die Bitcoins, die er für seine Arbeit bekommen hat, hat die Regierung im Zuge ihrer Ermittlung inzwischen übrigens einbehalten und sich gutgeschrieben.

Vor dem New Yorker Gericht erklärte DerYeghiayan, wie er sich häufig mit Dread Pirate Roberts (DPR) über das verschlüsselte Chattool StaffChat austauschte, welches über das Anonymisierungsnetz Tor läuft. Schnell bemerkte DerYeghiayan dabei auch, dass der Account von DPR in dem Administratoren-Chattool als Zeitzone stets die Westküste auswies. Ulbricht lebte zu jener Zeit in San Francisco.

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Laut der Aussage des Fake-Cirrus (hinter dem ​entgegen der Vermutung von anderen Mitgliedern der Silk Road-Belegschaft, mit denen wir gesprochen haben, im Übrigen doch keine Frau steckt) war es ein Sonderermittler der Bundessteuerbehörde, der im September 2013 Ulbricht erstmals als möglichen Verdächtigen ins Spiel brachte.

Darauhin arbeitete DerYeghiayan zusammen mit anderen FBI-Ermittlern einen Plan aus, um die Verbindung des Usernamens mit Ulbricht zu beweisen. Ende September wurde schließlich ein Haftbefehl ausgestellt und DerYeghiayan, der eigentlich zu einem von New York aus arbeitenden FBI-Ermittlerteam gehörte, flog zur Unterstützung nach San Francisco.

Der Verdächtige sollte sich in seinem Lieblingscafé als Dread Pirate Roberts einloggen.

DerYeghiayan erläuterte nun auch detailliert den Plan und die Umsetzung der überraschenden Festnahme von Ulbricht, die schließlich zur Abschaltung von Silk Road führte:

Der Verdächtige sollte sich an einem öffentlichen Ort befinden, an dem er sich ins Internet einwählt, woraufhin ich ihn in einen Chat verwickeln würde. Falls Ulbricht tatsächlich DPR sein sollte, wollten wir versuchen, an seinen Computer in einem offenen, unverschlüsselten Netz heranzukommen.

DerYeghiayan hielt als Cirrus einen kontinuierlichen Chat mit DPR am Laufen und wartete darauf, dass DPR sich erneut meldete, während dieser sich in einem Café in der Nähe seiner Wohnung auf Silk Road einloggen würde. DerYeghiayan richtete sich in der Nähe des Cafés mit dem Namen Bello Caffee ein und wartete einfach ab.

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Um 14:47 Uhr bemerkte er, dass DPR den Chat verließ, nachdem er seit 13 Uhr online gewesen war. DerYeghiayan benachrichtigte daraufhin seine ermittelnden Kollegen darüber, dass Ross Ulbricht wohl sein Haus verlassen habe. Da er sich selbst auf einer Bank in der Nähe des Bello Caffees postiert hatte, konnte er kurz darauf ebenfalls mitteilen, dass Ulbricht auf dem Weg in das Café sei. Rund 30 Sekunden später, nachdem Ulbricht bemerkt hatte, dass das Kaffee überfüllt war, steuerte er die, um die Ecke gelegene, Glen Park Bibliothek an.

Als ich wusste, dass er eingeloggt war, gab ich den Anderen das Zeichen für den Zugriff.

Nachdem Ulbricht die Bibliothek betreten hatte, tauchte um 15:08 Uhr schließlich auch DPR wieder im Chat auf. DerYeghiayan bat DPR daraufhin als Cirrus, einen von ihm geflaggten Forumspost zu überprüfen, und stellte somit sicher, dass DPR sich mit der zentralen Silk Road-Seite verbinden musste.

„Sobald er mir antwortete, ‚Oh, welchen Post meinst du?', wusste ich, dass er auf der Seite war." Anschließend habe DerYeghiayan den Zivilfahndern ein Zeichen gegeben, woraufhin Ulbricht von ihnen schließlich in der Bibliothek festgenommen worden sei. Erst danach, um exakt 15:16, loggte DerYeghiayan sich aus.

Am heutigen dritten Prozesstag wird der Verteidiger Joshua Dratel schließlich DerYerghiayan ins Kreuzverhör nehmen, was laut seiner Ankündigung „den ganzen Tag in Anspruch nehmen" könnte. Die Staatsanwaltschaft erklärte, nach DerYeghiayan als nächstes Gary Alford in den Zeugenstand zu rufen—den Sonderermittler der US-Steuerbehörde, der als erstes Ulbricht als Verdächtigen benannt hatte.