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die pfeife

Wichtige Fragen, die Kerem Demirbays lächerliches Schiedsrichter-Outfit aufwirft

Weil er eine Schiedsrichterin sexistisch beleidigte, musste der Fortuna-Profi ein Spiel einer Mädchen-D-Jugend pfeifen. Dafür kam er im Wollmantel. Unsere Autorin fragte sich, was das sollte.
Fotos: twitter.com/f95

Nach einem eher frustrierenden Spiel der Fortuna Düsseldorf gegen den FSV Frankfurt hat sich Kerem Demirbay unsachlich Luft gemacht, indem er Schiedsrichterin Bibiana Steinhaus beleidigte, nachdem er Gelb-Rot sah. Der Wortlaut ist nicht bekannt; sinngemäß soll der Düsseldorfer Profi ihr mitgeteilt haben, dass Frauen im Männerfußball nichts zu suchen hätten. Eine telefonische Entschuldigung folgte sofort, trotzdem sprach der DFB eine drakonische Strafe von fünf gesperrten Spielen aus, davon zwei auf Bewährung.

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Fortuna Düsseldorf versuchte es präventiv mit einer Maßnahme der Reue und schickte Demirbay, als Zeichen der Geschlechterverständigung, in Schiedsrichterfunktion zum Spiel einer Mädchenmannschaft der D-Jugend.

Gut gelaunt und in feinster Sonntagskleidung kam der 22-Jährige zum Pflichttermin und sorgte für ein PR-Desaster.

Das ganze Schlamassel hat bei uns ein paar Fragen aufgeworfen.

1. Hat Demirbay ein Problem mit Frauen im Männerfußball?

Eine zu einfache Schlussfolgerung. Mit welcher Aussage genau Kerem Demirbay in Richtung Steinhaus schoss, ist überhaupt nicht klar. Dass daraufhin eine Entschuldigung folgte und diese von der Schiedsrichterin angenommen wurde, lässt jedoch auf die Heftigkeit dieser schließen.

Wer die Anzahl der Beleidigungen, die an einem Bundesliga-Wochenende in Richtung Unparteiische fallen, mal zählen möchte, bitte schön. Sich genau die Alleinstellung von Steinhaus, als einzige Schiedsrichterin im deutschen Profifußball der Männer, zum Angriffsziel zu nehmen, ist schlichtweg naheliegend für jemanden, der unbeherrscht in Wut ausbricht. Ein Mangel an Selbstbeherrschung. Was es nicht weniger falsch macht.

2. Kerem, hättest du nicht wenigstens Sportschuhe anziehen können?

Ich bitte dich. Der graue Mantel sitzt wie 'ne Eins, aber ein Paar Sportschuhe hätten den nötigen Ernst unterstrichen, mit dem du deiner „Erziehungsmaßnahme" nachgehst. Verständlich, dass du einen guten Eindruck erwecken wolltest, bei der medialen Aufregung um dieses Spiel. Zudem wissen wir, dass in der Kreisklasse in zivil gepfiffen wird, aber Lackschuhe? Sicher hat man dich darüber informiert, wie dein Auftritt auszusehen hat. Zurückgenommen und angepasst, wie es sich für eine Buße gehört. Dass du nicht in rheinischer Ballonseide erscheinst, sei dir verziehen. Mode und Stil gehen selbstverständlich mit der Profikarriere einher, aber musst du aussehen wie vom roten Teppich verjagt? Man möchte sich gar nicht vorstellen, wie z.B. ein Aubameyang erschienen wäre. Wenn wir schon bei Vorstellungen sind. Kerem, wärst du anno 2005 auch in dem Outfit auf einem Acker in der Herner Kreisliga erschienen?

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3. Was will die Fortuna mit dieser Aktion bezwecken?

Das größte Problem stellt hierbei die Begrifflichkeit „Strafe" dar. Ob der Verein diese Maßnahme als solche verkauft, sei dahingestellt. Die Entscheidung, Demirbay ein D-Jugendspiel der Mädchen pfeifen zu lassen und dieses breit zu kommunizieren, statuiert kein Exempel und lässt auch ansonsten die möglicherweise gut gemeinte Intention des Vereins wie einen schlecht erzählten Witz erscheinen. Damit rückt eine Mädchenmannschaft in den Fokus, die es verdient hätte, dass man ihr mit Respekt und sportlicher Gleichstellung gegenübertritt. Und wer den Social-Media-Auftritt der Fortuna verfolgt hat, wurde Zeuge einer Bandbreite an Erklärungen zu Demirbays Outfitwahl.

So geht Fortuna damit um, wenn ein junger Spieler einen Fehler macht! — Fortuna Düsseldorf (@f95)5. Dezember 2015

4. Was denkst du als D-Jugend–Spielerin über so einen Auftritt?

Man möge sich nur vorstellen, wie die Mädchen des SSVg 06 Haan die frohe Botschaft übermittelt bekamen. „Der Demirbay von Düsseldorf hat Mist gebaut und pfeift zur Strafe euer Sonntagsspiel gegen Blau-Weiß Langenberg" Ja, herzlichen Dank. Zum Spiel kommt der herausgeputzte Profi mit durchaus charmantem Lächeln in einem Mantel, für den mal alle Spielerinnen ihr Jahrestaschengeld zusammenschmeißen können.

Herzliche Begrüßung, Demirbay gibt sich bodenständig und lässt Fotos machen.

Von sich und 11- bis 13-jährigen Mädels, die im Frühling ihrer Pubertät stecken und einer ungewollten medialen Aufmerksamkeit ausgesetzt werden. Dieser Fototermin wird ihnen nicht gerecht. Auflage des Vereins war es, keine Video- und Fotoaufnahmen während des Spiels zu machen, bitte nicht zu viel Aufregung. Am Ende bleiben die Bilder danach. Wie wacker sich die Mannschaft geschlagen und auf welchem Niveau hier ein Spiel stattgefunden hat, ist nunmehr zweitrangig.

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5. Tritt der Vorfall eine längst überfällige Debatte zur Frauenquote im deutschen Männerfußball los?

Wenn man in der ersten fußballerischen Instanz Deutschlands, dem DFB, anfängt nachzurechnen, wie dünn der Bund mit Frauen ausgestattet ist, stellt sich vielmehr die Frage, ob diese Diskussion überhaupt geführt werden kann und wenn ja, von wem?

Wer macht den Fußball, wer bestimmt ihn und wo ist seine Lobby?

Kann der Mangel an Frauen im sogenannten „Männermetier Fußball" mit der Entscheidungskraft einiger Männer beantwortet werden oder gibt es vielmehr keine Frauen, die sich in den Profibereich trauen?

Eine Debatte, die immer mal aufkocht und doch immer wieder im Keim erstickt wird, von Fakten. Gäbe es fähige Frauen, wären sie da. Oder? Zumindest sind das Meinungen, die Funktionäre vertreten.

6. Ist es nun an Bibiana Steinhaus, sich zum Geschehen zu äußern?

Nein. Frau Steinhaus beweist Klasse und äußert sich (bisher) nicht öffentlich zum Vorfall.

Die telefonische Entschuldigung Demirbays ist angenommen und ein weiteres Statement ist in dem Fall nicht nötig. Eine Grundsatzdiskussion hat noch nie funktioniert und diese wäre damit unaufhaltbar.

Folgt Jenni bei Twitter: @callmeuschi