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Warum ein Bayreuther Geophysiker Diamanten aus Erdnussbutter presst

Mit seinen künstlichen Diamanten möchte der Geologe die Beschaffenheit unserer Erde entschlüsseln.
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Bild: imago | imagebroker

Wenn du mal wieder knapp bei Kasse bist, dann stell dir einfach ein paar Diamanten aus Erdnussbutter her. Diese Idee, die eher lecker als realistisch klingt, setzte Dan Frost vom Bayerischen Geoinstitut in Bayreuth nun in die Tat um. Für die Forscher sind die Kunst-Diamanten jedoch kein Quell persönlichen Reichtums, sondern letztlich der Weg zu wichtigen Erkenntnisse über die Entstehung des Lebens auf unserem Planeten. Eigentlich simuliert der Erdnussbutter-Alchimist nämlich hierfür mit seinen Kollegen unter Laborbedingungen die Zustände, die tief unter unserer Erdoberfläche herrschen.

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Trotz Rosetta-Mission, geplanter Mars-Besiedlung und anderer bahnbrechender Entdeckungen in der Weltraumforschung wissen wir vergleichsweise wenig über unseren eigenen Planeten und das, was ihn innerlich so umtreibt. Wir kennen zwar die verschiedenen Erdschichten wie die Erdkruste, den Oberen Mantel, den Unteren Mantel, den Äußeren Erdkern und den Inneren Kern, wie sie jedoch genau beschaffen sind, ist immer noch nicht endgültig erforscht.

Und dort, in Tiefen von bis zu 660 Kilometern im Inneren der Erde bei Temperaturen um 1400 Grad Celsius und einem extremen Druck, entstehen in einem kristallinen Prozess über tausende von Jahren Diamanten. Ihr Weg an die Oberfläche dauert nur wenige Stunden und erfolgt in der letzten Phase der Eruption mit Überschallgeschwindigkeit.

„Wenn wir verstehen wollen, wie die Erde entstanden ist, müssen wir wissen, wie sie überhaupt beschaffen ist.", erklärte Dan Frost in einem Interview mit BBC Future. Wissenschaftler nehmen an, dass die Erde aus dem gleichen Material besteht, wie die Meteoriten aus dem Asteroidengürtel. Die meisten Meteoriten, die auf die unseren Planeten stürzen, besitzen jedoch einen viel höheren Siliziumgehalt, was einige Fragen aufwirft und die Annahme, dass wir für die Antworten wohl unter der Erdkruste suchen müssen. Oder einfach, die dort herrschenden Zustände reproduzieren. Angefangen mit dem geheimnisvollen Edelstein des Diamanten.

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Wenn die Bedingungen aus Hitze und Druck denen im Erdmantel gleichen, reagieren Kohlenstoffatome mit Sauerstoff, verdichten sich und ein Diamant entsteht. Dafür erzeugen die Geophysiker einen Druck, der 280.000 mal höher ist als der in unserer Atmosphäre und in den Regionen 800 Kilometer unter unserer Oberfläche herrscht. Da Erdnussbutter relativ viel Kohlenstoff enthält, nahm Frost den leckeren Aufstrich als Ausgangsmaterial in seinem innerterrestrischen Mikrokosmos und setzte das entstandene Mineral daraufhin bestimmten akustischen Signalen aus. Die Wege der Schallwellen durch den Diamant vergleicht der Geologe mit denen der seismischen Wellen und zieht Rückschlüsse über die Beschaffenheit des Unteren Erdmantels.

Trotz der erfolgreichen Diamantenherstellung fand Frost nicht die erwarteten Silziumspuren, was wiederum neue Fragen aufwirft: Wohin mag das Halbmetall verschwunden sein? Möglicherweise müssen die Forscher für befriedigendere Ergebnisse also noch weiter in Richtung Erdkern vordringen.

Als Schmuck sind die Hülsenfrucht-Klunker leider nicht geeignet, da sie zum einen an Stelle der diamantenen Reinheit eine eher schlammige Farbe aufweisen und, weil sie auch einfach extrem klein sind. Es dauert Wochen, um einen drei Millimeter großen Stein zu produzieren. Außerdem besteht die Chance, dass der Edelstein bei seiner Herstellung auch einfach explodiert, wenn sich die Verbindungen zwischen Wasserstoff und Kohlenstoffatomen bei der Diamantentstehung lösen.

Doch Dan Frost geht es gar nicht um Diamanten und eine verfeinerte Produktion mit anderen kulinarischen Kohlenstofflieferanten, seine Ziele liegen in den undendlichen Weiten des Universums. „Uns interessiert, wie das Erdinnere mit der Oberfläche in den vergangenen Jahrmillionen interagiert hat." erzählte er. „Und wenn wir nach anderen bewohnbaren Planeten Ausschau halten, müssen wir viele dieser Prozesse berücksichtigen." Erdnussbutterdiamanten und die Rosetta-Mission liegen also gar nicht so weit voneinander entfernt.

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