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Der Platzsturm von Kiew

Dnipro Dnipropetrowsk war immer der dritte Verein in der Ukraine mit dem komischen Namen. Gestern Abend ist er ins Finale der Europa League eingezogen. Für die krisengebeutelten Fans aus der Ostukraine gab es nach dem Abpfiff kein Halten mehr.
Foto: imago/ZUMA Press

Vor dem Halbfinal-Rückspiel in der Europa League zwischen Neapel und Dnipro Dnipropetrowsk wurde die Partie als richtungsweisend für den geschundenen ukrainischen Fußball bezeichnet. Und es sollte eine Spiel werden, die genau dieses war. Dnipro Dnipropetrowsk, der klare Underdog, die Mannschaft mit dem fast unaussprechbaren Namen, sollte das schaffen, womit nur die wenigsten gerechnet hatten. Mit ihrem 1:0 Sieg schaffte Dnipro nach Schachtjor Donezk, 2009 als erstes ukrainisches Team, den Einzug in ein Europapokal-Finale.

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Schon vor dem Spiel konnte man von Dnipros Mittelfeldspieler Valeriy Fedorchuck hören, dass man mit seiner Mannschaft rechnen sollte: „Keiner hatte uns auf dem Radar. Jetzt fehlen uns nur noch wenige Schritte zum Finale und Europa sieht uns in einem anderen Licht. Wir haben vor niemandem Angst, auch nicht vor den Stars aus Napoli."

Eine Kampfansage, die sich nach dem 1:0 Erfolg auch in der Reaktion der ukrainischen Fans widerspiegelte. Diese stürmten das Feld des Kiewer Olympiastadions und feierten ekstatisch den Sieg ihrer Mannschaft.

In der heimischen Liga findet sich Dnipro hinter Schachtar Donezk und Spitzenreiter Dynamo Kiew in einer eher schwierigen Position. Zwei zweite Plätze, 1993 und 2014, sollten in der Vergangenheit das Höchste der Gefühle gewesen sein. Umso verständlicher ist das Verhalten der Fans über den Erfolg im europäischen Vergleich.

Aufgrund der Unruhen in dem krisengebeutelten Land fanden noch im vergangenen Jahr die letzten Spieltage um die ukrainische Meisterschaft vor leeren Rängen statt. Aus Sicherheitsgründen. Im selben Jahr sah man auch einen Schulterschluss verschiedener ukrainischer Ultra-Gruppen, unter den sich auch Anhänger von Dnipro befanden. Alles als Reaktion auf die politischen Entwicklungen in ihrem Land. Seite an Seite wurde auf dem Maidan gegen das Janukowitsch-Regime gekämpft.

Wahrscheinlich macht auch dieser Hintergrund die Anhänger von Dnipro zu einem für viele andere Fans eher unangenehmen Haufen. Vergangen Juli kam es während der Champions League-Qualifikation gegen Kopenhagen zu schweren Auseinandersetzungen. Angeblich hatten Fans des dänischen Vereins eine russische Fahne geschwenkt, von der sich die Dnipro-Ultras massiv provoziert sahen.

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Die derzeitige politische Krise und ein Dasein als ewiger Dritter in der eigenen Liga gibt dem gestrigen Sieg über Neapel einen ganz besonderen Stellenwert und das nicht nur für die Spieler des Vereins, sondern auch für die Anhänger von Dnipro Dnipropetrowsk.

Alle Fotos: imago/ZUMA Press

Folgt Jermain auf Twitter: @jayraff