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League of Legends

Wie sich eSports bei klassischen Sportarten bedient

Das Finale der „League of Legends"-Weltmeisterschaft in der Mercedes-Benz-Arena in Berlin war nach 90 Sekunden ausverkauft. eSports wird immer mehr zum globalen Phänomen—vor allem weil es sich an klassischen Sportmodellen bedient.
Foto: Imago

Am Samstag fand in der Mercedes-Benz-Arena das WM-Finale von League of Legends statt, dem größten eSports-Event des Jahres. Wie groß? Nach 90 Sekunden waren die Karten ausverkauft. Letztes Jahr war das Fußballstadion von Seoul Heimat der World Championship. Obwohl es League of Legends erst seit sechs Jahren gibt, hat Riot Games, der Spieleentwickler von LoL, das Spiel zur größten eSports-Marke gemacht.

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Wenn man Jason Yeh, dem Head of eSports Europe bei Riot, zuhört, dann versteht man, wo dieser Erfolg herkommt. Riot bediente sich als eine der ersten Spieleentwickler an der Idee von „klassischen" Sportarten. Für sie gibt es keine Unterscheidung zwischen Sport am Bildschirm und Sport im klassischen Sinne.

Wir haben mit Yeh über den sportlichen Ansatz von eSports und seinem Potenzial gesprochen.

VICE Sports: Hast du selbst League of Legends gespielt und hast dich dann entschieden, bei Riot Games anzufangen?
Jason Yeh: Ich bin vier Monate vor dem Launch von League of Legends zu Riot gekommen. Ich habe vorher nicht bei einem Spiele-Unternehmen gearbeitet und die anderen Mitarbeiter, die keine Entwickler waren, auch nicht. Wir wollten uns mehr auf die Spieler fokussieren, damit sie mit ihren Freunden spielen können. Am Anfang haben wir viel gelernt, während wir gearbeitet haben. Es war nicht der übliche Spiele-Launch mit viel Marketing. Es ist gewachsen, weil die Spieler es mit ihren Freunden geteilt haben.

Warum ist LoL so ein Erfolg geworden?
Viele Hardcore-Gamer waren schon mit dem Genre vertraut. Wir haben versucht, jeden lokalen Markt und ihre Besonderheiten zu verstehen und den Spielern das Gefühl zu geben, dass das Spiel für sie gemacht wurde. Die Gamer haben uns geholfen, das Spiel zu verbreiten.

Von welchen Spielen kamen die Gamer?
Viele unserer Spieler kamen von Blizzard-Spielen, Starcraft, World of Warcraft 3. Jeder, der Multiplayer-Spiele mit einem gewissen Fokus auf Strategie und RPG-Charaktere sucht, findet sich in dem Spiel wieder. Die Erfahrung, das Spiel mit Freunden spielen zu können, hat viele zu LoL gebracht.

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Eure Weltmeisterschaften verfolgen Millionen Menschen. Warum habt ihr euch so auf den eSports-Charakter fokussiert?
Es gibt auch andere Unternehmen, die versucht haben, Ligen und Turniere mit ihren Spielen zu installieren. Wir haben sehr früh versucht, Systeme aus traditionellen Sportligen zu adaptieren. Bei uns gibt es keine globale Liga, sondern es gibt professionelle Ligen in Südkorea, in China, in der Türkei oder in Brasilien. Was das angeht, ist es sehr an Fußball angelehnt. Das ermöglicht den Fans eine engere Bindung zu den Teams und den Profis des jeweiligen Landes. Am Ende der Saison treten die Sieger der einzelnen Regionen in einem globalen Turnier gegeneinander an. Andere Unternehmen fokussieren sich auf ein Event oder ein Turnier.

Das Spiel gibt es erst seit sechs Jahren und ihr verändert die Strukturen der Ligen regelmäßig. Gab es etwas, das nicht funktioniert hat und von dem ihr Abstand genommen habt?
Vor ein paar Jahren hatten wir das Problem, dass wenn du deine Region gewonnen hast, du automatisch in der Knockout-Runde gesetzt warst. Andere Teams mussten sich aber in der Gruppenphase durchsetzen und haben dementsprechend mehr Spiele gespielt. Manche Teams haben acht Matches gespielt, andere nur zwei. Mittlerweile müssen alle Teams in der Gruppenphase antreten, damit es auch für die Fans spannender wird.

Besonders im Fußball kommt es kaum zu Regel- oder Strukturänderungen. Vielleicht, weil viele Angst haben, dass so die Kultur des Spiels verloren gehen könnte. Habt ihr auch solche Bedenken?
Bei der NFL und der NBA gibt es ein Wettbewerbs-Komitee, das in jeder Sommerpause zusammenkommt und Nuancen des Wettbewerbs verändert, um das Spiel noch aufregender zu machen oder die Sicherheit zu verbessern und so weiter. Wir wollen das Spiel frisch halten und verhindern, dass die besten Teams einfach nur einen Spielstil perfektionieren, um zu gewinnen. Die besten Teams sind diejenigen, die am besten mit den Veränderungen des Spiels umgehen können.

Du lebst seit zwei Jahren in Deutschland. Hast du Schwierigkeiten, den Leuten zu erklären, welches Potenzial eSports hat und wie groß es jetzt schon ist?
In Europa ist die kulturelle Bedeutung von Vereinen und der Wettkampfcharakter viel ausgeprägter als beispielsweise in den USA. Deswegen macht eSports in Europa sehr viel Sinn. Wenn es viele Menschen gibt, die gerne League of Legends spielen, dann hat es sich gezeigt, dass sie auch die besten Gamer spielen sehen wollen. Das Schwierigere ist die Tatsache, dass viele Spieler überall aus Europa kommen. In Deutschland hast du zu einem spanischen Spieler nicht sofort so einen Bezug wie zu einem deutschen.

Wenn man allerdings nicht League of Legends spielt, dann wird einem das Spiel sehr schnell und kompliziert vorkommen. Einen magischen Moment wie „The Shot" von Michael Jordan kann man im eSports nur schwer nachvollziehen, wenn man LoL nicht spielt.
Du musst kein Basketball-Nerd sein, um zu verstehen, dass sein Team zurücklag, nur wenig Zeit auf der Uhr war und er den spielentscheidenden Wurf getroffen hat. Vielleicht verstehst du nicht alles, was auf dem Bildschirm passiert, aber die entscheidenden Momente wirst du nicht verpassen. Ich erinnere mich an letztes Jahr, als die Mutter von meiner Frau zum Finale in Südkorea kam. Sie hatte das Spiel noch nie zuvor gespielt, aber sie fand es sehr aufregend, in einer Arena voll lautstarker Fans zu sein. Sie konnte die aufwühlenden Momente des Spiels nachempfinden, auch ohne es zu spielen. Der Unterschied bei uns ist: Wenn du das Spiel spielst, dann kannst du nach einem solchen Match nach Hause gehen und versuchen—wahrscheinlich mit wenig Erfolg—das nachzumachen, was du gesehen hast. Du kannst dich aber immerhin inspirieren lassen.