FYI.

This story is over 5 years old.

Schokolade

Schokolade wird wohl doch nicht aussterben

Kurz vor Weihnachten habe ich mein schönstes Geschenk schon erhalten. Die Nachricht, dass die Zukunft von Schokolade vorerst gesichert ist.

Letzten Monat erreichten uns erschütternde Nachrichten. Auf der ganzen Welt berichteten Gazetten von dem drohenden Ende der Schokoherrlichkeit. Das Forbes-Magazin etwa warnte vor einem akuten Schokoladenmangel. Auch der englische Guardian mischte mit und riet zum Snickers-Großeinkauf. Und der Stern postulierte, ein „desaströses Schokoladenszenario" könnte über uns kommen. Aber Naschkatzen aller Länder, ich kann euch beruhigen: Die Nachrichten waren nichts als süßer Humbug.

Anzeige

„Die aktuelle Schokoladenversorgung der Welt ist gesichert", erklärt uns Michael Segal, Medienbeauftragter der International Cocoa Organization (ICCO) mit Sitz in London. „Und ich sehe auch in der nahen Zukunft keine großen Probleme auf uns zukommen."

Segals Statement widerspricht damit all den Meldungen, die von Dürre, fiesen Plantagenpilzen und—hier fühle ich mich persönlich angesprochen—einer zunehmenden Nachfrage an kakaointensiver schwarzer Schokolade (a.k.a. Herrenschokolade) berichten. Und die Vorhersagen waren durchaus bitter. Bis 2030 wird mit einem Rückgang von zwei Millionen Tonnen gerechnet.

Als Folge des Mangels—wollten uns die schreckenbringenden Berichte weismachen—würde die Schokolade von heute nicht mehr lange Bestand haben. Schokoladenhersteller wären schon bald gezwungen, ihre Produkte mit Pflanzenöl zu strecken, was zu Schokolade von geringer Qualität führen würde. So würden vermehrt Nugat (wo soll da bitte das Problem sein??) und Nüsse zum Einsatz kommen. Ebenso würden die Tafeln kleiner und dabei noch teurer werden.

Weil die Meldungen so alarmierend—und scheinbar auch bar jeder Grundlage—waren, hat die ICCO am 21. November eine Pressemeldung herausgegeben und all die Weltuntergangsschlagzeilen dementiert. Die Dürre in Westafrika—darunter auch in den kakaoproduzierenden Hochburgen Elfenbeinküste und Ghana—und die dort grassierenden Pflanzenkrankheiten würden zwar Anlass zur Sorge geben, aber noch lange nicht rechtfertigen, solche Horrorprognosen zu verbreiten.

Anzeige

„Natürlich sind das ernstzunehmende Themen, denen wir uns annehmen müssen", so Segal weiter, „doch für die nahe Zukunft rechnen wir mit keinen großen Auswirkungen für den Markt." Der Pressemitteilung der ICCO zufolge sind die Sorgen eines weltweiten Schokoladenengpasses hochgradig übertrieben. „Unser Job ist es, rund um die Uhr den Markt im Blick zu haben. Und in den Jahren bis 2020 sehen wir keinerlei Versorgungslücke."

So habe laut Angaben der ICCO die diesjährige Kakaoernte sogar zu einem Produktionsüberschuss geführt, und die Elfenbeinküste und Ghana—die zusammen über 70 Prozent der weltweiten Kakaoproduktion ausmachen—haben beide Rekordernten vermeldet. Die Preise für Kakaobohnen unterliegen traditionell erheblichen Schwankungen, stellt die Pressemitteilung klar, und die aktuell als hoch gehandelten Preise würden immer noch unter dem langjährigen Mittelwert liegen. Und wenn die Preise weiter ansteigen, werden die Farmer dergestalt reagieren, dass sie die Anbauflächen vergrößern, um mehr Gewinne einzufahren. Auf diese Weise würde mehr, und nicht weniger, Schokolade auf den Markt kommen, zur Freude der nimmersatten Schokoschlemmer.

Segal zufolge kann die Lawine an Falschmeldungen auf eine bestimmte Quelle zurückgeführt werden: ein Blog-Eintrag vom 15. November auf der Seite der Washington Post mit dem Titel The World's Biggest Chocolate Maker Says We're Running Out of Chocolate („Der größte Schokoladenhersteller der Welt sagt, uns geht die Schokolade aus"). Sein Autor, Roberto A. Ferdman, beruft sich auf Statistiken von Mars und Barry Callebaut—das Problem ist nur, dass die Zahlen alles andere als aktuell sind, sie stammen nämlich aus dem Jahr 2012.

„Der Blog-Eintrag geht von überholten und insgesamt auch fragwürdigen Daten aus", so Segal weiter. „Von den ihm vorliegenden Zahlen hat der Autor darauf geschlossen, wieviele Tonnen an fehlender Schokolade Jahr für Jahr dazukommen würden. Die auf diese Weise berechneten Vorhersagen sind aber zwangsläufig falsch, weswegen auch der Bericht reiner Unsinn ist."

Klarer Fall: Da haben sich einige Zeitungen so gar nicht von ihrer Schokoladenseite gezeigt. Das hat aber auch was Gutes: Wir Verbraucher müssen bis auf Weiteres erstmal nicht in der Schokoladenabteilung unseres Lieblingssupermarktes eskalieren. Puh. Dann kann's ja doch noch was werden mit dem Abnehmen im neuen Jahr.

Oberes Foto: Slice of Chic | Flickr | CC BY 2.0